Kurz und schmerzlos: Bilanz der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft
3000 Sitzungen - von bilateralen Verhandlungen bis zum Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs, - 3730 Journalisten, 140 Autos, 20 Busse und 36.000 Kugelschreiber. Das ist die organisatorische Bilanz der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft, die am Dienstag zu Ende geht und die mehr als zwei Milliarden Kronen (75 Millionen Euro) gekostet hat. Wichtiger ist aber wahrscheinlich die inhaltliche Bilanz. Wie die aussieht, darüber hat Christian Rühmkorf mit Radio-Prag-Redakteur Daniel Kortschak gesprochen, der bei der Abschlusspressekonferenz dabei war:
Daniel, war die tschechische Ratspräsidentschaft nun ein Erfolg, oder doch ein totaler Reinfall, wie einige Kritiker – vor allem aus Deutschland und Frankreich - immer wieder behauptet haben?
"Für Premierminister Jan Fischer war die tschechische EU-Ratspräsidentschaft ein klarer Erfolg. Das hat er vor etwas mehr als einer Woche bereits auf dem EU-Gipfel in Brüssel gesagt und jetzt in Prag wiederholt. Man habe alle wichtigen Punkte der Agenda erfüllt, vor allem den Kampf gegen protektionistische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise, die Neuregelung der Aufsicht über die internationalen Finanzmärkte und die Zugeständnisse an Irland vor dem Hintergrund einer neuen Abstimmung über den EU-Reformvertrag von Lissabon. Wo wir schon bei Thema sind: Die – höflich ausgedrückt – abwartende Haltung Tschechiens bei der Ratifizierung des Vertrags und das – sehr höflich ausgedrückt – selbstbewusste Auftreten von Staatspräsident Václav Klaus in dieser Frage waren dem Ansehen Tschechiens als Ratsvorsitzland nicht unbedingt zuträglich. Genausowenig wie der Sturz der Regierung Topolánek nach vier Monaten Ratsvorsitz. Das hat auch Premier Fischer betont und er hat gemeint, er habe sich doppelt anstrengen müssen, um die Reputation Tschechiens als verlässlicher Partner wiederherzustellen. Aber nicht alles ist gelungen: So ist man zum Beispiel in der Frage des EU-Beitritts Kroatiens nicht weiter gekommen und letztendlich am slowenisch-kroatischen Grenzstreit gescheitert. Das sei einer der wenigen Flecken auf der ansonsten weißen Weste, musste auch der stellvertretende Europaminister Marek Mora eingestehen."
Du warst ja selbst bei vielen Gipfeltreffen dabei – in Tschechien und auch in Brüssel. Wie hat sich Tschechien denn dabei deiner Meinung nach geschlagen?
"Also technisch und organisatorisch hat alles bestens geklappt. Da muss sich Tschechien nicht verstecken, ganz im Gegenteil Das haben mir viele ausländische Journalistenkollegen bestätigt, die ja den direkten Vergleich haben. Und auch Premier Jan Fischer hat bei der Abschlusspressekonferenz die Arbeit der vielen Mitglieder des Ratspräsidentschaftsteams gelobt – die tschechische Staatsverwaltung sei weit besser als ihr Ruf."
Daniel, vielen Dank für die aktuellen Informationen. Und mehr zur Bilanz der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft hören Sie demnächst auf Radio Prag.