„Mörder des tschechischen Volkes“ – Vor 70 Jahren begann der Prozess gegen K.H. Frank

Карл Герман Франк, фото: открытый источник

Es war der bis dahin größte Prozess in der tschechoslowakischen Geschichte: Am 22. März 1946 wurde in Prag das Verfahren gegen den früheren „Staatsminister in Böhmen und Mähren“, Karl Hermann Frank, eröffnet. Der Nationalsozialist aus Karlovy Vary / Karlsbad war unter anderem wegen den Befehlen zur Auslöschung der Gemeinden Lidice und Ležáky, sowie der Verhaftung und Ermordung tschechischer Studenten im November 1939 angeklagt.

Karl Hermann Frank | Foto: public domain
Der Prozess gegen den Nazi-Politiker fand vor einem außerordentlichen Volksgericht statt. Der Tschechoslowakische Rundfunk berichtete live aus dem Gerichtssaal im Prager Stadtteil Pankrác. Reporter war Josef Cincibus:

„Im Gerichtssaal ist zahlreiches Publikum. Es sind bedeutende Gäste hier und ausländische Journalisten. Der Prozess wird für sie in Englisch übersetzt, in Russisch, in Französisch und verständlicherweise auch in Deutsch. Auch Karl Hermann Frank wird einen Kopfhörer tragen.“

Karl Hermann Frank war am 9. Mai 1945 aus Prag geflüchtet. Doch schon im westböhmischen Rokycany griffen ihn die Amerikaner auf, sie brachten ihn nach Wiesbaden. Die Tschechoslowakei wollte aber die Auslieferung erwirken des Mannes, der als „Mörder des tschechischen Volkes“ galt. Bohuslav Ečer war tschechoslowakischer Vertreter in der Kommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen. Er schilderte später in einem Rundfunkinterview:

Lidice
„Ich habe gesagt: ‚Herr Oberst – Frank, das bedeutet Lidice.‘ Das reichte, weil der Name Lidice in Amerika bekannt ist. Sobald ich dies kundgetan hatte, gab er mir die sofortige Genehmigung zum Verhör Karl Hermann Franks um zehn Uhr morgens.“

Die Gemeinde Lidice war – wie danach auch Ležáky – 1942 von der SS niedergebrannt worden. Die Männer wurden ermordet, die Kinder deportiert. Diese Racheaktion für das Attentat auf den „stellvertretenden Reichsprotektor“ Reinhard Heydrich war einer der zentralen Anklagepunkte im Prozess. Denn Karl Hermann Frank hatte die entsprechenden Befehle unterschrieben. In seiner Verteidigung sagte er jedoch, er habe nur ausgeführt, was Berlin befohlen hatte.

Studenten-Demonstration 1939
Diese Linie behielt Karl Hermann Frank auch bei, als es um die Verhaftung von rund 1200 Studenten am 17. November 1939 ging – von denen neun dann im Konzentrationslager erschossen wurden. Aber Frank gab zu, dass es keine Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen gegeben hatte. Es sei einfach Hitlers Befehl gewesen. Außerdem habe er sich dafür eingesetzt,…

„dass die ins Konzentrationslager eingelieferten Studenten nach und nach freigelassen werden – und zwar sobald als möglich. Die Ursache war die ständige Intervention der tschechischen Regierung.“

Karl Hermann Frank wurde öffentlich hingerichtet  (Foto: YouTube,  Public Domain)
Die Gerichtsverhandlung lief sechs Tage die Woche außer Sonntag. Erst nach zwei Monaten wurde das Urteil gefällt. Frank wurde gemäß 15 unterschiedlichen Paragraphen schuldig gesprochen:

„In Diensten oder im Interesse Deutschlands beziehungsweise seiner Verbündeten hat der Angeklagte den Verlust der Freiheit von einer größeren Zahl Bewohner bewirkt sowie schwere Körperverletzung oder sogar den Tod von Bürgern der Republik.“

Das Urteil lautete auf Tod durch Strang. Es wurde am 22. Mai 1946 im Gefängnis Pankrác vollstreckt – unter den Augen von 6000 Schaulustigen.

Autor: Till Janzer
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