Mit Pferd und schwerem Gerät – Tschechische „Expedition“ zur Sonnenfinsternis
Wenn es am 21. August in den USA zur Sonnenfinsternis kommt, wird auch ein Team tschechischer Wissenschaftler im Einsatz sein. Der Mathematiker Miloslav Druckmüller und seine Leute wollen dann die bestmöglichen Bilder machen. Denn Astronomen warten auf diese Aufnahmen, die Druckmüller mit einer eigenen Software bearbeitet. Der Tscheche kooperiert dafür mit der Universität von Hawaii zusammen. Im Folgenden mehr über die ungewöhnliche Expedition in die Vereinigten Staaten.
Die Arbeit von Miloslav Druckmüller ist mittlerweile so gefragt in der Fachwelt, dass er im August zu seiner elften Sonnenfinsternis-Fotoexpedition aufbricht. Sie führt in die Vereinigten Staaten, wo am 21. August in einem Streifen von Oregon bis North Carolina das Phänomen am besten zu beobachten sein wird. Auf was haben es die tschechischen Spezialisten bei den Aufnahmen abgesehen? Miloslav Druckmüller:
„Vereinfacht gesagt, dienen die Aufnahmen für eine Karte des Magnetfelds der Sonne. Die Bilder haben solch eine Qualität, wie sie mit keiner anderen Vorrichtung angefertigt werden können. Denn es lässt sich keine Sonde in die Korona schicken, um das Magnetfeld dort zu vermessen. Wir müssen uns daher anhand der Fotos auf mathematische Berechnungen verlassen, mit denen sich das Magnetfeld und die Magnetfeldlinien ungefähr visualisieren lassen. Und dafür machen wir sicher derzeit die besten Bilder.“Magnetfeld der Sonne visualisieren
Das Spannende am Magnetfeld der Sonne ist, dass es sich in regelmäßigen Abständen umpolt. Etwa alle elf Jahre wird Nord zu Süd und Süd zu Nord. Dadurch entstehen magnetische Stürme. Und Wissenschaftler befürchten, dass diese irgendwann auch die Kommunikationsnetze der Erde lahmlegen könnten. Deswegen versuchen sie, mehr über das Magnetfeld und die Sonnenkorona zu erfahren.
Aber nur bei einer Sonnenfinsternis ist die Korona auch zu erkennen. In den USA wollen die Experten daher an fünf Beobachtungspunkten sein. Nicht alle sind leicht zu erreichen. Druckmüllers Kollegin Jana Hoderová beispielsweise wird sich auf den Rücken eines Pferdes schwingen müssen, denn es geht auf den Whiskey Mountain in Wyomig:„Wir haben im Vorfeld abgesprochen, wieviel Kilogramm Gepäck sie für uns nach oben bringen – und wieviel das kosten soll. Wir werden drei Leute sein und dürfen insgesamt neun Kilogramm persönliche Sachen mitnehmen. Das ist nicht gerade viel. Dazu kommen mindestens 200 Kilogramm Gerätschaften. Wir sind keine erfahrenen Reiter, aber wenigstens sind wir in der Vorbereitung ein paar Mal auf Pferden gesessen. Ich hoffe, dass wir als Karawane hochziehen, dass uns also jemand führen wird. Der Veranstalter verspricht, dass die Pferde nett und freundlich sind“, so Hoderová.
Insgesamt 20 Kilometer lang soll der Ritt zum Whiskey Mountain sein. Der Beobachtungsposten biete aber wichtige Voraussetzungen, betont Miloslav Druckmüller:„Vor allem ist es die Meereshöhe. Denn bei manchen unserer Experimente besteht das Problem, dass das Licht, das wir analysieren wollen, von der Erdatmosphäre zu stark abgeschwächt wird. Der Posten befindet sich auf 3400 Meter Höhe und an einem Ort mit relativ geringer Luftfeuchtigkeit. Er dürfte also hervorragend für unsere Beobachtungen taugen. Deswegen nehmen wir auch gerne in Kauf, dass der Transport auf Pferden umständlich ist. Zudem hat die Universität von Hawaii eine ganze Stange Geld investieren müssen.“
Gute Sicht am Whiskey Mountain
Es ist das Institut für Astronomie an der Universität von Hawaii, das mithilfe der Aufnahmen seine Forschungen betreiben möchte.Ein Pferderitt ist aber eigentlich noch relativ komfortabel gegenüber den Bedingungen, die am letzten Ort einer totalen Sonnenfinsternis herrschten. Das war 2015 auf Spitzbergen, da sanken die Temperaturen auf minus 30 Grad Celsius. Auch 2006 in die Sahara konnte längst nicht so viel technisches Gerät mitgeschleppt werden wie jetzt in die Vereinigten Staaten. Insgesamt 30 Wissenschaftler und Techniker werden diesmal an dem Projekt beteiligt sein. Außer auf dem Whiskey Mountain werden sie noch in Oregon, Idaho und Nebraska ihre Lager aufschlagen. Alles muss aber gut koordiniert sein, wie Pavel Štarha erläutert:
„Im Idealfall sind wir zwei bis drei Tage vor dem Termin vor Ort. Dann können wir alles zusammensetzen, testen und beispielsweise die Schäden beheben, die vielleicht durch den Transport entstanden sind. Als wir 2013 in Kenia waren, hatten wir drei Tage Verspätung. In nur einem Tag haben wir alles aufgebaut, am nächsten war schon die Sonnenfinsternis. Damals hatten wir kaum Zeit für Probeläufe.“
Doch die Probeläufe seien diesmal besonders wichtig, sagt Pavel Štarha. Denn man wolle Daten gewinnen, die bisher noch nie berechnet werden konnten. Der Mathematiker ist im Team dafür zuständig, die Beobachtungsvorrichtungen zu programmieren. Miloslav Druckmüller wiederum kümmert sich um die Bearbeitungs-Software. Mit dieser sollen über mathematische Modelle aus den Bildern die benötigten Daten herausgefiltert werden – Daten über die Korona und die Sonne. Ein aufwendiges Unternehmen, sagt der Fachmann:„Die Physiker der Universität von Hawaii haben eine bestimmte Vorstellung, was sie alles herausfinden wollen. Nicht immer aber reichen dazu unsere Daten. Das heißt, zuerst erfüllen wir die einfacheren Aufgaben, und dann machen wir uns an die schwierigeren. Wie erwähnt, wollen wir einige neue Experimente machen. Das bedeutet für mich, dass ich mir hinterher ein genaues mathematisches Modell ausdenken muss. Und dann programmiere ich die Software dafür.“
Die Auswertung kann auch ein oder zwei Jahre dauern.Das Schauspiel auskosten
Miloslav Druckmüller gesteht, dass sein Team im Vorfeld der Sonnenfinsternis im Dauerstress sei. Und alles nur für einen kurzen Moment, wenn sich der Mond vor die Sonne schiebt. Doch dieses Schauspiel wolle sie gerne voll auskosten, sagt Jana Hoderová:
„Falls der Himmel klar ist und alles nach Plan läuft, dann drücken wir 60 Sekunden vor Beginn der totalen Sonnenfinsternis einfach am Computer auf Enter. Dann treten wir zur Seite, um nicht durch Erschütterungen die Geräte zu irritieren. Falls kein kritischer Moment kommt wie vor zwei Jahren auf Spitzbergen, als der Frost die Apparatur lahmgelegt hat und alles in höchster Not neu gestartet werden musste, dann werden wir in Ruhe die zwei Minuten und zwanzig Sekunden genießen.“