Mertlik begründet Rücktritt mit zu geringer Stärkung seiner Funktion
Zum Anhören des folgenden Beitrags im Format Real Audio klicken Sie bitte hier: Mit dem "großen Knall", einem aufwendigen Investitionsprogramm zur Sanierung der tschechischen Wirtschaft, wollte sich Industrie- und Handelsminister Miroslav Gregr besonders hervortun. Mehr noch: mit diesem Programm wollte er auch mehr Einfluss auf die Finanzpolitik des tschechischen Staates gewinnen. Doch der große Knall erfolgte (vorerst) am Dienstag mit dem Rücktritt von Finanzminister Pavel Mertlik. Bei der Begründung seines Rücktritts spielte das "Knallprojekt" seines Widersachers keine unwesentliche Rolle. Mehr dazu von Lothar Martin.
Auch wenn der Rücktritt des Chefs im Finanzressort für viele überraschend kam, bei näherem Hinsehen hatte sich dieser Schritt schon länger abgezeichnet. Was Mertlik dann auch wie folgt darstellte: "Der Finanzminister ist der verlängerte Arm oder wenn Sie so wollen die rechte Hand des Premiers und in der Regierung hat er jenes Maß an Unterstützung, das ihm der Premier gewährt."
Deshalb sei es unabdingbar, dass der Finanzminister die entsprechende Rückendeckung seines Chefs habe, äußerte Mertlik, und erklärte: "Ich persönlich bin davon überzeugt, dass diese Rückendeckung in den letzten Monaten nicht diejenige war, damit ich diese Funktion effektiv ausüben kann. Denn das war genau der Grund dafür, warum ich zunehmend wichtige Entscheidungen innerhalb des Kabinetts nicht mehr ernsthaft beeinflussen konnte."
Mit dieser Kernaussage als Begründung seines Rücktritts trat (Noch-) Finanzminister Mertlik anderweitigen Behauptungen entgegen, die er so dementierte: "Einige Kommentatoren und insbesondere einige Politiker, namentlich Vaclav Klaus, sprachen davon, dass mein Rücktritt in einem gewissen Zusammenhang mit dem letztjährigen Einschreiten des Zwangsverwalters bei der IPB-Bank und der danach erfolgten Übernahme des Kreditinstituts durch die Tschechoslowakische Handelsbank stehen dürfte. Doch das trifft nicht zu."
Vielmehr sei die sozialdemokratische Regierung, so Mertlik, zuletzt immer mehr von ihrer einst verabschiedeten nationalen Finanzkonzeption abgewichen, in deren Dokumentation 1998 die sog. Wirtschaftsstrategie zum Beitritt der Tschechischen Republik in die Europäische Union berücksichtigt wurde. Begonnen habe dies damit, dass Wirtschaftsminister Gregr bereits im Frühjahr 1998 eine alternative Konzeption vorgelegt und diese auch weiter verfolgt habe, äußerte Mertlik und führte an: "Das Problem liegt darin, dass wir uns in den zurückliegenden Monaten, und das meiner Meinung nach seit Mitte vergangenen Jahres, in einzelnen Schritten von dieser Strategie entfernt haben. Zudem ist zu befürchten, dass wir dies mit den nächsten Schritten weiter tun werden, wie zum Beispiel mit dem von Wirtschaftsminister großangekündigten Plan des´großen Knalls´".
Der Gründe für seinen Rücktritt gebe es noch weitaus mehr, sagte Mertlik, wie zum Beispiel die Verzögerungen bei der Privatisierung der Energiewirtschaft. Doch da er - um im Bild zu bleiben - nicht dafür Rechenschaft ablegen will, wenn der "Große Knall" mit einem Scherbenhaufen endet, musste er nun für den etwas kleineren Knall, den seines Rücktritts sorgen. Doch es bleibt zu befürchten, dass er nicht ausreichen wird, um die Chefpolitiker der Sozialdemokratie zum Überdenken einiger ihrer Positionen zu bewegen.