"Mein Prosec und Thomas Mann"
In den 30er Jahren ist der Name eines ostböhmischen Städtchens um die Welt geflogen: Prosec. Gerade diese Stadt hat damals den Schriftstellern Thomas und Heinrich Mann das Heimatrecht erteilt, als sie sich auf der Flucht vor Hitler-Deutschland befanden. Mehr hören Sie dem folgenden Beitrag von Markéta Maurová.
"Mein Prosec und Thomas Mann" heißt ein kleines Memoirenbuch, das dieser Tage im Buchverlag Trinitas erscheint. Seine Autoren sind der 90jährige Arzt aus Prosec, Vaclav Vojtech Tosovsky, und die Editorin Marie Rut Krizkova. Doktor Tosovsky erinnert sich darin an seine Geburtstadt, die in der zweiten Hälfte der 30er Jahre den Brüdern Mann Zuflucht bot. Ohne das Domizilrecht in einer tschechoslowakischen Gemeinde hätten sie die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft nicht erhalten können, die für sie nach der Flucht aus Deutschland die Rettung bedeutete. Warum gerade Prosec, fragte ich die Literaturhistorikerin Marie Rut Krizkova? "In Prosec lebte Bernard Kosiner, ein Mitarbeiter und der erste Theoretiker des Tschechoslowakischen Rundfunks, der Freunde in Prag hatte: Jaroslav Jezek und Professor Kozak. Diese pflegten nach Prosec zu fahren und machten sich dort mit Kosiners Schwager Rudolf Fleischmann bekannt. Sie informierten Fleischmann, dass die Brüder Mann Hilfe brauchen und verabredeten alles mit ihm. Rudolf Fleischmann war die wichtigste Person, die den Bürgermeister und den Stadtrat von Prosec überzeugte, Thomas Mann das Domizil zu erteilen."
Thomas Mann hat später in Begleitung seiner Frau Katja und seines Sohns Golo Prosec persönlich besucht. Vaclav Vojtech Tosovsky erzählt, wie er, damals ein junger Medizinabsolvent, den Schriftsteller getroffen hat:
"Das war in Prosec, im Rathaus, im Januar 1937. Es bot sich die Gelegenheit, als Thomas Mann nach Prosec kam, weil er der Stadt danken wollte. Wir haben, glaube ich, 10 oder 15 Minuten gesprochen: über die Medizin, weil ich ein junger Doktor war, und über die "Budenbrooks", die mir Mann als Geschenk gegeben hat."
Thomas Mann blieb bis Juni 1944 tschechoslowakischer Staatsbürger, dann wurde er zum US-Staatsangehörigen. Sein Bruder Heinrich hat zwar Prosec nie besucht, blieb jedoch bis zu seinem Tod im Jahre 1950 dessen Bürger. Heute erinnert in Prosec eine "Straße der Brüder Mann" an die beiden Schriftsteller.