Mit wem wird Babiš regieren?

Andrej Babiš (Foto: ČTK)
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Antisystemparteien siegen in den Wahlen zum Abgeordnetenhaus. Partei Ano hat mehrere Möglichkeiten für Koalition.

Jaroslav Faltýnek  (Foto: ČTK)
Der umstrittene Milliardär Andrej Babiš hat bei den Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus einen deutlichen Sieg eingefahren. Seine Protestpartei Ano ließ mit 29,7 Prozent der Stimmen alle anderen Mitbewerber weit hinter sich. Außer den Bürgerdemokraten erhielt keine der weiteren Parteien mehr als elf Prozent. Das eröffnet Ano rein rechnerisch viele Möglichkeiten für eine mögliche Koalition. In einer ersten Reaktion auf das Ergebnis sagte der Fraktionschef der Partei, Jaroslav Faltýnek:

„Ich halte es für natürlich, sich zuerst mit den bestehenden Koalitionspartnern zu treffen und mit ihnen darüber zu reden, wie die Wahlen ausgegangen sind. Denn wir haben vier Jahre lang zusammen regiert. Und bis zu dem Moment, als Premier Sobotka unseren Parteivorsitzenden Andrej Babiš aus dem Kabinett geworfen hat, war die Regierung erfolgreich, hat viele positive Dinge für das Land gemacht und den derzeitigen Wirtschaftsaufschwung eingeleitet.“

Milan Chovanec  (Foto: ČTK)
Doch eine Neuauflage der Koalition aus Sozialdemokraten, Partei Ano und Christdemokraten könnte sehr schwierig werden. Denn die Partei des derzeitigen Premiers stellt dafür Bedingungen, die wohl nicht zu erfüllen sind. Der sozialdemokratische Interims-Vorsitzende Milan Chovanec:

„Wir sind nur unter zwei Bedingungen bereit, Koalitionsverhandlungen zu führen. Die erste ist dabei grundlegend: Es müssen bei einer Regierungsbeteiligung auch die Prioritäten aus unserem Wahlprogramm durchkommen, die pro-europäisch sind und linksgerichtet. Die zweite Bedingung hat auch schon zuvor gegolten und sie gilt auch weiter: Wir können uns nicht vorstellen, mit Leuten zusammenzuarbeiten, gegen die polizeilich ermittelt wird.“

Lubomír Zaorálek  (Foto: ČTK)
Dies bezieht sich sowohl auf den Ano-Parteivorsitzenden Babiš, als auch auf Fraktionschef Faltýnek. Gegen beide ermittelt die Polizei wegen einer möglichen Beteiligung an einem Subventionsbetrug mit EU-Geldern.

Die Sozialdemokraten fuhren im Übrigen ein desaströses Ergebnis ein. Zwar sind fast alle etablierten Parteien die Verlierer der Wahlen, doch für die „Orangenen“ war der Sturz besonders schmerzhaft. 2013 waren die Sozialdemokraten mit 20,5 Prozent stärkste Kraft geworden, nun haben sie 7,3 Prozent erreicht. Im Übrigen war Premier Sobotka nicht mehr als Spitzenkandidat angetreten, sondern Außenminister Lubomír Zaorálek.

Zweitstärkste Kraft wurden die konservativen Bürgerdemokraten (ODS). Nur mit ihnen könnte die Partei Ano eine Zweierkoalition bilden. Doch man wolle nicht mit Babiš koalieren, betonte der bürgerdemokratische Vorsitzende Petr Fiala:

Petr Fiala  (Foto: ČTK)
„Wir Bürgerdemokraten sind die stärkste der traditionellen demokratischen Parteien geworden. Wir sind uns dessen bewusst und wissen, was das heißt. Natürlich respektieren wir als demokratische Kraft den Willen der Wähler. Der bedeutet einen großen Kampf um die Werte in Tschechien, um die außenpolitischen Pfeiler unseres Landes und um den Schutz dessen, was wir bisher als Selbstverständlichkeit angesehen haben. Wir nehmen uns dieser Aufgabe an. Ich möchte auch verkünden, dass die Bürgerdemokraten nicht mit der Partei Ano über die Zusammenstellung einer Regierung verhandeln werden.“

Neben der Partei Ano gehören noch zwei weitere Antisystemparteien zu den Gewinnern der Wahlen. Dies sind die rechtsradikale Partei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD) von Tomio Okamura sowie die Piraten, die beide 10,7 Prozent holten. Zusammen haben alle drei Parteien rund 50 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereint. Während die Piraten als mögliche Koalitionspartner für die Partei Ano allen bisherigen Aussagen nach ausscheiden, war vor den Wahlen durchaus über eine Annäherung zwischen Babiš und Okamura spekuliert worden. Dazu der Tschecho-Japaner Okamura bei einer Pressekonferenz nach der Wahl:

Tomio Okamura  (Foto: ČTK)
„Es gilt, dass wir gerne unser Programm auf Regierungsebene umsetzen würden. Denn nur dort ist dies in vollem Umfang möglich. Verständlicherweise werden wir erst noch sehen, wer bereit ist, über die wichtigsten Punkte in unserem Programm zu verhandeln. Dazu gehört ein Gesetz über die Einführung von Referenden, darunter ein Referendum über einen Austritt aus der Europäischen Union. Außerdem ist das null Toleranz zur Aufnahme von Migranten in der derzeitigen Flüchtlingswelle.“

Auch Babiš hatte seinen Wahlkampf unter anderem gegen die Aufnahme von Flüchtlingen geführt. Zur EU schrieb der Ano-Parteichef jedoch in einem Brief an die Wähler kurz vor dem Urnengang, er selbst sei pro-europäisch. Zugleich sprach er sich aber gegen ein Diktat aus Brüssel aus.

Die Frage nach Koalitionspartnern könnte also für die Partei Ano in der Realität viel schwieriger sein, als es das Wahlergebnis auf den ersten Blick erscheinen lässt.