Manfred Franke: Kindern eine Chance geben
„Kinder sind die Hoffnung unserer Zukunft“, nach diesem Motto handelt die tschechische Nicht-Regierungs-Organisation „Chance 4 Children“. Sie wurde vor 15 Jahren von dem Deutschen Einwanderer Manfred Franke gegründet und unterstützt vor allem Kinder, deren Zuhause das Waisenheim ist. Aber auch andere bedürftige Kinder können sich auf die Hilfe von „Chance for Children“ verlassen. Mit Programmen wie beispielsweise Dr. Clown versuchen Manfred Franke und die restlichen Mitarbeiter der Hilfsorganisation getreu dem Motto „lachen macht gesund“ kranken oder traumatisierten Kindern wieder ein Lachen ins Gesicht zu zaubern und ihr Leiden so vergessen zu machen. Wie es genau zur Gründung von „Chance for Children“ kam und womit sich die Organisation sonst noch beschäftigt, erzählt uns Manfred Franke im Gespräch mit Radio Prag.
Herr Franke, Sie sind Begründer und Vorsitzender der Kinderhilfsorganisation „Chance for Children“. 1995 sind Sie mit Ihrer Familie nach Tschechien gezogen – wie kam es dann dazu, dass Sie als Deutscher eine tschechische Hilfsorganisation gründeten?
„Ich glaube, es wäre fast ein wenig anmaßend von mir, zu sagen, dass ich mich vor 15 Jahren eines schönen Tages hingesetzt hätte und ein Entscheidung traf eine erfolgreiche und weit reichende humanitäre Organisation namens „Chance for Children“ zu gründen – eine Organisation, die dann 15 Jahre später jährlich Hilfeleistungen in Millionenhöhe für bedürftige Kinder hier in Mitteleuropa bereitstellen wird. Das wäre anmaßend, so ist es eigentlich nicht passiert. „Chance for Children“ hat quasi selbst entwickelt. Ich habe nur ein paar Ruderschläge am Steuer dieses Schiffes gemacht und mache das auch heute noch. Aber ich muss wirklich viel Kredit an dieses wunderbare junge Team von Leuten geben, die mit mir arbeiten und die auf sehr aufopferungsvolle und selbstlose Weise agieren und in den verschiedenen Bereichen, wo sie zuständig sind, auch sehr selbstständig arbeiten. Das heißt also, es ist eine Organisation, die sehr eigenständig fungiert.“
Aber wie kam es denn nun direkt zu dieser Gründung? Was war der ausschlaggebende Punkt?
„Ich glaube, der ausschlaggebende Punkt waren meine eigenen fünf Kinder. Meine Frau und ich haben fünf Kinder aufgezogen und da wir, wo immer wir waren, für andere Kinder, die nicht so viel Glück hatten, die elternlos waren – für diese Kinder wollten wir auch immer, dass sie das haben, was unsere eigenen Kinder haben. Wir haben uns also immer schon in unserer Nachbarschaft umgeschaut, ob es ein Weisenhaus oder ein Kinderheim gibt, dem wir zu Weihnachten oder zu Ostern Geschenke bringen können oder für die wir mit unseren eigenen Kindern Ballons machen können. Und so fing es eigentlich hier in der Tschechischen Republik an. Es gab da ein Weisenhaus hier in unserer Nähe, in Ledce, das war damals nach der Wende noch in einer furchtbaren Verfassung – außen, wie auch innen. Die Kinder hatten sehr wenig zum Leben und es war sehr bedrückend in diesem Heim zu sein. Und wir haben uns dann da einfach einmal angemeldet und haben angefangen den Kindern zu Weihnachten ein paar Geschenke zu bringen und zu Ostern Ostereier – was die Kinder hier gar nicht kannten. Es fing also alles mit einem kleinen Kinderheim hier in der Nähe an.“Doch worin bestand jetzt für sie konkret die Notwendigkeit eine solche Organisation in Tschechien ins Leben zu rufen?
„Was als nächstes geschah, war, dass ich feststellte, dass es in diesem Heim große Bedürfnisse gab und ich habe mich dann an Freunde in Deutschland gewand, die zum Teil Manager, zum Teil Geschäftsleute waren, zum Teil auch große Warenketten wie Lidl und Aldi und habe ihnen diese Bedürfnisse unterbreitet. Und die haben dann in einer ganz wundervollen Art und Weise reagiert und es kamen dann auf einmal Warenlieferungen bei uns an, die die Bedürfnisse dieses einen Heimes weit überschritten. Es waren also ganze Lastwagenladungen mit Kleidung, Teppichen – Sachen, die wirklich gut geeignet für Kinderheime waren. Aber sie überschritten die Bedürfnisse dieses einen Heimes. Und dann haben wir uns nach anderen Heimen umgeschaut. Und daraus entwickelte sich dann peu à peu „Chance for Children“. Und heute, 15 Jahre später, beliefern wir über 330 Heime in der Slowakei und der Tschechischen Republik mit Hilfsleistungen und nicht nur humanitären Hilfsleistungen, sondern auch mit Lehrmaterialien und Programmen, die darauf ausgerichtet sind den Kindern eine Grundlage zu geben, sodass sie später im Leben auf eigenen Füßen stehen können.“
Können Sie uns noch anhand von verschiedenen Projekten und Programmen, die Sie gerade haben, Ihre Arbeit konkret vorstellen?
„Also heute, 15 Jahre später, steht „Chance 4 Children“ auf drei eigenständigen Beinen. Eines ist das Robin-Hood-Programm, das darauf ausgerichtet ist, humanitäre Hilfeleistung für Kinderheime in Millionenhöhe bereitzustellen - von deutschen und skandinavischen Kleidungs- und Schuhherstellern, die wir dann an Heime verteilen. Zum anderen haben wir unser Smart-Kids-Programm. Das ist darauf ausgerichtet, Kindern in Heimen eine Bildung zu vermitteln. Eine Bildung entweder in handwerklichen Berufen, wie zum Beispiel Haare schneiden, backen und kochen, aber auch Fremdsprachen, wie Englisch, vermitteln. Und unsere neueste Initiative, die wir jetzt gerade angefangen haben, ist ein Computerlehrgang, bei dem sie einen Abschluss – ein regelrechtes Diplom – in IT-Technologie bekommen können. Von einem Lehrer – oder bald hoffentlich mehreren Lehrern, die in die Heime selbst mit einem Van und zehn Laptops reisen und dort Stunden für diese Kinder abhalten, damit sie auch diese Abschlüsse bekommen können. Und damit sie auch später im leben eine Chance haben und nicht, wie es leider oft ist, auf irgendwelche krummen Bahnen geraten und Karrieren wie Kriminalität oder Prostitution für ihr Leben wählen.“
Und wie finanzieren Sie diese ganzen Projekte?
„Unterschiedlich. Ich habe die ersten fünf Jahre eigentlich die ganze Sache mit einigen Freunden mehr oder weniger selbst produziert. Vor ungefähr zehn Jahren wurde uns aber klar, dass die Organisation jetzt so groß war, dass es also auch andere Finanzierungsmöglichkeiten geben musste und wir haben uns dann erstmal an den privaten Sektor gewandt, also an die internationalen Firmen, die hier in der tschechischen Republik und in Prag agierten, wie zum Beispiel Nokia, Vodafone, Unilever. Und haben dort und haben dort eigentlich eine sehr, sehr gute Resonanz gefunden und wurden von diesen Firmen für die letzten Jahre mehr oder minder finanziert. Das hat sich jetzt mit der Krise ein bisschen geändert und wir sind jetzt auf gut deutsch auch ein bisschen ins Schleudern geraten, weil natürlich die ersten Gelder, die gestrichen werden, die Spendengelder sind. Und wir müssen jetzt schon etwas kämpfen, aber wir haben bis jetzt keines unserer Programme einschränken müssen.“
Was wünschen Sie sich für die Zukunft von „Chance 4 Children“?
„Wir wünschen uns für die Zukunft, dass wir als Organisation – das mag komisch klingen – aber dass wir als Organisation nicht mehr gebraucht würden, dass die Gesetzgebung in der tschechischen Republik sich dahingehend ändern würde, dass diese Kinderheime nicht mehr notwendig wären, dass diese Kinder schon früh adoptiert werden können. Das braucht aber einige ganz gezielte Gesetze, die die tschechische Regierung aber im Moment, glaube ich, noch nicht willens ist, anzugreifen. Aber das wäre unser Traum und das wäre das Ende von „Chance 4 Children“ als solches. Aber damit wäre wir sehr zufrieden, wenn das so kommen würde.“
Dann danke ich Ihnen sehr für das Gespräch. Und wünsche Ihnen weiterhin natürlich viel Erfolg mit Ihrer Organisation.
„Nichts zu danken.“