Mobil ans Ziel

Ahoi und Start frei zu einer neuen Ausgabe unseres Verkehrsmagazins "Mobil ans Ziel", die für Sie Dagmar Keberlova und Lothar Martin vorbereitet haben.

Pünktlich mit dem Beginn der Sommerferien am 1. Juli traten in Tschechien wieder einige neue Gesetze bzw. Gesetzesnovellen in Kraft. Unter ihnen befand sich auch die Gesetzesnovelle über den Straßenverkehr, die die Voraussetzungen zur Straßenbenutzung und dabei vor allem die Bedingungen für den LKW-Verkehr in Tschechien regelt. So legt das neue Gesetz neben den finanziellen Grundlagen für Speditionen auch eine minimal dreijährige Praxis für einen internationalen Spediteur und eine Kaution für einen ausländischen Fahrer beim Begehen eines Verkehrsverstoßes in der Tschechischen Republik fest.

Zu Monatsbeginn wurde überdies das Gesetz über den Staatsfonds zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in die Praxis umgesetzt. Dabei soll der Fonds in diesem Jahr noch mit rund sieben Milliarden Kronen (ca. 380 Millionen Mark), vornehmlich aus der staatlichen Privatisierung, gespeist werden. In den nächsten Jahren sollen dann die Erträge aus dem Verkauf der Autobahnvignetten und Teilerträge aus der Mineralölsteuer die Hauptquellen des Verkehrsfonds bilden.

Für alle Touristen, die die Tschechische Republik in naher oder nicht allzu weit entfernter Zukunft besuchen wollen, möchten wir darauf verweisen, dass mit dem 1. Juli auch höhere Bußgelder für Schwarzfahrer im Bahn- und Stadtverkehr sowie höhere Taxipreise in Prag Einzug gehalten haben. Eine Schwarzfahrt mit der Tschechischen Eisenbahn oder einem Transportmittel der Prager Verkehrsbetriebe wird nunmehr mit einem Bußgeld von 800 Kronen (ca. 43 Mark) belegt. In Brünn muss der Ertappte sogar 1.000 Kronen (ca. 54 Mark) für das gleiche Delikt berappen. Ist der der Schwarzfahrt Überführte jedoch bereit und in der Lage, sein Bußgeld sofort bzw. spätestens innerhalb zweier Tage zu zahlen, so muss er jeweils nur die Hälfte des fälligen Betrages entrichten. Kommt es andernfalls bei permanenter Nichtzahlung zum gerichtlich verfügten Bußgeldvollzug, dann kommt es ihm teuer zu stehen. Dann werden in der Regel bis zu 2.500 Kronen (ca. 135 Mark) fällig.

Prager Taxifahrer, für ihre nicht selten unverschämt überzogenen Preise bekannt und berüchtigt, dürfen offiziell nun auch höhere Gebühren für ihre Dienste verlangen. Wollen Sie aber, liebe Hörerinnen und Hörer, nicht wiederholt unbedarft auf die Nase fallen, hier die Gebühren zum Mitschreiben: bei ihrem Einstieg in das Taxi darf Ihnen der Fahrer eine Grundgebühr von maximal 30 Kronen veranschlagen. Die sich dann während einer Fahrt ergebenden Kosten belaufen sich auf 22 Kronen pro Kilometer Fahrt- und vier Kronen pro Minute Standgebühr. Also behalten Sie den Kilometerzähler und ggf. den Uhrzeiger immer schön im Auge!

Genau hinschauen werden auch die Vertreter verschiedener Bürgerinitiativen und gesellschaftlicher Organisationen in Tschechien, in welcher Form die Parlamentarier dieser Tage den Gesetzentwurf über die neue tschechische Straßenverkehrsordnung verabschieden werden. Denn ihrer Meinung nach weist der Gesetzentwurf gravierende Unzulänglichkeiten auf. Um welche es sich dabei handelt, das erfahren Sie gleich.


Der Autoklub und das Zentrum für Verkehrsforschung der Tschechischen Republik, die Bewegung "Prager Mütter" und die tschechischen Bürgervereinigungen "Schutz der Umwelt" und "Belebung" entwickeln seit einiger Zeit gemeinsame Initiativen, um das Verkehrsverhalten der Bürger hierzulande zu verbessern. Warum sie dies für notwendig erachten, dazu sagte die Vertreterin der Bewegung "Prager Mütter" Romana Rozehnalova gegenüber Radio Prag: "Wir sind bestürzt darüber, wie hoch der Stand der Unfallhäufigkeit in unserem Lande ist. Wir haben es nicht für möglich gehalten, dass in den zehn Jahren nach der Wende bei Verkehrsunfällen hier in Tschechien über 70.000 Menschen getötet bzw. schwer verletzt worden sind. Das ist eine alarmierende Zahl. Deshalb haben wir auch einen Weg gesucht und es uns zum Ziel gemacht, die Legislative in dem Prozess, die Verkehrssicherheit zu verbessern, zu unterstützen."

Die neueste Unfallstatistik, die dieser Tage veröffentlicht wurde, gibt hierbei nur geringfügigen Grund zum Optimismus. Zwar hat sich von Januar bis Mai diesen Jahres die Anzahl der Verkehrsunfälle im Vergleich zum analogen Zeitraum des Vorjahres um 631 verringert und auch die Zahl der Verletzten ist zurück gegangen, doch demgegenüber stehen ein Anstieg bei den Verkehrstoten und bei der Höhe der Unfallschäden. So ließen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres bereits wieder 479 Menschen ihr Leben auf tschechischen Straßen, was einen Zuwachs von 34 zum Vorjahr bedeutet, während der materielle Schaden sämtlicher Unfälle um 110 Millionen Kronen auf die Gesamtsumme von nahezu 2,8 Milliarden Kronen (ca. 150 Millionen Mark) angestiegen ist.

Angesichts dieser Fakten ist es den Bürgerinitiativen mehr als unverständlich, dass die tschechischen Parlamentarier bei der Ausarbeitung und Behandlung des Gesetzentwurfes zur neuen Straßenverkehrsordnung offensichtlich einen ganz anderen Weg gehen wollen, als den, den sie mitbeschreiten wollen. Romana Rozehnalova fasste uns gegenüber die wesentlichsten Kritikpunkte der Bürgerinitiativen wie folgt zusammen: "Wir sind nicht einverstanden mit der Lockerung der Richtlinien, insbesondere was die Geschwindigkeitsbegrenzungen anbelangt. Es geht dabei um die Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn, wo laut Entwurf ein Limit von 130 km/h lediglich empfohlen wird; des weiteren um die Höchstgeschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften, wo in den Nachtstunden von 23 Uhr bis 5 Uhr morgens 70 km/h zugelassen werden sollen, und um die Höchstgeschwindigkeit in den Wohnzonen, wo 30 km/h statt der bisherigen 20 km/h erlaubt werden sollen. Zudem sollen Fahrzeuge - dem Entwurf zufolge - vor Fußgängerüberwegen nur dann anhalten müssen, falls der Fußgänger sein Vorhaben, die Straße überqueren zu wollen, vorher deutlich anzeigt. Damit sind wir absolut nicht einstanden."

Da sich der Gesetzentwurf in den meisten Punkten an der deutschen StVo orientiert, nimmt es nicht wunder, dass Abgeordnete, wie der Sozialdemokrat Jiri Vaclavek, nun auch die Auflösung der Null-Promille-Grenze, was den Alkoholkonsum vor Fahrtantritt betrifft, verlangen. 0,3 Promille stehen dank Vaclaveks Vorschlag nun für die Endfassung des Entwurfs zur Debatte.

Diese Debatte und die entsprechenden Denkmodelle sind es denn auch, die die Bürgerinitiativen nicht ruhen und ihre Kritik am Gesetzentwurf immer lauter werden lassen. Romana Rozehnalova drückte die Enttäuschung darüber so aus:

"Wir nehmen das so wahr, dass die Abgeordneten dieses Gesetz für sich selbst zurecht stricken wollen. Denn in die Vorschläge gehen ihre persönlichen Erfahrungen ein, das heißt die Art und Weise, wie sie selbst fahren und sich Fußgängern gegenüber verhalten. Diese werden von ihnen als störende Elemente empfunden, ebenso wie die Radfahrer, die möglichst nicht am Verkehr teilzunehmen haben. Mit dieser Sichtweise sind wir nicht einverstanden."

Romana Rozehnalova und die Vertreter der weiteren Bürgerinitiativen haben jedoch die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Und wie die Debatte zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes Mitte dieser Woche hervorbrachte, nicht vergeblich. Denn die Lockerung der Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahnen und innerhalb geschlossener Ortschaften im Nachtverkehr ist vom Tisch. Ebenso das Aufbrechen der Null-Promille-Grenze. Dafür ist den Fußgängern an den Zebrastreifen endlich Vorrang zu gewähren, mobiles telefonieren während der Fahrt nur mit entsprechend fest installierter Einrichtung erlaubt und Kindersitze wie das Fahren mit Licht am Tag werden zur Pflicht. Allerdings mussten all diese Änderungen noch durch die finale Abstimmung im Parlament bestätigt werden. Wie das neue Gesetz in seiner Endkonsequenz aussieht, das erfahren Sie in einer unserer nächsten Sendungen im Tagesecho.