Tschechiens Wirtschaft auf der Talsohle angelangt
Der Internationale Währungsfonds sagt voraus, dass die tschechische Wirtschaft 2009 um 1,3 Prozent schrumpfen wird. Mit dieser Prognose steht der IWF nicht allein da. Das tschechische Finanzministerium schätzt die Entwicklung der heimischen Wirtschaft sogar noch kritischer ein. Es rechnet für dieses Jahr mit einem Minus von 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ende 2008 hatten beide Institutionen noch ein Wachstum vorhergesagt. Die aktualisierten Prognosen spiegeln den Abwärtstrend wider, der die tschechische Wirtschaft im letzten Quartal 2008 erfasst hat.
Schon den fünften Monat in Folge ist im Februar die Leistung der tschechischen Industrie eingebrochen. Die Erzeugung von Industriegütern nahm gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres um 23,4 Prozent, also um fast ein Viertel, ab. Deutlich zurückgegangen ist auch die Bautätigkeit, sie sank um 14,2 Prozent. Vertreter der Baubranche führen die Abschwächung jedoch nur zum Teil auf die Rezession zurück, sie sei auch eine Folge des strengeren Winters.
Auch wenn nicht jede schlechte Nachricht auf das Konto der Finanz- und Wirtschaftskrise geht: Die nun veröffentlichten Kennzahlen für den Monat Februar würden darauf hinweisen, dass die tschechische Wirtschaft auf der Talsohle der Rezession angekommen sei. So die Einschätzung des Chefökonoms der Raiffeisenbank, Pavel Mertlík:„Eine offene Frage ist, wie es nun weitergeht. Die Geschichte lehrt uns, dass eine solche Talsohle nicht die letzte sein muss. Krisen können mehrere Tiefpunkte haben. Außerdem - und das halte ich für sehr wichtig - können wir selbst dann, wenn die Wirtschaftsleistung nicht mehr sinkt, noch nicht davon sprechen, dass die Wirtschaft das Schlimmste schon hinter sich habe. Denn sie kann sich noch relativ lange auf der Talsohle weiter bewegen.“
Wann die Unternehmer Licht am Ende des Tunnels erblicken, sei also ungewiss. Das hänge wegen des Exports nicht zuletzt maßgeblich von der wirtschaftlichen Erholung der Länder der Eurozone ab. Zu erwarten ist Mertlík zufolge außerdem ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit.
„Auf die Beschäftigung wirkt sich die Konjunktur mit erheblicher Verzögerung aus. Den größten Anstieg der Arbeitslosenzahlen erwarten wir erst irgendwann im ersten Quartal des kommenden Jahres.“Rückläufig ist auch die Verbrauchskonjunktur. Die Konsumenten halten sich bei Einkäufen spürbar zurück. Die Erlöse des Einzelhandels sind im Februar so stark gesunken wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das gab das Statistische Amt bekannt. Der Grund für die Kaufzurückhaltung sei die Furcht vor einer ungewissen Zukunft, so der Analytiker der Tschechischen Handelsbank, Petr Dufek.
„Hinter den schlechten Ergebnissen des Einzelhandels stehen Zukunftsängste. Die Konsumenten machen sich Sorgen, was noch auf sie zukommen könnte. Ob sie zum Beispiel ihren Arbeitsplatz verlieren oder ihre Gehälter gekürzt werden. Deshalb schränken sie sich bei den Ausgaben ein.“
Sollte sich die Lage der Weltwirtschaft weiter verschlechtern, könnte die heimische Wirtschaftsleistung in diesem Jahr sogar um bis zu 2 Prozent zurückgehen, schätzt das Finanzministerium.