Kostüme der Mezzosopranistin Magdalena Kožená im Prager Kunstgewerbemuseum
„Konzert für zwei Sinne – vom Designeratelier auf das Konzertpodium“. So lautet der Titel einer Ausstellung, die kürzlich im Prager Kunstgewerbemuseum eröffnet wurde. Zu sehen sind unterschiedliche Stücke aus dem Kleiderschrank der tschechischen Opernsängerin Magdalena Kožená. Jitka Mládková hat sich die Ausstellung angesehen.
Es ist eher eine kleine Auswahl an Kleidern, in denen Magdalena Kožená auf verschiedenen Weltbühnen aufgetreten ist. Von den insgesamt 14 Kleidungsstücken hat sie fünf dem Prager Kunstgewerbemuseum geschenkt, die restlichen neun will sie nach der Ausstellung noch bei Konzertauftritten anziehen. Die Kleider repräsentieren auch die geschickten Hände der Designerin Daniela Flejšarová, die diese für die Sängerin entworfen hat. Insgesamt schuf Flejšarová in den zurückliegenden beinahe 30 Jahren waren fast 100 Designerstücke für Magdalena Kožená, darunter auch Abendkleider für festliche Anlässe unterschiedlicher Art.
Im Begleitkatalog zur Prager Ausstellung heißt es:
„Es geschieht nicht allzu oft vor, dass durch die Begegnung zweier Persönlichkeiten, die sich schöpferisch in unterschiedlichen Fachgebieten betätigen, eine langjährige harmonische und für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit entsteht.“
Kennengelernt haben sich beide im Grunde per Zufall. 1997 besuchte Magdalena Kožená die noch junge Modemesse Styl, die in ihrer Geburtsstadt Brno / Brünn stattfand. Bei einer Modenschau des Fashionlabels „E.daniely“ aus Prag lernte sie Daniela Flejšarová kennen. Schon damals konnte die Designerin, die 1979 ihr Studium an der Hochschule für Kunstgewerbe in Prag absolviert hatte, auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken. Ihre Kollektionen fanden viel Resonanz auch im Ausland. Das Modelabel E.daniely, das Flejšarová 1991gemeinsam mit einer Freundin gegründet hatte, stellte noch im selben Jahr seine Produkte bei der Modemesse Igedo in Düsseldorf (Igedo Fashion Fair) vor. Nachfolgende Präsentationen bei prestigeträchtigen Veranstaltungen verhalfen der Marke zu weiterem Erfolg. Bis heute hat E.daniely eine hervorragende Stellung auf dem inländischen Modemarkt. Mittlerweile allerdings ohne Mitgründerin Flejšarová, sie machte sich 2016 selbstständig. Ihre Kreationen wurden aber für Magdalena Kožená schon sehr schnell zu einem wichtigen Element ihrer Auftritte.
„Zu Anfang war Daniela für mich natürlich nicht der einzige Mensch in diesem Bereich, mit dem ich zusammengearbeitet habe. In kurzer Zeit entstand aber eine regelmäßige und meinerseits fast exklusive Kooperation. Ich besitze nur vier oder fünf Kleider von Designer-Marken wie zum Beispiel Chanel. Doch bei ungefähr 95 Prozent meiner Konzertauftritte trage ich ein Kleid, das von Daniela entworfen wurde. Viele meiner Kolleginnen beneiden mich um sie. Ehrlich gesagt kenne ich niemanden in meiner Branche, der mit jemandem zusammenarbeitet, der ihn oder sie so gut kennt, wie es bei mir und Daniela der Fall ist. Zum Beispiel weiß sie in der Regel im Voraus, welches Kleid bei meinem Körperbau beziehungsweise meinen Körperlinien zu mir passt oder in welchem Kleid ich mich gut fühlen werde. Wenn man sich ein Kleid von Chanel kauft, dann ist es bestimmt an sich sehr schön, aber oft kein Einzelstück. Und wenn es eins wäre, würde der Designer kaum im Voraus fragen, was man in dem Kleid singen wird oder wo und an welchem Ort es getragen werden soll. Diese Details haben Daniela schon immer interessiert. Ebenso mein Konzertprogramm. Sie hört sich die Kompositionen an, um sich von der Musik inspirieren zu lassen“, so Magdalena Kožená.
Und die Mezzosopranistin unterlegt dies mit einem konkreten Beispiel:
„Wenn ich ihr zum Beispiel sage, dass ich Lieder von Komponisten des Impressionismus singen werde, sucht sie nach einer Farbkombination, die für die bildende Kunst dieses Stils typisch war. Oder sie sucht nach einem Gegentrend, um keine Klischees zu kopieren. So etwas finde ich einzigartig.“
Anproben in Berlin
Alle Designstücke von Daniela Flejšarová haben ihre eigene Geschichte und gelten dadurch auch als Unikate. Den Ablauf ihrer Arbeit beschreibt die Modemacherin folgendermaßen:
„Von Anfang an trage ich unterschiedliche Gedanken im Kopf. Zunächst beginne ich mit der Materialfindung. Die Wahl des richtigen Stoffs macht es mir manchmal etwas leichter, einen Entwurf zu erstellen. Auch die Gesangstitel, die auf Magdalenas Programm stehen, evozieren etwas in mir. Gleich in der Vorbereitungsphase brauche ich etwas Zeit für die Kommunikation mit ihr, weil sie in Berlin lebt. Ich mache ihr online zwei oder drei Vorschläge für ein Kleidungsstück sowie dessen Material und füge auch Skizzen an. Meist gefällt ihr, was ich vorschlage. Danach diskutieren wir per Telefon darüber und beschließen, dass es so oder so aussehen könnte. Das Material muss nicht immer Seide sein. Hier sieht man zum Beispiel ein Kleid aus Polyester, das wahrscheinlich in China hergestellt wurde. Ich wähle in der Regel etwas aus, das in mir Gedanken hervorruft. Den Stoff stelle ich dann mit den korrekten Proportionen und Details des zu entstehenden Kleidungsstücks auf einer Schneiderpuppe aus, mache ein Foto und schicke es an Magdalena. Wenn der Entwurf bei ihr gut ankommt, fahre ich nach Berlin zur Anprobe. Darauf folgen dann in Prag die Feinarbeiten an dem Kleid bis zu seiner Fertigstellung.“
Man sagt „Kleider machen Leute“, und das gilt bestimmt auch für Koženás Bühnenoutfits. Und was ist mit einem Kleid, das dem Publikum den Atem verschlagen würde? Darüber habe sie nie nachgedacht, sagt die Operndiva.
„Natürlich tauschen wir uns über einiges aus wie das Styling, die Farbakzente oder die Silhouette des Kleides. Da ich aber bald erkannt habe, dass ich nur Einzelstücke erhalte und die einzige Trägerin des jeweiligen Kleides bin, bin ich selbst ‚ein Original‘. Und dass sich Daniela nicht an saisonalen Modetrends orientiert, stört mich überhaupt nicht. Für mich ist das Wohlgefühl wichtig. Dass also mein Kleid bequem ist, mir gut steht und womöglich auch die Texte der Lieder unterstreicht, die ich auf dem Konzertpodium darbiete. Der größte Teil der kreativen Arbeit liegt bei ihr als Designerin“, so Magdalena Kožená.
Flejšarová gesteht allerdings, dass manchmal an einem fertigen Teil auch etwas umgeändert werden müsse. Im Test für den Katalog erinnert sie sich an ein Kleid, das sie während der Salzburger Festspiele innerhalb eines Tages umnähen musste. Denn der Umfang von Koženás Oberkörper erweitere sich beim Singen um bis zu zehn Zentimeter, sagt die Designerin. Und gerade in Salzburg habe ein Träger des Oberteils gedrückt und sei ein Störfaktor gewesen.
Lieblingskleid „Bertolt Brecht“
Die Opernsängerin erwähnt auch eines ihrer liebsten Kleider, das bei ihren Auftritten oft zur Geltung komme. Aus besonderem Grund mag sie besonders ein puderfarbenes Polyesterkleid mit einer Kapuze aus Seidenorganza. Magdalena Kožená trug es zum ersten Mal bei ihrer Hochzeit mit dem weltberühmten britischen Dirigenten Simon Rattle, die im südmährischen Náměšť nad Oslavou / Namiest an der Oslawa stattfand.
Zu den Kleidern der Ausstellung gehört ebenso eines mit dem Titel „Bertolt Brecht“, das sich in seinem minimalistischen Stil deutlich von den anderen abhebt. Gefertigt wurde es für Koženás Auftritt in London im vergangenen Jahr, als sie Lieder aus dem satirischen Ballett „Die sieben Todsünden“ interpretierte. Die Musik, die Bertolt Brecht betextete, wurde 1933 von Kurt Weill geschrieben. Zusammen mit der Designerin habe sie sich lange den Kopf zerbrochen über ein adäquates Outfit, sagt die Operndiva:
„Zunächst wünschte ich mir, ein bisschen wie Marlene Dietrich auszusehen. Letztlich waren wir uns aber darin einig, dass es kein typisches Kostüm im Look der 1930er Jahre sein sollte. Stattdessen entschieden wir uns für einen moderneren Schnitt des Kleides. Daniela ließ sich von der japanischen Modedesignerin Rei Kawakubo inspirieren.“
Im Ergebnis entstand ein weißes Kleid, an dem einige Einzelteile eines schwarzen Sakkos appliziert wurden.
Die Ausstellung „Konzert für zwei Sinne – vom Designeratelier auf das Konzertpodium“ (A Concert for Two Senses – From the Design Studio to the Concert Stage) ist im historischen Gebäude des Kunstgewerbemuseums zu sehen. Sie läuft noch bis 17. September 2023: Geöffnet ist sie am Dienstag von 10 bis 20 Uhr sowie von Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr.