Mehr Arbeitsplätze für Behinderte: mit dieser Forderung ging am Samstag in Prag das internationale Seminar PROINVA zu Ende

Ramiro Cibrian

Vielleicht können Sie sich liebe Hörerinnen und Hörer, an unseren Beitrag vom vergangenen Dienstag erinnern, als wir über Hindernisse berichteten, die geistig und körperlich behinderte Menschen erwarten, wenn sie sich auf dem tschechischen Arbeitsmarkt durchsetzen wollen. Ein erster Schritt zur Verbesserung dieser misslichen Situation wurde vor wenigen Tagen getan. Das erste internationale Seminar PROINVA zum Thema Arbeitsmöglichkeiten für Behinderte ging am Wochenende in Prag zu Ende. Ein Bericht von Daniela Kralova.

Das Seminar war ein Erfolg. Aus Deutschland, Ungarn, Schweden und Österreich reisten Vertreter staatlicher Organisationen sowie verschiedener Initiativen nach Prag an, um ihre Erfahrungen im Bereich Arbeitsmöglichkeiten für Behinderte austauschen zu können. Es war überhaupt das erste internationale Seminar in Tschechien mit einer derartigen Thematik, und die Teilnehmer wurden sich einig, dass solche Veranstaltungen auch in der Zukunft stattfinden müssen. Warum sich gerade die Seminarform bewährte, fragten wir den PDS-Abgeordneten des Deutschen Bundestages und Rollstuhlfahrer Ilja Seifert, der in Prag anwesend war:

Als Resultat ihres Treffens einigten sich die Seminarteilnehmer darauf, dass Veränderungen in der tschechischen Legislative notwendig sind, damit für Behinderte mehr Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden können. Erst wenn die Beseitigung der Diskriminierung auf einer rechtlichen Grundlage basiert, können mehr Behinderte, als es gegenwärtig der Fall ist, eine Arbeit finden. Aber nicht nur die Gesetze, sondern auch eine gesellschaftliche Wahrnehmung der Behinderten und ihrer Stellung auf dem Arbeitsmarkt müsse sich in der Mehrheitsgesellschaft ändern. Dazu Ilja Seifert:

Ramiro Cibrian
Einen Vortrag fanden viele der Teilnehmer besonders interessant: Ramiro Cibrian, der EU-Botschafter in der Tschechischen Republik, sprach in ihm von einem Wahrnehmungswandel, der sich zur Zeit innerhalb der Europäischen Union vollzieht: Nicht mehr aus der Sicht der Wohltäter betrachte die Mehrheitsgesellschaft die behinderten Mitmenschen, sondern immer mehr als gleichwertige Partner, die durch ihre Differenz die Gesellschaft bereichern. Von einer solchen Sicht ist Tschechien noch weit entfernt, obwohl die ersten legislativen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation bereits vorgenommen werden. Ein Seminar wie PROINVA kann dennoch mit Sicherheit langfristig zu einer grundlegenden Verbesserung beitragen.

Autor: Daniela Kralova
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