Start ins eigene Leben: Tutoren für Heimkinder
In Tschechien leben immer noch relativ viele Kinder in Heimen. Dabei ist für sie der Übergang in ein selbstbestimmtes Leben relativ schwer. Der Staat gibt nur geringe Unterstützung. Deswegen will ein Verein nun in die Bresche springen. Er schickt sogenannte Tutoren in die Einrichtungen.
„Ich hatte eine Praxiseinheit an der Schule, Fachgebiet Bäcker. Das ist etwas, was ich mir auch für meine Zukunft vorstelle. Ich möchte einmal eine eigene Bäckerei haben, in die dann viele Kunden kommen.“
Freiwillige Tutoren sollen ab kommendem Jahr solchen Jugendlichen wie Monika helfen. Es ist ein Projekt von „Mimo domov“ (Außer Haus). Die NGO plant, mehrere Dutzend Tutoren in die Heime zu schicken. Es geht darum, die jungen Menschen zum Beispiel bei Behördengängen zu beraten. Vor allem aber brauchen sie ein Dach über dem Kopf und Arbeit. Klára Chábová ist Vorsitzende von „Mimo domov“:
„Die Jugendlichen wissen beispielsweise nicht, dass sie erst einmal aufs Arbeitsamt gehen und sich dort erwerbslos melden können. Viele wissen auch nicht, dass sie mit der Krankenkasse in Kontakt treten müssen. Und es gibt noch weitere Dinge, die einfach erledigt werden müssen, um nicht in Schulden zu geraten. Studien zeigen, dass die Jugendlichen der Übergang ins Erwachsenenleben traumatisieren kann. Dann haben sie meist Probleme, schwierige Situationen zu bewältigen.“Insgesamt leben hierzulande zwischen 6000 und 7000 Kinder und Jugendliche in Heimen. Etwa 250 bis 300 von ihnen verlassen jedes Jahr diese Einrichtungen. Dabei versorgen die Heime laut eigenen Aussagen die meisten für den Übergang mit einer Wohnung und einem Job. Zudem gibt es eine einmalige Zahlung in Höhe von 25.000 Kronen (knapp 1000 Euro), die den Start ins eigene Leben erleichtern soll.
Martin Lněnička ist stellvertretender Vorsitzender des tschechischen Verbandes der Kinderheime. Seinen Angaben nach schaffen nur 40 Prozent der männlichen und 60 Prozent der weiblichen Jugendlichen den Schritt zur Selbstbestimmtheit.
„Wichtig ist, dass die Jugendlichen mit 18 Jahren erst einmal noch auf freiwilliger Basis im Heim bleiben. Dann erhöht sich die Chance, auch das Leben außerhalb erfolgreich zu meistern. Jene jedoch, die dann zu ihren biologischen Eltern zurückkehren, schlittern meist wieder zurück in die früheren Probleme der Familie. Nicht selten kopieren sie das Leben der Eltern, die nicht arbeiten und von Sozialhilfe leben. Sie schaffen es nicht, einen Tagesablauf aufzubauen, bei dem sie regelmäßig in die Arbeit gehen“, so Lněnička.Die Regierungsbeauftragte für Menschenrechte, Helena Válková (Partei Ano), hält das aber nicht für das einzige Problem:
„Eines der wichtigsten Bedürfnisse des Menschen ist, sich nicht einsam zu fühlen. Dazu braucht man psychotherapeutische Hilfe. Die gibt es aber nicht, weil dafür die Kapazitäten fehlen.“
„Mimo domov“ will sein Tutorenprojekt zunächst erst einmal nur in Prag und Mittelböhmen anbieten. Erst in der Folge ist geplant, es auch auf weitere tschechische Regionen auszuweiten.