Legendärer Exportschlager aus Brünn: Traktoren der Marke Zetor
Mit dem Z-25 fing alles an. Traktoren, die seit 1946 im Brünner Zetor-Werk hergestellt wurden, galten im In- und Ausland jahrzehntelang als Erfolgsmodelle. Nach 1989 musste sich die Firma mit schweren Einschnitten an die wirtschaftliche Öffnung des Landes anpassen. Vor allem die ältesten Traktorenmodelle haben bis heute ihre Liebhaber.
Am 17. November 2012 wurden auf dem Hof der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt in Žďár nad Sázavou / Saar drei Traktoren der Marke Zetor gesegnet. Kurz darauf kamen sie in einem Übersee-Container in Tansania an, um fortan in der dortigen Landwirtschaft gute Dienste zu leisten. Es waren nicht die neuesten Modelle, die für diese Hilfsaktion ausgewählt wurden. Denn ältere Jahrgänge haben den Vorteil, dass sie leichter zu handhaben sind und sich überall auf der Welt von Mechanikern problemlos reparieren lassen. Der an der Initiative beteiligte Priester Josef Novotný begründete die Auswahl:
„Damals vor 50 Jahren hatten die Dinge noch Qualität, sie sollten für immer halten. Anders als heute, wo sie nur noch bis zum Ende der Garantiezeit funktionieren.“
Wie robust und zuverlässig nicht nur die ersten Zetor-Modelle noch heute sind, weiß auch Martin Havelka. Der Enthusiast fährt mit seinem Z-25A Baujahr 1954 alljährlich 780 Kilometer bis an die polnische Ostsee, um an Oldtimer-Treffen teilzunehmen. Und das mit einer maximalen Geschwindigkeit von 36 Kilometern pro Stunde. Von seiner Reise im Jahr 2017 berichtete er im Tschechischen Rundfunk:
„Dieses Jahr gab es keine Panne, ich musste nichts austauschen. Ich habe mich selbst gewundert, denn ich hatte vorher auch wenig Zeit für die Vorbereitungen. Es musste aber einfach nur Diesel aufgefüllt werden. Insgesamt haben wir 96 Liter getankt. Das ergibt einen Verbrauch von etwa 11 Litern auf 100 Kilometer.“
Das besagte Modell Z-25 steht ganz am Anfang der Erfolgsgeschichte von Zetor. Den Anfangsbuchstaben für seinen Namen übernahm das Traktorenwerk in Brno / Brünn von der Vorgängerfirma Zbrojovka, einer Waffenfabrik. In der tschechoslowakischen Filmwoche von 1946 hieß es:
„Die Waffenfabrik hat ihre Kriegsproduktion in eine Friedensproduktion umgewandelt. Sie hat nun eine außerordentlich verdienstvolle und beispielhaft friedliche Aufgabe übernommen, nämlich landwirtschaftliche Traktoren zu konstruieren und zu bauen.“
Goldmedaille für den Zetor 30
Im Taufschein des Z-25 steht das Datum 15. März 1946. Fünf Monate später ließ die Handelskammer die Marke Zetor schützen. Entwickelt wurde das erste und bis heute legendäre Modell von František Musil. Der Konstrukteur bastelte beständig weiter an dem Dieselmotor. Bald konnte durch eine Direkteinspritzung des Treibstoffes der Verbrauch gesenkt werden. Für diese Neuerung gewann das Modell Zetor 30 auf der Landwirtschaftsausstellung in Prag 1948 die Goldmedaille.
In den ersten drei Jahren wurden 10.000 Zetor-Traktoren verkauft. Noch in der Ersten Tschechoslowakischen Republik wurden die Nutzfahrzeuge in mehreren Firmen hergestellt, etwa bei Praga, Škoda oder Wikov. Bei der Einführung der zentralen Planwirtschaft wurde aber entschieden, die Produktion einzig bei Zetor in Brünn zu belassen. Nur Škoda produzierte sein Modell 30 noch bis zum Jahr 1954.
Die Maschinen dieser Zeit waren lediglich mit dem Nötigsten ausgestattet und rein auf ihre Funktionalität ausgerichtet, so Sammler Martin Havelka:
„Die Traktoren, die nach dem Krieg hergestellt wurden, hatten noch keine Fahrerkabinen. Die Jungs waren damals abgehärteter als heute. Wichtig war nicht der Komfort, es sollte vielmehr funktionstüchtig sein.“
Mitte der 1950er Jahre richtete Zetor in seinem Brünner Firmensitz eine Forschungs- und Entwicklungsstelle ein. Dort wurde bald darauf die Einheitsreihe UR1 entwickelt. Der Zetor 3011 war das erste Modell, das 1960 aus dieser Baureihe vom Band lief. Die Vereinheitlichung der Konstruktionen war im Segment landwirtschaftlicher Maschinen etwas absolut Neues. Diese bezog sich nicht nur auf den Produktionsprozess, sondern sorgte auch für eine deutliche Senkung der Wartungskosten. Weitere Weltneuheiten, die Zetor zugeschrieben werden können, waren die Einführung integrierter Sicherheitskabinen und ein Hydrauliksystem mit einer automatischen Kontrollfunktion für die Pflugtiefe.
Aus der Traktorenfabrik Zetor in Brünn stammten zahlreiche Erfolgsmeldungen, die die Medien der ČSSR zur Wirtschaftslage im Land herausgaben. So etwa die vom 20. Dezember 1968:
„Der stellvertretende Regierungsvorsitzende František Hamouz hat heute in Brünn den ersten Traktor Crystal 8011 aus der Testreihe der Fabrik für Wälzlager getauft. Diese neue Maschine aus der höheren Zugklasse entspricht den aktuellen Anforderungen unserer Landwirtschaft, aber auch den Marktinteressen der kapitalistischen Staaten. Die Serienproduktion des Traktors, der in Zusammenarbeit mit polnischen Experten entstanden ist, beginnt in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres.“
Zetor wurde immer mehr zum Exportschlager. 1969 wurden die Traktoren in 16 Ländern verkauft, darunter Japan, Indien, Irland und der Irak. 15 Jahre später umfasste die Bilanz bereits 90 Länder der Erde. In den 1980er Jahren gingen zwei Drittel der gesamten Produktion, die sich jährlich auf etwa 30.000 Fahrzeuge belief, in den Export. Mehr als die Hälfte davon landete im nicht-sozialistischen Ausland.
Friedenstraktor im Moskau
Im sowjetisch-dominierten Block hatte der Zetor sogar eine gewisse ideologische Bedeutung. Ein Rundfunk-Reporter begleitete am 24. Januar 1986 den Besuch von Gustáv Husák, Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, im Brünner Werk:
„Genosse Gustáv Husák läuft jetzt am Fließband entlang, auf dem die fast fertiggestellten Traktoren des neuesten Modells stehen. Von diesem Band lief auch der sogenannte Friedenstraktor für die zwölften Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Moskau im vergangenen Jahr, den dort im Namen aller Zetor-Arbeiter der Fahrer Radoslav Brabec vorführte.“
Zu der Zeit hatte das Unternehmen mehr als 10.000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von mehr als vier Milliarden Kronen. Wenige Jahre später sah die Welt ganz anders aus, und das Ende der ČSSR hätte fast auch das Ende von Zetor bedeutet. Kurz vor der Jahrtausendwende stand die Firma am Rande des Bankrotts. Gehälter konnten nicht gezahlt werden, weswegen die Arbeiter im Dezember 1999 einen Tag lang vor den Fabriktoren streikten. Einige erwogen sogar, in Österreich Asyl zu beantragen wegen der Verletzung ihrer Menschenwürde.
Als im Jahr 2002 die slowakische HTC Holdig 98 Prozent der staatlichen Eigentumsanteile von Zetor aufkaufte, setzte sogleich ein strenges Restrukturierungsprogramm ein. Das führte zunächst vor allem zu Massenentlassungen. Schon zum Jahresende musste ein Drittel der etwa 3000 Mitarbeiter gehen. Die Jahresproduktion betrug nur noch etwa 3500 Fahrzeuge, von denen über 90 Prozent ins Ausland gingen. Für den Tschechischen Rundfunk versuchte Firmenpräsident Vratislav Goj damals eine positive Perspektive zu geben:
„Auch in den vergangenen zwei Jahren, die für Zetor sehr schwer und weichenstellend waren, konnten wir aber den Bereich Entwicklung und Forschung aufrechterhalten. Damit halten wir Schritt mit der Konkurrenz.“
2006 verzeichnete Zetor erstmals wieder Gewinn. Derzeit werden in Brünn acht Modellreihen produziert. Eine der Auslandsniederlassungen befindet sich auch in Deutschland. Im Hauptfirmensitz kann man in der Zetor Gallery inzwischen alle wichtigen Modelle der Firmengeschichte nicht nur besichtigen, sondern auch in ihren Fahrerkabinen Platz nehmen. Der damalige Abteilungsleiter für Verkauf und Marketing, Adam Žert, erklärte 2016 für eine Rundfunkreportage, warum das direkte Erlebnis für die Besucher so wichtig ist:
„Weil der Traktor eine Rückkehr in die Kindheit darstellt und gewisse Emotionen weckt, wollten wir unsere Besucher nicht auf Distanz halten. Darum ist die Ausstellung so interaktiv wie möglich. In die meisten Maschinen kann man einsteigen und sich reinsetzen. Es gibt viele interaktive Bestandteile, die den Besucher durch die Geschichte führen. Für Schulen präsentieren wir sogar den Schnitt durch ein Getriebe.“
Radím Urbánek wird ebenfalls emotional, wenn es um die historischen Maschinen geht. In seiner Scheune im heimatlichen Dobříkov / Dobischkau findet sich zwischen zahlreichen Sammlerstücken auch der legendäre Zetor Z-25A von 1947. Fahrten mit dem Traktor tragen bei dem Direktor des Stadtmuseums in Ústí nad Orlicí / Wildenschwert immer zur Besserung der Laune bei:
„Ich habe ihn aus Spaß, und das kann man wörtlich nehmen. Ich fahre diesen Traktor ausschließlich zur Vorführung oder bei Ausstellungen. Manchmal mache ich mit ihm aber auch aus reiner Freude einen Ausflug.“