Leichtathletik-Cheftrainer Dvořák hofft auf WM-Erfolge wie in Vergangenheit

Tomáš Dvořák (Foto: Adam Kebrt, ČRo)

Am kommenden Samstag steigt einer der Sporthöhepunkte des Jahres, denn dann beginnt die Weltmeisterschaft in der Leichtathletik. Sie wird vom 22. bis 30. August in Peking ausgetragen. In der chinesischen Metropole geht Tschechien mit einem Team von insgesamt 25 Athletinnen und Athleten an den Start.

Tomáš Dvořák  (Foto: Adam Kebrt,  ČRo)
Die tschechische Mannschaft wird das dritte Mal in Folge bei einer WM von einem ganz Großen der internationalen Leichtathletik geleitet – von Tomáš Dvořák, dem dreifachen Weltmeister und ehemaligen Weltrekordhalter im Zehnkampf. Der 43-Jährige fehlte seit 1995 bei keiner Weltmeisterschaft. Bis zum Jahr 2007 nahm er sieben Mal als Aktiver teil, bei der WM 2011 im südkoreanischen Daegu schlüpfte er erstmals in die Rolle des Cheftrainers. Bei den Titelkämpfen 2009 in Berlin arbeitete Dvořák als Co-Kommentator für das Tschechische Fernsehen (ČT). Das war auch schon ein Jahr zuvor bei den Olympischen Spielen in Peking der Fall.

„Damals hatte ich einen der besten Plätze im Stadion, was mir sehr gefiel. Diesmal wird es gewiss anders sein, ich werde wohl ein Platz mit etwas weniger Übersicht einnehmen.“

Nichtsdestotrotz hat Dvořák stets einen guten Blick dafür, wozu die tschechischen Athletinnen und Athleten der heutigen Generation imstande sind. Vor zwei Jahren brachten sie von der WM im Moskau zwei Goldmedaillen und eine bronzene Plakette mit nach Hause – es war die gleiche und damit beste Ausbeute wie bei der WM 2007. Mit wie vielen Medaillen er in Peking rechne, wollte sich Dvořák von den Journalisten zwar nicht entlocken lassen, andererseits aber äußerte er vielsagend:

„Wir haben momentan acht Wettkämpfer, die anhand der diesjährigen Weltbestenliste zu den TOP 8 in ihren Disziplinen gehören. Von daher wage ich zu behaupten, dass diese Acht zu den Medaillenanwärtern gehören. Sicher gilt das nicht für jeden im gleichen Maße – einige sind dem Podest näher als die anderen, doch ich glaube daran, dass wir bei der WM so erfolgreich sein werden, wie schon einige Male in der Vergangenheit.“

Tomáš Dvořák: „Wir haben momentan acht Wettkämpfer, die anhand der diesjährigen Weltbestenliste zu den TOP 8 in ihren Disziplinen gehören.“

Barbora Špotáková  (Foto: Adam Kebrt,  ČRo)
Zum Beispiel so wie bei der WM in Osaka, bei der Barbora Špotáková den Titel im Speerwerfen der Frauen gewann. Vor zwei Jahren war die Doppel-Olympiasiegerin wegen einer Babypause nicht am Start, doch nun will sie es wieder wissen. Nach einem für sie eher mäßigen Saisonstart kam die 34-Jährige zuletzt immer besser in Tritt. In Paris und Stockholm gewann sie die beiden vorerst letzten Konkurrenzen ihrer Disziplin in der sogenannten Diamond League. Špotáková führt daher nun die Gesamtwertung in dieser Liga an und reist voller Selbstvertrauen nach China:

„Wer weiß schon, was beim Wettkampf in Peking passiert. Aber ich werde ihn souverän angehen. Auch wenn ich nicht die gesamte Saison über so souverän aufgetreten bin, in den letzten Konkurrenzen habe ich an Sicherheit zurückgewonnen, und das spüren mein Kontrahentinnen auch.“

Beim Sieg in Stockholm schaffte Špotáková mit 65,66 Meter auch ihre bisherige Saisonbestleistung. Diese Weite reicht zwar nur für den sechsten Platz in der Jahresweltbestenliste, doch die erfahrene Tschechin bleibt optimistisch:

„Ich hebe mir eine weitere Steigerung für Peking auf. Auch in den zurückliegenden Jahren habe ich mir stets gesagt: Die weiten Würfe spare ich mir für die wichtigen Wettkämpfe auf, und es hat zumeist geklappt. Von daher glaube ich fest daran, dass ich in Peking noch ein paar Meter drauflegen kann.“

Jan Kudlička  (Foto: Miloš Turek)
Einer, der bei der WM im wahrsten Sinne des Wortes hoch hinaus will, ist der Stabhochspringer Jan Kudlička. Seitdem der 27-Jährige im vergangenen Jahr in der Halle wie auch im Freien jeweils Bronze bei der Europameisterschaft geholt hat, ist er stabiler und nervenstärker geworden. In diesem Jahr hat er die Höhe von 5,70 Meter schon fünfmal bei Wettkämpfen übersprungen, was ihm eine gewisse Sicherheit gibt. Denn obwohl einige der Konkurrenten in diesem Jahr noch etwas höher gesprungen sind, glaubt Kudlička fest an seine Chance:

„Der Stabhochsprung der Männer hat in diesem Jahr ein ungemein hohes Niveau: Fünf Athleten sind schon über 5,90 Meter gesprungen. Doch vor der Weltmeisterschaft zählt das nichts mehr, alles beginnt von vorn. Es kommt also nicht darauf an, wie gut man vorher war, sondern wie stark man sich im WM-Wettkampf selbst präsentiert.“

Lukáš Melich: „Ich fahre zur WM mit dem Ziel, meine Saisonbestleistung zu verbessern. Ich hoffe, damit ins Finale und so unter die besten Acht zu kommen.“

Lukáš Melich  (Foto: ČT Sport)
In China erneut dabei sind auch die drei tschechischen Medaillengewinner der vergangenen WM in Moskau. Zwei von ihnen sind allerdings durch vorherige Verletzungen etwas gehandicapt in die laufende Saison gegangen. Das trifft besonders auf Hammerwerfer Lukáš Melich zu. Wegen seiner Verletzung konnte er im Frühjahr nicht trainieren. Dadurch läuft er bis heute der Musik hinterher: Mit seiner diesjährigen Bestweite von 76,21 Meter liegt er in der Jahresweltbestenliste nur auf einem Platz hinter den Top 30, bei guter Form ist Melich jedoch in der Lage, bis zu vier Meter weiter zu werfen. Das ist auch seine Hoffnung, mit der er in Peking an den Start geht:

„Ich fahre zur WM mit dem Ziel, meine Saisonbestleistung zu verbessern. Falls mir das gelingen sollte, wird man sehen, für welchen Platz diese Leistung gut ist. Ich hoffe aber, ins Finale und damit unter die besten Acht zu kommen.“

Fast noch hoffnungsloser sah es lange Zeit bei der 400-Meter-Hürdenläuferin Zuzana Hejnová aus. Die Weltmeisterin von Moskau hatte sich nach ihrem großen Triumph vor zwei Jahren einen Knochen im Fußrücken gebrochen und musste operiert werden. Die OP war im Februar 2014, danach ging Hejnová ins Trainingscamp nach Afrika, doch dann meldeten sich langwierige Probleme zurück: Die Ferse schmerzte. Das hatte zur Folge, dass Hejnová die vergangene Saison ziemlich früh beendete und erneut von den Ärzten behandelt werden musste. Mehrfach suchte sie dabei auch den anerkannten deutschen Sportmediziner Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in München auf. Als sie deshalb in Mai in die neue Saison einstieg, wusste sie vor dem ersten Wettkampf nicht, wo genau sie steht. Sie gewann den Lauf beim internationalen Meeting „Zlatá tretra“ (Goldener Spikes) in Ostrava / Ostrau und schöpfte daraus neuen Mut. Nach dem Wettkampf am 27. Mai sagte sie:

Zuzana Hejnová  (Foto: ČTK)
„Ich stufe diesen Sieg sehr hoch ein, denn es ist der erste nach zwei Jahren. Ich bin wirklich sehr zufrieden, auch weil das Wetter heute unerfreulich kalt war. Es ist zu sehen, dass meine Form zurückkommt, und ich glaube daran, dass ich mich noch steigern kann. Dann werden auch meine Gegnerinnen wieder mit mir rechnen müssen.“

Das werden sie ganz sicher, denn die Titelverteidigerin hat sich seitdem kontinuierlich verbessert. Hejnová gewann die Wettkämpfe der Diamond League in Paris und Stockholm und liegt mit ihrer Zeit von 53,76 Sekunden inzwischen auf dem zweiten Platz der Jahresweltbestenliste. Und die 28-Jährige ist hochmotiviert, sie will in Peking wieder nach Gold greifen.

Jan Železný: „Das kann ein wirklich interessanter Wettkampf werden, denn die Weltspitze ist nicht nur breiter geworden, sondern in diesem Jahr auch so dicht beisammen, wie schon lange nicht mehr. Ich denke, wer 87 Meter weit werfen wird, gewinnt eine Medaille.“

Das Gleiche sollte man eigentlich auch vom zweiten tschechischen Titelverteidiger, dem Speerwerfer Vítězslav Veselý erwarten. Der 32-jährige Athlet, der als medienscheu gilt, wollte sich auf Nachfrage indes kaum etwas entlocken lassen. Gegenüber Radio Prag sagte er lediglich:

„Man wird sehen, was in Peking passiert, es wird aber kein leichter Wettkampf.“

Das sieht Veselys Trainer, der dreifache Olympiasieger Jan Železný, ähnlich:

Jan Železný | Foto: Ivana Roháčková,  ASC Dukla
„Das kann ein wirklich interessanter Wettkampf werden, denn die Weltspitze ist nicht nur breiter geworden, sondern in diesem Jahr auch so dicht beisammen, wie schon lange nicht mehr. Auf der anderen Seite glaube ich nicht daran, dass alle Teilnehmer gleich gut drauf sind und weit werfen werden. Denn bei einer WM entscheiden oft die Psyche wie auch die momentane Form. Ich denke, wer 87 Meter weit werfen wird, gewinnt eine Medaille.“

Dieser Prognose zufolge hätte Veselý ganz gute Karten, denn der Weltmeister hat in diesem Jahr bereits eine Weite von 88,18 Meter verbucht, und seine Form ist stabil. Aber nicht nur deshalb ist Železný von seinem Schützling überzeugt:

„Für Veselý spricht die Erfahrung, er hat schon eine WM-Medaille gewonnen. Das ist meiner Meinung nach sehr wichtig, denn der Druck im Wettkampf wird für jeden enorm hoch sein. Doch Vítězslav sollte darauf vorbereitet sein.“

Pavel Maslák  (Foto: ČTK)
Das sind den bisherigen Saisoneindrücken nach auch Veselýs Teamkollegen Jakub Vadlejch und Petr Frydrych, die mit ihren Weiten zu den Top 10 der aktuellen Jahresweltbestenliste gehören. Und mit Stabhochspringer Michal Balner, 400-Meter-Läufer Pavel Maslák und der Siebenkämpferin Eliška Klučinová hofft man im tschechischen Lager, den einen oder anderen Trumpf noch in der Hinterhand zu haben.

Autor: Lothar Martin
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