Linke Avancen: Die tschechischen Kommunisten wollen mit den Sozialdemokraten
Knapp 20 Jahre sind seit dem Sturz des kommunistischen Regimes vergangenen - und die tschechischen Kommunisten überlegen, wie sie wieder an die Macht kommen können. Die Idee ist, sich für eine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten nach den vorgezogenen Neuwahlen im Herbst hübsch zu machen. Deswegen bieten sie an, sich nach 1989 ein zweites Mal für ihre totalitäre Vergangenheit zu entschuldigen. Patrick Gschwend hat dazu mit Till Janzer gesprochen.
Till, wie soll das gehen, wie wollen sich die Kommunisten den Sozialdemokraten andienen?
„Vorausschicken sollte man, dass die Kommunisten derzeit die drittstärkste Kraft im Abgeordnetenhaus sind und in den Wahlumfragen bei um die 15 Prozent liegen. Bisher haben alle anderen Parlamentsparteien jedoch eine Zusammenarbeit mit ihnen auf Regierungsebene abgelehnt. Nun hat der kommunistische Parteichef Vojtěch Filip in einem Interview für die Zeitung Hospodářské noviny gesagt, dass man eine Zusammenarbeit der Linken anstrebe. Und weiter: Falls die Hürde für eine Zusammenarbeit in einer Entschuldigung für das Regime von 1948 bis 1989 liege, dann sei man bereit, sich erneut zu entschuldigen. Kurz vor Weihnachten 1989 hatte sich die damalige Führung der tschechischen, nicht der tschechoslowakischen Kommunisten, bei einem Sonderparteitag für die 40 Jahr zuvor entschuldigt. Allerdings war es eine halbherzige Geste, die zwar allgemein eine Entschuldigung an die Opfer enthält, aber auch einiges ausspart. So wird beispielsweise mit keinem Wort erwähnt, dass mehrere Tausend Menschen das Unrecht mit ihrem Tod bezahlen mussten, geschweige denn, dass sich dafür entschuldigt wird.“Wie haben denn die Sozialdemokraten auf das Angebot reagiert?
„Es gab bis Montagmittag nur eine Reaktion des stellvertretenden sozialdemokratischen Vorsitzenden Zdeněk Škromach. Er lehnt auch im Fall einer erneuten Geste eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten ab und verweist dabei auf den so genannten Bohumíner Beschluss. Mit diesem Beschluss hatten die Sozialdemokraten 1995 jegliche Zusammenarbeit mit extremistischen Parteien ausgeschlossen und dabei ausdrücklich die KSČM, also die heutigen tschechischen Kommunisten, genannt.“
Aber eine Ebene unterhalb der gesamtstaatlichen gibt es doch bereits eine Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Kommunisten. Nach den Kreiswahlen im vergangenen Jahr haben beide Parteien in zwei Kreisen die Besetzung im jeweiligen Kreisrat unter einander aufgeteilt…„Und in vier weiteren Kreisen gibt es eine stille Übereinkunft. Genau das wird gerade dem sozialdemokratischen Parteichef Jiří Paroubek immer wieder vorgeworfen, dass in der Realität seine Partei sich ja durchaus bereits recht gut mit den Kommunisten arrangieren kann. So hat Paroubek im April vergangenen Jahres gesagt, dass beispielsweise eine sozialdemokratische Minderheitsregierung unter Duldung der Kommunisten etwas anderes sei als eine Zusammenarbeit. Auch hat ab 2005 die damalige Koalitionsregierung unter Paroubeks Führung einige Gesetze mit Unterstützung der Kommunisten verabschiedet. Man muss zugleich sagen, dass auch andere Parteien zur Not auf ihre Grundsätze pfeifen. 2003 stützten sich die Bürgerdemokraten auf die Kommunisten, um Václav Klaus zum Staatspräsidenten zu machen. Über die Hintertür schaffen es also die Kommunisten tatsächlich, ihre Position als drittstärkste Kraft im Land auszuspielen. Für die anstehenden vorgezogenen Neuwahlen im Oktober planen aber die Sozialdemokraten den bisherigen Medienberichten nach, eher in der politischen Mitte als auf der Linken nach weiteren Wählern zu suchen. Ein Liebäugeln mit den Kommunisten kommt ihnen derzeit also nicht gerade gelegen.“