Nach der Kapitulation: Bestrafung der Kriegsverbrecher in der Tschechoslowakei
Nach der Kapitulation Deutschlands im Zweiten Weltkrieg stand unter anderem die Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher auf der Tagesordnung. Die wichtigsten von ihnen kamen in den Nürnberger Prozessen vor den Internationalen Militärgerichtshof. Weitere standen in den von ihren Verbrechen betroffenen Ländern vor Gericht.
„Frank hat sich während der Reise wie bei den Verhören verhalten. Es war offensichtlich, dass ihm der Schreck in den Knochen sitzt. Dass er sich dessen bewusst ist, was ihn erwartet. Er war absolut apathisch, seine Augen starrten in die Leere. Wahrscheinlich hat Frank über seine Vergangenheit und wohl auch über seine Zukunft nachgedacht. Von seiner früheren Arroganz war nichts mehr an ihm zu sehen.“
Der Prozess gegen Karl Hermann Frank begann im März 1946. Dabei sagten auch Frauen aus dem ausgelöschten Dorf Lidice aus. Sie habe ihren Mann, ihren Vater und vier Brüder verloren, berichtete eine der Zeuginnen. Die SS hatte Lidice nach dem erfolgreichen Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich überfallen, die männlichen Bewohner ermordet und den Ort dem Erdboden gleichgemacht.
Auch wegen der Verantwortung für diese Tat wurde Frank am 22. Mai 1946 im Hof des Gefängnisses in Prag-Pankrác gehenkt. Mehr als 5000 Menschen kamen damals, um seiner Hinrichtung zuzuschauen.Insgesamt wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in der Tschechoslowakei 750 Kriegsverbrecher exekutiert, sagt der Historiker Vojtěch Kyncl.
„Das ist eine der höchsten Zahlen an Hinrichtungen in Europa. Die tschechoslowakische Bestrafung war eine der strengsten im europäischen Kontext. Insgesamt 22.000 Deutsche wurden damals in der Tschechoslowakei verurteilt.“
Auch Kurt Daluege kam vor tschechoslowakische Gerichte. Er war zuvor stellvertretender Reichsprotektor in Böhmen und Mähren und Chef der Ordnungspolizei im Deutschen Reich:„Daluege befehligte in der zweiten Kriegshälfte etwa 2,5 Millionen Ordnungspolizisten, die sich vor allem an den großen Massakern an der Ostfront beteiligten. Dass er an die Tschechoslowakei und nicht an Polen ausgeliefert wurde, war ein Ausdruck des Vertrauens der Alliierten in die tschechoslowakische Justiz.“
Auch bei Daluege leitete Bohuslav Ečer das Verhör. Der Jurist nahm als Leiter der tschechoslowakischen Delegation zudem an den Prozessen in Nürnberg teil. Damals beschrieb er seine Eindrücke vom Verhalten der Kriegsverbrecher:
„Alle sind bei den Verhören nicht nur anständig, sondern oft sogar sehr servil. Sie wollen durch ihr Verhalten den Eindruck erwecken, dass sie keine grausamen SS-Übermenschen seien, sondern einfache Menschen.“
Die Tschechoslowakei beantragte in Deutschland wiederholt die Auslieferung des Chefs der Prager Gestapo, Ernst Gerke. Noch im Jahr 1981 wurde ein Strafverfahren gegen ihn wiederaufgenommen. Trotzdem starb Gerke ein Jahr später in Bielefeld, ohne dass er jemals für seine Taten zur Rechnung gezogen wurde. Der Historiker ergänzt:
„Gerke verfügte über Kontakte und schaffte es, sehr gut durchzukommen. Dabei waren die Beweise gegen absolut eindeutig.“
Ohne Strafe kam auch der Befehlshaber der Ordnungspolizei im Protektorat, Paul Riege, davon. Dieser wurde zwar an die Tschechoslowakei ausgeliefert, im Januar 1948 aber von einem Gericht freigesprochen.