„Gedämpfte Stimmung“ – Marco Zimmermann über Reaktionen der Sozialdemokraten

Bohuslav Sobotka (Foto: ČTK)

Die Sozialdemokraten haben die Wahlen gewonnen, sie haben auch in praktisch allen Umfragen vor den Wahlen geführt. Doch die Reaktionen auf die Wahlergebnisse in der Parteizentrale der Sozialdemokraten, dem Lidový dům (Volkshaus) in Prag, sind verhalten. Dazu ein Gespräch mit Marco Zimmermann, der das Geschehen dort verfolgt.

Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Marco, du bist am Parteisitz der Sozialdemokraten. Wie ist die Stimmung vor Ort auf die Wahlergebnisse?

„Die Sozialdemokraten haben in den Umfragen lange vorne gelegen. Anfangs noch mit 33 Prozent, später dann etwas schlechter. Die Partei hat die Latte nun selbst sehr hochgelegt und 30 Prozent als Erfolg als ausgegeben. Allerdings war hier in der Parteizentrale nach der Bekanntgabe des aktuellen Ergebnisses von nur 22 Prozent eine deutliche Enttäuschung zu vernehmen. Schon zurvor sagte Sobotka in einem kurzen Statement, dass ein starkes Mandat wichtiger wäre als 30 Prozent zu erreichen. Man hatte da bereits die Erwartungen gedämpft. Als dann das endgültige Ergebnis veröffentlicht wurde, merkte man, dass die Stimmung der Parteimitglieder und aller Anwesenden gedrückt war. Als Sobotka vor die Kameras trat, musste er einräumen, dass das ursprüngliche Ziel nicht erreicht wurde - um knappe acht Prozent weniger. Aber man wolle nicht in die Opposition gehen, so Sobotka. Seine Partei sehe sich in der Verantwortung eine Regierung zu bilden.“

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Insgesamt sieben Parteien scheinen nun in das Tschechische Abgeordnetenhaus einziehen zu können. Gab es denn von Sozialdemokratenchef Sobotka oder anderen schon konkrete Aussagen zum Vorgehen?

„Sobotka hat definitiv nur ausgeschlossen, mit der ehemaligen Regierungspartei ODS und der Top 09 von Karel Schwarzenberg in eine Koalition zu gehen. Nach dem derzeitigen Wahlergebnis hätte das auch wenig Sinn. Das hat er zwei- bis dreimal deutlich gemacht. Allerdings betonte er, dass er generell kein Problem damit hätte, mit Parteien von Links und Rechts zu koalieren, die die Verantwortung für den tschechischen Staat übernehmen wollen. Das schließt nun nicht ausdrücklich die ANO-Partei von Andrej Babiš aus. Sobotka wurde auch auf das Abschneiden von ANO angesprochen. Daraufhin äußerte er sich, dass man erst einmal die Mandatsverteilung abwarten müsse. Es würde dann das Programm der Sozialdemokraten im Vordergrund stehen, und man müsse zunächst einmal in Verhandlungen treten über dessen gemeinsame Umsetzung. Von einem Ausschluss einer Koalition mit ANO ist das weit entfernt. Sobotka lehnt dies also generell nicht ab. Sein Stellvertreter und größter Widersacher innerhalb der ČSSD, Michal Hašek, machte vorab deutlich, dass man die Partei von Babiš überhaupt nicht politisch inhaltlich verorten könne. Für mich klang es danach, als wolle man erst einmal hören, was ANO sagen wird, und sich dann erst entscheiden, ob man sich dann gemeinsam zusammensetzt.“

Miloš Zeman  (Foto: ČTK)
Gab es dann irgendwelche Reaktion bei den Sozialdemokraten auf das Abschneiden von anderen Parteien - beispielsweise von der von Staatspräsidenten Zeman gegründeten Partei SPOZ oder der Partei ANO des Milliardärs Andrej Babiš?

„Bohuslav Sobotka hat ganz deutlich das Abschneiden der SPOZ als klare Niederlage von Staatspräsident Miloš Zeman bezeichnet. Man konnte dabei eine gewisse Genugtuung darüber beobachten. Sobotka war unter Druck geraten vom Zeman-freundlichen Flügel seiner Partei. Nach dem Ergebnis wurde nun der Druck von ihm genommen, eventuell zusammen mit der SPOZ und Miloš Zeman Politik machen zu müssen. Sobotka betonte wiederholt, dass man Zeman davor gewarnt habe, sich in den Wahlkampf auch auf Seiten der SPOZ einzumischen. Durch das Wahlergebnis der SPOZ sei Zeman deutlich von der Bevölkerung abgestraft worden. Weitere Äußerungen hinsichtlich dem Abschneiden von ANO gab es noch nicht, außer dass man die Verteilung der Mandate abwarten müsse und ob man bei einem Bündnis das Programm der ČSSD überhaupt durchsetzen könne.“