Licht und Wärme für die Ukraine: Pfadfinder basteln Notleuchten aus Kerzenstummeln
Die tschechischen Pfadfinder stellen in diesen Tagen Notleuchten für die Ukraine her. Rohstoff dafür sind alte Kerzenstummel.
Auf dem Gelände der Markthalle im Prager Stadtteil Holešovice war es am Donnerstagabend überwiegend dunkel. Nur in Halle Nr. 29 brannte noch Licht. Am Fenster hing eine ukrainische Flagge. Drei Pfadfinderinnen beugten sich über einige große Töpfe. Eine von ihnen goss mit einem Schöpflöffel heißes Wachs in alte Konservendosen, die in einer Reihe auf dem Tisch standen. Diese waren nicht leer, sondern mit Pappstreifen gefüllt, die als Docht dienen sollen. Auf diese Weise entstehen in der improvisierten Werkstatt Notleuchten, die in die Ukraine geliefert werden. Die Idee sei alt, erzählt der Pfadfinder Jan Lukačevič:
„Die Inspiration stammt von einer Idee, auf die schon einmal jemand in der Vergangenheit kam. Der Bedarf in der Ukraine ist derzeit groß. Wir gingen zudem davon aus, dass die Ukrainer selbst die Wachsleuchten herstellen. Aber in ihrem Land mangelt es inzwischen an dem Material. Hierzulande gibt es hingegen genügend Rohstoffe dafür.“
Die Pfadfinder nutzen für die Leuchten entweder ganze Kerzen oder abgebrannte Stummel sowie Paraffin in Form von Tafeln oder Pulver. Des Weiteren benötigen sie Wellpappe und Konservendosen von Obst oder Gemüse. Es seien inzwischen viele Menschen gekommen, die das, was sie zu Hause haben, brachten – Kerzen sowie Dosen – erzählt Lukačevič.
„Das freut uns sehr, dass sich die Menschen bemühen, sich an der Hilfe zu beteiligen. Als wir begannen, das Material zu sammeln, hatten wir die Ambition, dass jeder die Gelegenheit bekommt, wenigstens ein bisschen beizutragen. Viele Menschen schicken uns Päckchen mit dem Material. Wir haben mit dem Versanddienst Zásilkovna vereinbart, dass er die Sendungen an uns kostenlos zustellt.“
Lukačevič zufolge arbeiten die Pfadfinder zudem mit einigen Unternehmen zusammen, die ihnen Kartons zur Verfügung stellen. Für Freiwillige, die helfen wollen, die Notleuchten herzustellen, führen die Pfadfinder Workshops direkt in der Markthalle durch. Wie die Pfadfinderinnen betonen, sei die Herstellung gar nicht schwer, man brauche nur ein paar Handgriffe. Lukačevič betont:
„Im Vergleich mit üblichen Kerzen brennen die Notleuchten mit einer stärkeren Flamme. Zudem wärmt das Wachs die Dose auf, sodass sie wie ein kleiner Ofen dienen kann. Die Leuchten brennen etwa acht Stunden lang und sind in der Lage, einen kleinen Raum zu beheizen. Sie werden dort gebraucht, wo es zu Stromausfällen kommt. Für Zivilpersonen dienen sie als Ersatz für den Strom. Und für Soldaten in den Schützengräben sind sie oft die einzige Möglichkeit, ein wenig Wärme zu haben. Dabei wecken die Leuchten keine Aufmerksamkeit, weil sie nicht qualmen, sodass die Position der Soldaten nicht verraten wird.“
Lukačevič betont, die von den tschechischen Pfadfindern gelieferten Leuchten hätten auch einen psychologischen Effekt:
„Den Ukrainern wird gezeigt, dass jemand an sie denkt. Wir haben die Information von ukrainischer Seite, dass es ihnen wirklich hilft, wenn sie wissen, dass sich jemand, der Tausende Kilometer entfernt lebt, die Mühe macht, das Material zusammenzutragen und die Leuchten herzustellen. Manchmal zeichnen tschechische Kinder für uns Bilder, die wir der Lieferung beilegen. Damit versuchen wir die Ukrainer auch mental zu unterstützen.“
Wenn mehrere Menschen in der improvisierten Werkstatt zusammenkommen, produzieren sie den Worten von Lukačevič zufolge während einer kurzen Zeit Hunderte von Leuchten.
„Am Mittwoch sind 48 Pfadfinderinnen und Pfadfinder gekommen, und die Arbeit ging so sehr schnell. Alles, was hier in den Kisten steht, wurde während ein paar Stunden produziert. Wenn mehr Leute kommen, können wir auch mehr Menschen helfen. Einige Tausend Notleuchten wurden inzwischen in die Ukraine geliefert. Wir haben Fotos erhalten und auch schriftliches Feedback. Sowohl Zivilpersonen, als auch Soldaten bedanken sich bei uns uns für die Hilfe.“
Die Tschechen arbeiten laut Lukačevič bei den Lieferungen der Notleuchten mit den ukrainischen Pfadfindern, der ukrainischen Botschaft und weiteren Organisationen zusammen. Das Material sammeln sie bis 10. März.
Mehr erfahren Sie unter: https://www.skaut.cz/svickyproukrajinu/
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