Brittens „Tod in Venedig“ zum ersten Mal in Tschechien aufgeführt
Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“ hat nicht nur Luchino Visconti zum gleichnamigen Film inspiriert. Komponist Benjamin Britten hat, ohne den Film gesehen zu haben, Manns Werk einige Jahre nach dessen Verfilmung vertont. Brittens Oper „Tod in Venedig“ wurde in diesen Tagen zum ersten Mal in Tschechien aufgeführt. Die Staatsoper Prag inszenierte die Oper in einer internationalen Koproduktion.
Mit einem lange dauernden Beifall hat das Publikum die Künstler belohnt, die Brittens dreistündige Oper einstudiert haben. Glänzend waren nicht nur die Solisten - sowohl Alan Oke in der Hauptrolle als auch Peter Savidge, der gleich sieben Rollen gesungen hat. Regie führte der Japaner Yoshi Oida, der als Schauspieler, Schriftsteller und Theater- und Opernregisseur seit 40 Jahren in Europa tätig ist. Ein menschliches Wesen sei für ihn ein schönes und oft widersprüchliches Rätsel, sagte Oida:
„Ich suche in meiner Regiearbeit immer danach, wie man das Leben eines konkreten Menschen darstellen kann. Meine Regie, ob es sich um Tanz, Theater oder Oper handelt, ist auf diese Suche ausgerichtet. Es ist immer dasselbe Thema.“
Auch die Buchvorlage Thomas Manns betont Oida zufolge das Rätselhafte menschlicher Entscheidungen. Oida führte Regie mit viel Respekt zu Benjamin Brittens Oper. Bei der Inszenierung nutzte der Japaner seine für Europäer etwas exotische kulturelle Erfahrung mit dem Tod als einem selbstverständlichen Bestandteil des Lebens aus. Thomas Manns Text habe er dabei aber immer im Kopf gehabt, sagt Oida:
„Diese Oper ist nach der Vorlage von Thomas Mann entstanden. Aus dem Grund ist es notwendig, zu verstehen, was Thomas Mann geschrieben hat. Ich habe die Novelle einige Mal gelesen. In meiner Inszenierung erzähle ich die Geschichte über das Lebensende eines Mannes. Sein Verhalten kann ich jedoch nicht erklären. Ich kann nur zeigen, wie überraschend und geheimnisvoll das Leben jedes Menschen ist. Die Hauptfigur vom ´Tod in Venedig´ hat die Möglichkeit des Todes akzeptiert. Es war eigentlich ein passiver Selbstmord. Dabei fiel mir eine Parallele mit dem japanischen Schriftsteller Yukio Mishima auf, der 1970 Harakiri verübt hat. Er kannte meiner Meinung nach die Werke von Thomas Mann. Auch viele andere japanische Künstler sind mit Thomas Manns Werken und seiner Philosophie vertraut.“
Benjamin Brittens „Tod in Venedig“ wird in Prag in der Zusammenarbeit mit den Festivals in Aldeburgh und in Bregenz sowie mit den Opernhäusern in Lyon und in Toronto aufgeführt.