Stahlwerk Liberty Ostrava steht vor Konkursverfahren und dem Verkauf

Vergangenen Freitag wurde entschieden, das insolvente Stahlwerk Liberty Ostrava in den Konkurs zu schicken. Was bedeutet das nun für die Firma, ihre Angestellten und für die Geschädigten, deren Forderungen bei einer zweistelligen Milliardensumme an Kronen liegen?

Liberty Ostrava entstand 1951 unter dem Namen Nová huť (Neue Hütte). Das Unternehmen in der Industriestadt Ostrava / Ostrau, dem schwarzen Herzen des Landes, war eines der größten Stahlwerke in Tschechien. Doch vor einem Jahr schlitterte die Firma mit damals 6000 Beschäftigten in die Insolvenz.

Foto: František Tichý,  Tschechischer Rundfunk

Am Freitag nun entschieden die Gläubiger bei ihrem Treffen am Kreisgericht in Ostrau, das Werk in den Konkurs zu schicken. Šimon Peták ist der Insolvenzverwalter. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er, dass noch im Dezember der Verkauf des Werks eingeleitet werden solle:

„Wir müssen noch warten, bis der Konkursbeschluss rechtswirksam wird. Damit sind dann die Voraussetzungen für einen gängigen Insolvenzverkauf erfüllt. Dies betrifft sowohl das Werk als Ganzes, als auch seine einzelnen Produktionsbereiche. Wir versuchen auf jeden Fall, den Betrieb im bestehenden Umfang zu erhalten. Das sehen wir nicht nur für Liberty Ostrava als die beste Variante, sondern auch, um die Gläubiger in größtmöglicher Weise zu befriedigen.“

Das Kerngeschäft von Liberty Ostrava wurde jedoch bereits aufgegeben, also die Herstellung von Stahl. Das heißt, dass nur noch die Verarbeitung und Veredelung läuft. Deswegen ist nur noch weniger als die Hälfte der früheren Beschäftigten vor Ort tätig, derzeit sind es 2700 Angestellte. Warum aber ist es überhaupt so weit gekommen? Jana Klímová ist Wirtschaftsanalytikerin beim Tschechischen Rundfunk und kennt die Geschichte des Niedergangs…

„Es war eine Kombination mehrerer Faktoren. Schon vor der Corona-Krise stand die tschechische Stahlbranche unter dem Druck der asiatischen Konkurrenz. Als dann 2020 die Pandemie kam, brach die Nachfrage ein, und die Produktion bei Liberty Ostrava wurde zurückgefahren. Dann folgte ab Jahresbeginn 2022 die Energiekrise nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Die Energiepreise explodierten, und das traf Liberty Ostrava aufgrund mangelnder Finanzreserven besonders hart“, so Klímová.

Eigentümer des Werks war bis dahin der britisch-indische Magnat Sanjeev Gupta. Laut der Wirtschaftsexpertin bewahrheiteten sich frühere Vermutungen, dass der Unternehmer die Erlöse seines tschechischen Werks dafür nutzte, andere Teile seines Konzerns zu sanieren. Letztlich stoppte Ende Dezember vergangenen Jahres das Kraftwerk auf dem Firmengelände die Stromzufuhr an Liberty Ostrava, weil seine Rechnungen nicht bezahlt worden waren. Das Kraftwerk gehörte zu einem anderen Unternehmen mit dem Namen Tameh Czech. Seitdem steht die Stahlproduktion bei Liberty Ostrava still.

Die Schulden der Firma sind immens. Insgesamt verlangen die Gläubiger 23,2 Milliarden Kronen (920 Millionen Euro). Der Insolvenzverwalter hat davon aber nur 7,4 Milliarden Kronen (293 Millionen Euro) anerkannt. Peták nennt den größten Bereich, der bedient werden muss:

„Ein bedeutender Teil der Summe besteht aus den Abfindungen für mehrere Tausend frühere Angestellte. Dies beläuft sich auf einen niedrigen Milliardenbetrag in tschechischen Kronen. Diese hohe Summe hat zu großer Unsicherheit geführt.“

Auch deswegen der Verkauf. Aufseiten der Regionalpolitik ist man froh, dass dieser nun eingeleitet wird. Zugleich sagt Josef Bělica (Partei Ano), der Hauptmann des Mährisch-Schlesischen Kreises:

Josef Bělica | Foto: Marta Pilařová,  Tschechischer Rundfunk

„Ich bin überzeugt, dass diese Entscheidung im Grunde schon früher hätte getroffen werden müssen. Dann wäre das Unternehmen schneller saniert gewesen.“

Zugleich betont Bělica, dass viele der früheren Beschäftigten von Liberty Ostrava mittlerweile andere Jobs gefunden hätten – allerdings bei schlechterer Bezahlung. Bis Ende des Jahres soll die Zahl der Angestellten in dem Werk noch einmal leicht sinken, und zwar auf 2400. Für diese noch bleibenden Arbeitskräfte liegt die Hoffnung in einem sinnvollen Verkauf der funktionierenden Unternehmensteile. Doch erst muss noch der Wert dieser Teile bestimmt werden. Angeblich gibt es bereits drei Interessenten für den Kauf. Dazu Wirtschaftsanalystin Klímová:

„Die Unternehmensbewertung soll meinen Informationen nach irgendwann im Februar abgeschlossen sein. Währenddessen können zweifellos schon die Gespräche mit den Kaufinteressenten beginnen. Und die Frage dabei ist, ob die drei, über die gesprochen wird, auch dabeibleiben. Das ist zum einen der Konzern CE Industries des tschechischen Unternehmers Jaroslav Strnad, der bereits den Betrieb in zwei Teilen von Liberty Ostrava finanziert. Zudem könnten die nahegelegenen Stahlwerke Třinec ihr Interesse bekunden. Des Weiteren wird darüber spekuliert, dass sich der indische Konzern Jindal Group melden könnte, der vor kurzem das benachbarte Stahlwerk Vítkovice Steel erworben hat.“

Laut Klímová wären die Gläubiger froh, wenn der Verkauf im Frühling kommenden Jahres über die Bühne gehen würde.

Autor: Till Janzer | Quellen: Český rozhlas , ČTK
schlüsselwort:
abspielen