Mikolas Josef feiert tschechisches Top-Ergebnis bei Eurovision Song Contest

Mikolas Josef (Mitte). Foto: ČTK

Der Eurovision Song Contest und der musikalische Beitrag aus Tschechien – das passte bisher nicht. Seit Samstag aber ist das Eis gebrochen: Sänger Mikolas Josef wurde in Lissabon Sechster von 26 Teilnehmern und landete so einen historischen Achtungserfolg.

Mikolas Josef  (Mitte). Foto: ČTK
Am vergangenen Samstag war es wieder soweit: Als die Hymne der Eurovision erklang, saßen erneut rund 250 Millionen Zuschauer aus Europa, Australien und Israel gespannt vor den TV-Geräten. Sie verfolgten über drei Stunden lang, wer zum 63. ESC-Sieger gekürt wird. Erst zum zweiten Male nach 2016 war Tschechien im Finale vertreten, diesmal durch den Interpreten Mikolas Josef. Mit seinem Titel „Lie To Me“ hatte sich der 22-jährige Prager vier Tage zuvor im ersten Halbfinale behauptet und den Finaleinzug geschafft, was ihn freute:

„Ich habe es genossen, als feststand, dass wir es geschafft haben. Unser Weiterkommen ist für uns Freude und weitere Motivation zugleich.“

Josef war zudem stolz, als eigentlicher Straßenmusiker nun auch vor einem Saalpublikum von rund 20.000 Zuschauern gut performt zu haben. Denn in einer lockeren Talkshow des Tschechischen Fernsehens hatte er zuvor bekannt:

Mikolas Josef  (Foto: ČTK)
„Wenn ich das so einschätze, habe ich bisher zu 80 Prozent auf der Straße musiziert. Und in einer großen Halle bin ich bisher noch nicht aufgetreten. Wir werden sehen, ob ich nicht davonrenne.“

Das ist Mikolas Josef nun wirklich nicht. Im Gegenteil, er trat trotz eines schweren Probenunfalls an. Der Wahl-Wiener war bei einem Handstandüberschlag schwer gestürzt. Im Halbfinale verzichtete er zwar auf das schwierige Element, im Finale aber packte er den Salto wieder aus. Sehr zur Freude der begeisterten Zuschauer in der Halle, die seinen gelungenen Auftritt lautstark honorierten.

Die Zuschauer aus den 43 Teilnehmerländern waren es dann auch, die Josef weit nach vorn votierten. Nach der Auszählung der Juroren-Stimmen lag der junge Tscheche mit 66 Punkten nämlich noch im Mittelfeld auf Platz 15. Von den Zuschauern aber bekam Josef mit 215 Punkten die viertbeste Wertung, was ihn am Ende auf den sechsten Platz brachte. Zum Vergleich: Die Tschechin Gabriele Gunčíková landete 2016 mit 41 Punkten nur auf Platz 25.

Von der internationalen Fachwelt wurde Josefs ESC-Song indes sehr unterschiedlich bewertet. So schrieb beispielsweise der Editor des respektierten amerikanischen Internetportals BuzzFeed, dass „Josefs Tanzkreation und der außergewöhnlich einfallsreiche Text des Finalsongs ‚Lie to me‘ würdig waren für die ‚Goldmedaille‘“. Auf dem Portal Noisey, Bestandteil des populären Lifestyle-Magazins Vice, hingegen schimpfte der Autor der Rezension: „Dieses Lied sollte man mit Terpentin übergießen, anzünden und in den nächstliegenden Ozean ablassen.“

Netta Barzilai  (Foto: ČTK)
So unterschiedlich diese Meinungen sind, so unterschiedlich sind bekanntlich die Geschmäcker. Erst recht beim Eurovision Song Contest, der sich mittlerweile zur weltweit größten Unterhaltungsshow gemausert hat mit TV-Einschaltquoten, die nur noch von Olympia und einer Fußball-WM übertroffen werden. In einem aber waren sich Tschechien und die meisten Juroren wie Zuschauer am Samstagabend indes einig: Sie wählten Israel auf Platz eins und damit zum Gewinner des diesjährigen Eurovision Song Contests. Die Siegerin, die 25-jährige Netta Barzilai, konnte ihr Glück kaum fassen. Dann aber lud sie die ESC-Teilnehmer sogleich zum nächsten Wettbewerb im Jahr 2019 ein:

„Auf Wiedersehen nächstes Jahr in Jerusalem.“

Autor: Lothar Martin
schlüsselwort:
abspielen