Langes Erbe nach der Stilllegung: Kontaminierte Abwässer im insolventen Stahlwerk Liberty Ostava
Seit zehn Monaten wird im Stahlwerk Liberty Ostrava fast nichts mehr produziert. Nach der Insolvenz läuft die langsame Abwicklung der Firma, die mehr als 5000 Menschen beschäftigte. Zu den Hinterlassenschaften gehören auch giftige Abwässer, die immer noch in der stillgelegten Kokerei entstehen.
„Es tauchen Stoffe auf, die bei der Koksherstellung entstanden sind, genauer gesagt bei der anschließenden Reinigung des Gases. Es handelt sich um Teer, Cyanide, Phenole, Naphtaline oder auch Schwefel.“
So berichtete es Robert Kögler vor einigen Wochen gegenüber den Reportern des Tschechischen Rundfunks. Kögler ist einer der wenigen, die noch im Liberty-Stahlwerk in Ostrava / Ostrau arbeiten. Seit der Zahlungsunfähigkeit und dem plötzlichen Produktionsstopp im Dezember 2023 liefen monatelang nur die nötigsten Anlagen noch im Minimalbetrieb. Im August wurde dann mit der Stilllegung der Kokerei begonnen. Damit einher geht die Entlassung von etwa 2600 Mitarbeitern – die Hälfte der ursprünglichen Belegschaft.
Auch wenn nicht mehr produziert wird, tut sich nach wie vor etwas in der Betriebshalle: In den Tanks sammelt sich kontaminiertes Wasser an. Die genaue Menge der giftigen Stoffe könne er nicht schätzen, sagt Kögler. Zunächst habe es so ausgesehen, dass wegen der Entlassungen niemand mehr übrig bleiben würden, der sich um das Problem kümmern könnte. Darauf sei von der Firmenleitung aber reagiert worden, informierte Kögler dieser Tage:
„Die Kündigungen wurden zurückgezogen. Jetzt ist im Gespräch, dass wir noch bis März hier arbeiten sollen. Dies hängt natürlich davon ab, ob sie uns auch bezahlen werden. Denn für umsonst bleibt niemand hier. Es wurde außerdem eine Firma engagiert, die das giftige Wasser in eine Müllverbrennungsanlage abtransportieren soll. In den Tanks ist bisher noch Platz. Wir beobachten den Wasserstand und schöpfen immer mal etwas ab.“
Bisher könne eine ökologische Katastrophe verhindert werden, betont Kögler, man habe alle Tanks unter Kontrolle.
Dies scheint aber nur eine sehr provisorische Lösung zu sein. Denn das Geld für eine sichere und vollständige Liquidierung der Abwässer ist nicht da. Auf 90 Millionen Kronen (3,6 Millionen Euro) würden sich die Kosten belaufen, teilt Insolvenzverwalter Šimon Peták mit. Aufbringen müsse das Geld seinen Worten zufolge die Firmenleitung:
„Dies liegt ganz in der Verantwortung des Schuldners. Dieser Betrag wurde nicht in den Kompetenzbereich der Insolvenzverwaltung übertragen. Wir verfolgen die Entwicklung aber in Zusammenarbeit mit dem hiesigen Management genau. Ich kann feststellen, dass die Situation im Moment stabil ist. Sie erfordert natürlich weitere Kosten, und das nicht zu wenig. Wir versuchen, dafür Finanzierungsquellen zu finden. Aktuell ist die ökologische Liquidierung der laufend entstehenden Abwässer sichergestellt.“
Die Einschätzung der Lage als derzeit stabil bestätigt auch die tschechische Umweltinspektion (ČIŽP). Sie kontrolliert regelmäßig die Tanks im stillgelegten Werk. Kritisch war die Lage zuletzt während des Hochwassers im September, von dem gerade die Region um Ostrau stark betroffen war. Die Wasseraufbereitungsanlage im Stadtteil Přívoz ist wegen der Überschwemmungen für mehrere Monate lahmgelegt. Die kontaminierten Abwässer aus dem Liberty-Stahlwerk müssen deswegen in andere Anlagen gebracht werden.