Keine rosige Zukunft – Neue Arbeitsmarktstatistiken warten mit roten Zahlen auf

Für viele war es ein Schock als am Montag das Arbeits- und Sozialministerium die Arbeitsmarktdaten für den Februar bekannt gab. Ein so schneller Anstieg der Arbeitslosenquote war auch von Analysten nicht erwartet worden. Patrick Gschwend berichtet.

Fast 430.000 Menschen waren im Februar in Tschechien ohne Arbeit, das sind 7,4 Prozent der Erwerbsfähigen. Gegenüber dem Januar bedeutet das einen Anstieg der Quote um 0,6 Prozent. Analysten hatten zwischen 0,1 und 0,3 Prozent vorhergesagt. Die absoluten Zahlen sprechen für sich: Im vergangenen Monat verloren jeden Tag durchschnittlich etwa 1000 Menschen ihren Arbeitsplatz. David Marek, Analyst der Investmentbank Patria Finance, spricht die unangenehme Wahrheit aus:

„Ganz eindeutig ist die tschechische Wirtschaft damit von der Finanzkrise und der Rezession in der Eurozone mit voller Wucht erfasst worden. Die Firmen müssen entlassen. Sie haben keine Aufträge mehr und müssen ihre Ausgaben senken.“

Ein Beispiel aus den Regionen: Im mährischen Bezirk Havlíčkův Brod stieg die Arbeitslosenquote im Februar um über 20 Prozent, so viel wie nirgendwo sonst in Tschechien. In dem Bezirk steht ein Glaswerk, das zur insolventen Unternehmensgruppe Bohemia Crystalex Trading gehörte. Martin Kouřil, der Leiter des Arbeitsamtes in Havlíčkův Brod, rechnet vor:

Foto: ČTK
„Der Zuwachs war in der Tat sehr hoch. 1000 neue Arbeitslose haben sich bei uns gemeldet. Damit liegt unsere Arbeitslosenquote nun bei 8,4 Prozent.“

Landesweit betrachtet steht Havlíčkův Brod damit aber sogar noch recht gut da. Schon traditionell am meisten unter hoher Arbeitslosigkeit leidet der nordböhmische Bezirk Most, und zwar mit einer Quote von 14,7 Prozent. Ähnlich dramatisch sieht es in einigen Gegenden in Ost- und Südmähren aus. Lediglich in und um Prag scheint die Situation erträglich. In der Hauptstadt sprechen Ökonomen bei einer Arbeitslosenquote von knapp über zwei Prozent nahezu von Vollbeschäftigung.

Ein Licht in der Dunkelheit schienen auch die Daten zur Lohnentwicklung zu sein, die das Tschechische Statistikamt am Montag herausgab. Im Jahresvergleich sind die Durchschnittseinkommen hierzulande um 8,5 Prozent gestiegen, so stark wie seit dem Jahr 2001 nicht mehr. Doch an der Rechnung ist etwas faul, wie Pavel Mertlík, Analyst der Raiffeisenbank, zu bedenken gibt:

„Viele Unternehmen haben entlassen. Der Grund für den scheinbar hohen Anstieg der Einkommen ist daher in den Abfindungszahlungen an die Angestellten zu suchen, deren Arbeitsverhältnis in diesem Zeitraum beendet wurde.“

Die übrigen Wirtschaftsdaten könnten also in den kommenden Monaten auch noch in die Tiefe gerissen werden. Denn ein Ende des Negativ-Trends ist nicht in Sicht. Sämtliche Experten gehen von einem weiteren Steigen der Arbeitslosigkeit aus. Pessimistische Schätzungen rechnen bis Ende des Jahres mit fast 580.000 Arbeitslosen in Tschechien. Das wären 10 Prozent der Erwerbsfähigen.