Kabinett Fischer - Regierung für den Übergang mit kniffligen Aufgaben
Bis in den Herbst hinein werden die Regierungsgeschäfte in Tschechien von einem Kabinett ohne Parteipolitiker geführt. Doch die Minister wurden nach Absprache der Sozialdemokraten, der konservativen Bürgerdemokraten sowie der Grünen ernannt. Ministerpräsident ist Jan Fischer, der bisherige Leiter des tschechischen Statistikamtes. Es ist eine Übergangsregierung, viele sagen sogar: eine Marionettenregierung, weil der Bürgerdemokrat Mirek Topolánek mit seinem Team im März an einem Misstrauensvotum gescheitert war. Für Mitte Oktober sind dann vorgezogene Neuwahlen geplant. Doch in dieser kurzen Zeit stehen dem Kabinett Fischer schwierige Aufgaben ins Haus.
„Die weiteren Treffen der EU im Rahmen der tschechischen Ratspräsidentschaft übernimmt Staatspräsident Klaus. Dies ist im Vorfeld und ohne mich vereinbart worden. Derzeit verhandeln wir noch, wie die Delegation für den Gipfel im Juni aussehen soll.“
Dass Václav Klaus auch den Gipfel der 27 europäischen Staats- und Regierungschefs führen könnte, ist für viele eher eine Horrorvorstellung. Bei dem Treffen in Brüssel will die EU ihre Position für das neue Weltklimaabkommen festlegen, und auch der Lissabon-Vertrag steht auf der Tagesordnung. Tschechien könnte sich vollends blamieren, schreiben die Zeitungen des Landes, denn Klaus leugnet die Gefahr einer Klimakatastrophe und lehnt den EU-Reformvertrag von Lissabon weiterhin vehement ab. Alexandr Vondra, Tschechiens scheidender „Mister Europa“, hat deswegen am Donnerstag dafür plädiert, dass Premier Fischer bei diesem Gipfel die Rolle des Ratspräsidenten übernimmt.
Aber auch innenpolitisch kommen auf Jan Fischer schwere Aufgaben zu. Zwar soll sein Kabinett keine Gesetze zu politisch umstrittenen Themen erlassen, so lautet die Vereinbarung. Der neue Finanzminister Eduard Janota hat indes bereits ein Loch in den Steuereinnahmen ausgemacht, die den Staatshaushalt für das kommende Jahr gefährden:
„Alle entscheidenden Steuereinnahmen – egal ob Mehrwertsteuer, Gewerbesteuer oder andere – weichen vom Haushaltsplan für dieses Jahr ab. Wir werden einen Steuerausfall von über 100 Milliarden Kronen haben.“100 Milliarden Kronen, das sind etwa 3,7 Milliarden Euro. Janota will daher, dass jedes Ressort nun um zehn Prozent kürzt. Fischer hat bereits seine Zusage gegeben für die Einsparungen im Haushalt für das kommende Jahr:
„Für das kommende Jahr nähern wir uns einem Haushaltsdefizit von fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Und bereits das ist schwer genug einzuhalten. Wenn wir jetzt vor den Wahlen mit Geld um uns schmeißen, dann schaffen wir uns schwere Probleme für die kommenden Jahre.“
Und dies ist als Warnung an die Parteien jeglicher Couleur zu verstehen. Das Problem allerdings: Den endgültigen Haushalt beschließen wird nicht mehr Fischers Regierung, sondern das neue Kabinett nach den vorgezogenen Neuwahlen. Mit welcher Disziplin dies geschieht, das bleibt abzuwarten.