Minister Vondra: Charakter des Warschauer Pakts drückt Okkupation von 1968 aus

Ein Jahrestag des Warschauer Pakts

In Tschechien wird dieser Tage an zwei militärpolitische Meilensteine erinnert, die vor 20 Jahren gelegt wurden: an den kompletten Abzug der Sowjettruppen aus der damals noch föderativen Tschechoslowakei und an die friedliche Auflösung des Warschauer Pakts. Das endgültige Vertragsende des Verteidigungsbündnisses wurde am 1. Juli 1991 im Prager Palais Czernin, dem Sitz des tschechischen Außenministeriums besiegelt. Dem Ende des Warschauer Paktes gilt auch eine zweitägige Konferenz mit dem Titel „Europa – vereint und frei“, an der am Montag und Dienstag zahlreiche Politiker aus Mittel- und Osteuropa teilgenommen haben.

Jiří Schneider,  Karel Schwarzenberg und Alexandr Vondra  (Foto: ČTK)
Als „eisernen Schraubstock zwischen Cheb und Wladiwostok“ bezeichnete der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg das Militärbündnis der ehemaligen Ostblock-Staaten, den Warschauer Pakt, auf der Konferenz in Prag. Zur Erinnerung: Der so genannte Warschauer Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand wurde am 14. Mai 1955 nach dem Vorbild der Nato zwischen den kommunistischen Staaten Europas geschlossen. Zuvor war die Bundesrepublik Deutschland der Nato beigetreten. Dem Warschauer Pakt gehörten maximal acht Länder an, von denen aber Albanien schon sehr früh, im Jahr 1968, wieder austrat, während die DDR ihre Mitgliedschaft mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 automatisch verlor. Die übrigen sechs Mitgliedsstaaten Bulgarien, Polen, Rumänien, die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und Ungarn lösten dann zum 31. März 1991 die militärischen Strukturen des Pakts auf und drei Monate später auch den Vertrag an sich. Eindeutiger Grund für das Ende des Pakts waren die politischen Umwälzungen in Osteuropa, die in den Ländern westlich der Sowjetunion auch eine Abnabelung von der Machtzentrale in Moskau vorsahen. Dieser Absicht aber stand immer noch die mächtige Drohgebärde der sowjetischen Militärmaschinerie gegenüber, erinnerte Schwarzenberg:

„Wir wussten alle nicht so recht, wie weit der Zerfall der Sowjetunion schon vorangeschritten und wie schwach das Riesenreich bereits wirklich war. Die großen Sowjetstreitkräfte verfügten ja immer noch über unzählige atomare und konventionelle Waffen, so dass uns nicht bekannt war, wie zerborsten das Regime schon längst war – auch wenn es einige Anzeichen dafür gegeben hat.“

Umso bedeutender wiege daher die Tatsache, dass sich die Spitzenpolitiker der ehemaligen Sowjetunion und der westlichen Großmächte damals sehr verantwortungsvoll verhalten hätten und es nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zu keiner Eskalation der militärischen Gewalt gekommen sei, würdigte Schwarzenberg auf der Konferenz. Er strich dabei besonders die Rolle des damaligen sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow heraus:

„Gorbatschow war sich der Folgen bewusst, falls es zu einer unkontrollierten Umrüstung der damaligen Welt gekommen wäre. Diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs waren immense Waffenarsenale stationiert, von daher hätte es zu einer riesigen Katastrophe kommen können. Gorbatschow hat sich deshalb in den Verhandlungen darum bemüht, dass dieser Prozess in friedlicher Weise ablief.“

Als einen Durchbruch in den Verhandlungen bewertet der tschechische Verteidigungsminister Alexandr Vondra den Besuch des damaligen tschechoslowakischen Präsidenten Václav Havel bei Gorbatschow in Moskau. Vondra zufolge sei es beiden Politikern relativ schnell gelungen, die Bedingungen für die formelle Zerschlagung der sowjetischen Machtstrukturen in Mitteleuropa zu formulieren. Darüber hinaus werde er dem Warschauer Pakt auch weiterhin keine Träne nachweinen, bedeutete Vondra:

Okkupation der Tschechoslowakei im Jahr 1968
„Den Charakter des Warschauer Vertrages kennzeichnet wohl am besten, dass die einzige große Militäraktion die Okkupation der Tschechoslowakei im Jahr 1968 war.“

Ex-Präsident Havel konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Konferenz teilnehmen. In einem Grußwort sagte er indes, der Fall des Eisernen Vorhangs habe die Staatsmänner im Westen völlig unvorbereitet getroffen. Sie hätten sich anfangs nicht vorstellen können, dass die damalige Europäische Gemeinschaft und der Atlantikpakt einmal in Richtung Osten erweitert werden. Das sei in der damaligen Situation nichts Ungewöhnliches gewesen. „Wer zu sehr auf die Geschichte vorbereitet ist, ist mir verdächtig“, ließ Havel mitteilen.