Machtkampf bei Sozialdemokraten gefährdet Koalitionsverhandlungen

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Die Wähler haben entschieden: Die Sozialdemokraten (ČSSD) wurden die stärkste Kraft bei den Abgeordnetenhauswahlen, die Bewegung Ano des Geschäftsmanns Andrej Babiš folgte dicht auf dem zweiten Platz. Gemeinsam mit den Christdemokraten wollen die Wahlsieger nun über eine Koalition verhandeln. Allerdings kompliziert ein Machtkampf in der Führung der ČSSD die bereits schwierige Situation.

Michal Hašek und Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Bohuslav Sobotka hat bei strahlend schönem Wetter am Wochenende stürmische Zeiten erlebt. Der Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokraten musste am Samstag zunächst eingestehen, dass seine Partei das angepeilte Ergebnis von 30 Prozent verfehlt hatte. Und während er im Tschechischen Fernsehen bei der Elefantenrunde das schwierige Wahlergebnis kommentierte, brauten sich Gewitterwolken in der eigenen Partei zusammen. Michal Hašek, stellvertretender Parteivorsitzender und langjähriger Rivale von Sobotka, traf sich Samstagnacht mit Staatspräsident Miloš Zeman und seinen Unterstützern innerhalb der ČSSD auf Schloss Lány. Ergebnis war, dass ein Team ohne den Parteivorsitzenden die anstehenden Koalitionsverhandlungen mit den Christdemokraten führen sollte. Und Zeman griff Sobotka auch direkt an und rief ihn indirekt zum Rücktritt auf. Öffentlich legte das Staatsoberhaupt im Tschechischen Fernsehen nach:

Sozialdemokraten  (Foto: ČTK)
„Die bisherigen Regierungsparteien haben versagt. Und jene Oppositionspartei, die diese Parteien hätte ersetzen müssen, hat leider zu einem gewissen Maß ebenfalls versagt.“

Unter diesen Zeichen traf sich am Sonntagabend das Präsidium der Sozialdemokraten zu Beratungen. Michal Hašek verkündete das Ergebnis:

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
„Das erweiterte Parteipräsidium der Sozialdemokraten, das höchste Gremium zwischen den Sitzungen des Exekutivausschusses der Partei, hat mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit Bohuslav Sobotka zum Rücktritt aufgefordert. Er muss die politische Verantwortung für das schlechteste Wahlergebnis der Sozialdemokraten in der jüngsten Geschichte übernehmen.“

Doch so leicht wollte sich Sobotka nicht geschlagen geben. Zunächst rief er Staatspräsident Zeman auf, sich nicht in die internen Angelegenheiten der Sozialdemokraten einzumischen. Er sei Parteichef und als solcher werde natürlich auch er Koalitionsverhandlungen führen. Die Entscheidung des Parteipräsidiums bezeichnete er als Putsch durch seinen Kontrahenten Hašek:

Michal Hašek  (Foto: ČTK)
„Michal Hašek sollte seine Bemühungen einstellen, falls er nicht eine Spaltung und eine Schädigung der Sozialdemokratie riskieren möchte.“

Michal Hašek reagierte prompt. Seiner Meinung nach sei die Entscheidung im Parteipräsidium demokratisch gefällt worden:

„Zwei Drittel des Präsidiums haben für den Rücktritt gestimmt. Das Präsidium ist ein verhältnismäßig repräsentatives Organ, das sowohl aus führenden Politikern der Zentrale als auch aus Vertretern der Regionen besteht. Daher muss ich sagen, dass ich in den Worten über einen angeblichen Putsch eine tiefe Respektlosigkeit erblicke.“

Pavel Bělobrádek  (Foto: ČTK)
Allerdings hat das erweiterte Präsidium nicht das Recht, den Vorsitzenden abzuwählen – das darf nur der Exekutivausschuss. Dieser tritt wohl am 10. November zusammen und wird dann eine Entscheidung im Machtkampf fällen. Indes gefährdet der Hickhack die mögliche Koalition zwischen ČSSD und den Christdemokraten (KDU-ČSL). Pavel Bělobrádek ist christdemokratischer Vorsitzender:

„Solange nicht klar ist, ob es eine geeinte Fraktion der Sozialdemokraten gibt und wer für sie spricht, haben Verhandlungen für uns keinen Sinn.“

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Die Partei Ano erwägt die Tolerierung einer Koalition aus ČSSD und Christdemokraten. Zu den Streitigkeiten innerhalb der Sozialdemokraten äußerte sich Parteichef Andrej Babiš kritisch. Man wolle berechenbare Partner, die sich an die Regeln halten, ließ der Milliardär ausrichten.