Mit dem Recht zum Frieden - 8. deutscher Juristentag 1937 in Prag
Die europäische Zusammenarbeit soll funktionieren! Auf vielen Gebieten wird heute zusammengearbeitet – unter anderem auch auf rechtlicher Ebene. Wie wichtig die Kooperation von Juristen verschiedener Nationen für ein friedliches und zusammenwachsendes Europas ist, wusste schon der damalige tschechoslowakische Justizminister Ivan Dérer. Anlässlich des 8. deutschen Juristentages 1937 in Prag hielt er dazu eine Rede für die deutschsprachigen Hörer des Tschechoslowakischen Rundfunks.
„Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die frühere im Staatsleben vorherrschende oder zumindest führende Stellung der Juristen in der Nachkriegszeit fast überall stark zurückgedrängt wurde. Dies ist auch eine der Ursachen der Unerfreulichkeit der Verhältnisse der Gegenwart.“
Wieso brauchen wir eigentlich das Recht, und für was ist ein Rechtsstaat gut? Um diese Fragen geht es Ivan Dérer, dem Justizminister der Tschechoslowakei 1937. Mit dem Hinweis auf die seiner Meinung nach unerfreulichen Verhältnisse, knüpft er an die Erfahrungen seiner deutschen Hörer an. Diese fühlten sich in der Tschechoslowakei oft ausgegrenzt und gegenüber ihren tschechischen Landsmännern und –frauen benachteiligt. Durch die schwächere Stellung der Juristen nach dem Ersten Weltkrieg, wurde nach Dérers Meinung auch der Rechtsstaat geschwächt. Ein Rechtsstaat sei aber von entscheidender Bedeutung:
„Ich habe schon erwähnt, dass die Tschechoslowakei den Ehrgeiz hat als Rechtsstaat zu gelten, der seine inneren Fragen bei voller Aufrechterhaltung der demokratischen Einrichtungen in gerechter Behandlung aller sie bewohnenden Nationen, im Sinne des kulturellen und materiellen Fortschrittes, zu lösen bestrebt ist.“
Anlass für Dérers Rede war der 8. deutsche Juristentag der Tschechoslowakei. Für sein Anliegen, die Tschechoslowakei als Rechtsstaat zu erhalten und zu festigen, nahm Ivan Dérer auch die deutschen Juristen in seinem Land in die Pflicht:
„Ich bin fest überzeugt, dass der 8. deutsche Juristentag der Tschechoslowakei heute fester als ehemals davon überzeugt ist, dass ein positives Zusammenarbeiten der deutschen Juristen unseres Staates mit den Juristen der tschechoslowakischen Nation dem Volksempfinden und den Volkinteressen entspricht.“
Zum Juristentag waren aber nicht nur deutsche Rechtsanwälte aus der Tschechoslowakei angereist, auch Juristen aus Österreich und Deutschland befanden sich unter den Tagungsteilnehmern. Ein großer Schritt für ein besseres Verständnis der Nationen untereinander, wie Ivan Dérer fand:
„Ich bin höchst erfreut und es gereicht mir zur Ehre auf Ihrer Tagung auch deutsche Juristen aus anderen Ländern begrüßen zu dürfen. Die tschechoslowakische Regierung legt großen Wert darauf, dass die in verschiedenen Ländern ansässigen Deutschen die Verhältnisse unseres Staates aus eigener Erfahrung kennen lernen und sich davon überzeugen, dass hier in diesem Staat niemand das Deutschtum unterdrücken will.“
Mit den letzten Worten setzte Dérer einen deutlichen Gegenpunkt zur Propaganda der Nationalsozialisten. Diese hatten zur Untermauerung ihrer Ansprüche auf das Sudetenland, die Unterdrückung der dort lebenden Deutschen angeführt. Deshalb – so Ivan Dérer in seinem Schlusswort – müsse das Recht gestärkt werden, um den nationalen, wie internationalen Frieden zu stärken.
„Je mehr der Rechtsgedanke die Juristen beider Nationen beherrschen wird, umso intensiver wird ihr Einfluss auf ihre beiden Völker sein und zur Verständigung und zum friedlichen Zusammenleben derselben beitragen.“