Mit großer Show eingeläutet: Pilsen ist Europäische Kulturhauptstadt

Foto: ČTK

Nach mehreren Jahren Vorbereitung ist Plzeň / Pilsen nun auch wirklich Europäische Kulturhauptstadt 2015. Die Eröffnung wurde am Wochenende mit einem dreitägigen Fest in der gesamten Stadt gefeiert, Höhepunkt war die Show am Samstagabend auf dem Platz um die Kathedrale.

Platz der Republik in Pilsen  (Foto: ČTK)
Im wahrsten Sinne des Wortes eingeläutet wurde das Jahr der Kulturhauptstadt: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg erklangen alle fünf Glocken der Bartholomäus-Kathedrale. Vier von ihnen hatten die Nationalsozialisten zu Kanonen umgeschmolzen.

Das Glockengeläut war einer der Höhepunkte der Eröffnungsshow. Zuvor hatte der Schweizer David Dimitri ein waghalsiges Kunststück vollführt: Auf einem Seil balancierte er in luftiger Höhe zum Turm der Kathedrale. Einmal hielten die mehreren Tausend Zuschauer auf dem Platz den Atem an, als der Gang des Hochseilartisten stockte. Doch unter dem Applaus der Leute kam er sicher an, um am nächsten Tag bei der Pressekonferenz zu scherzen:

David Dimitri  (Foto: ČTK)
„Ich hatte einen fantastischen Blick auf den ganzen Event gestern. Die Sicht war gut. Es gab nicht viel Wind, was mir im Vorfeld am meisten Sorgen bereitet hatte. Denn die Wettervorhersage war viele Tage vor dem Ereignis schlecht gewesen.“

Drahtseilakt des 51-jährigen Künstlers wie auch die bisher größte Videoprojektion in Tschechien auf die Häuser um den Platz der Republik verfolgten insgesamt 25.000 Menschen. Wer nicht vor Ort war, sah sich das Ereignis vor einer der großen Leinwände an, die an vielen Stellen im Zentrum standen. Im Zeitraffer ging es dabei durch die Geschichte der Stadt: Mit Fotos und Filmen von der Ersten Republik, über die Nazi-Besatzungszeit und die sozialistische Ära bis in die jüngste Vergangenheit strebte die Feier auf ein Open-Air-Festival zu. Dabei sang die Kabarett-Legende Jiří Suchý einige seiner Hits, danach trat mit Lucie eine der erfolgreichsten tschechischen Rockgruppen auf. Die ganze Nacht waren zudem Restaurants, Cafés und Bars geöffnet, wo weitere Bands spielten.

Foto: ČTK
Die Pilsner selbst hatten augenscheinlich Gefallen an der Verwandlung ihrer eigentlich von Industrie geprägten Stadt in eine Kulturmetropole. Mehrere Tausend Menschen hatten auch am Sternmarsch auf den Platz der Republik im Vorfeld der Abendshow teilgenommen, wie zum Beispiel Kamila mit ihrer Familie:

„Wir sind zunächst zu unserem Ausgangspunkt des Marsches gegangen. Insgesamt gab es davon vier, sie sollen die vier Flüsse durch Pilsen symbolisieren. Dann kamen wir auf den Platz, und die Show dort war einfach wunderbar. Uns hat ganz besonders der Seiltänzer gefallen. Aber auch das restliche Programm war toll. Ich bin von Anfang an für das Projekt gewesen. Aber ein bisschen Zweifel habe ich mittlerweile. In diesem Jahr läuft die Kultur auf Hochtouren, doch was wird 2016 dann sein?“

Martin Baxa  (Foto: Archiv der Stadt Pilsen)
Wie auch immer die fernere Zukunft aussehen mag - das europäische Kulturjahr ist eröffnet, und Kulturbürgermeister Martin Baxa zeigte sich überglücklich:

„Wir haben einen außergewöhnlichen Tag erlebt. Die Eröffnung der Kulturhauptstadt hat gezeigt, dass Pilsen den Titel zu Recht erhalten hat und wir wirklich zu einem Kulturzentrum Europas geworden sind.“

In den kommenden Monaten sind in und um die Stadt rund 600 Veranstaltungen geplant. Einige finden auch grenzüberschreitend statt.

Autor: Till Janzer
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