Mittendrin - statt nur am Fernseher

Foto: CTK
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Über 100 000 tschechisches Fußballfans wollten am vergangenen Samstag ihre Schützlinge im Schlagerspiel gegen Deutschland live vor Ort nach vorne peitschen. Da die Prager Toyota Arena aber nur für knapp 18 000 Zuschauer Platz bietet, vergab der tschechische Fußballverband die Tickets im Losverfahren. Einer der glücklichen Karteninhaber war Peter Tomek, den Sebastian Kraft begleitete - mitten hinein in den tschechischen Fanblock.

Milan Baros im Zweikampf mit Thorsten Frings  (Foto: CTK)
Es ist einer jener Momente, der jedem Fußballfan einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt. Tausende stimmgewaltige tschechische Kehlen singen wenige Sekunden vor dem Anpfiff die Hymne ihres Landes und hatten für diesen Moment tief in die Geldbörse gegriffen. Umgerechnet zwischen 35 und 54 Euro kosteten Tickets hinter den Toren, auf den Geraden sogar bis zu 72 Euro - zur Erinnerung: Karten für Gruppenspiele bei der Weltmeisterschaft in Deutschland waren billiger.

"Wenn ich anfangen würde, über Ticketpreise nachzudenken, könnte ich auch gleich zu Hause bleiben",

offenbarte Peter Tomek Minuten vor Spielbeginn eine alte Fußballerweisheit. Eingehüllt in die tschechische Fahne und mit blau-weiß-roter Kriegsbemalung auf den Backen steht er hinter dem Tor, auf das in der ersten Halbzeit die deutsche Mannschaft spielen sollte. Die anfängliche Euphorie ist allerdings schnell dahin, als Deutschland das Spiel an sich reißt und Kevin Kuranyi schließlich vor den Augen der tschechischen Fans zum 1:0 einnickt. Nachdem wenige Minuten später ein Fernschuss von Lukas Podolski an die Latte klatschte, ist das Raunen im tschechischen Fanblock unüberhörbar. Doch es kommt noch bitterer. Nach dem zweiten deutschen Tor steht die tschechische Kurve unter kollektiven Schock und bringt keinen Ton mehr heraus, zu hören waren nur noch 3000 deutsche Schlachtenbummler im Fanblock gegenüber.

Das 2:0 durch Kevin Kuranyi  (Foto: CTK)
Doch spätestens als das - seien wir mal ehrlich - Zufallsprodukt von Jan Polak und Milan Baros im deutschen Netz zappelt und damit in der Schlussviertelstunde das enge Prager Stadion zum Beben bringt, hat sich jeder Heller des Eintrittsgeldes gelohnt.

Nachspielzeit, noch einmal ein Schussversuch von Koller, noch einmal Ecke - und Schluss. Die deutsche Kurve jubelt, die tschechischen Fans stehen zwar etwas traurig da, gehen aber mit erhobenem Haupt nach Hause. Deutschland war klar besser, doch mit einer ähnlichen Leistung sollten Rosicky & Co. die Konkurrenten um Platz zwei in Schach halten, fachsimpeln Insider auf dem Heimweg.

"Wir haben noch alle Möglichkeiten in der Hand, das war noch nicht die Endstation." "Wer fährt zur EM?" "Beide, Tschechen und Deutsche."

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