Museum des Spiels in Jicin
"Ich kenne ein schönes Schloss unweit von Jicin." Mit diesen Worten beginnt ein schönes böhmisches Volkslied, das uns zur heutigen Touristensprechstunde inspirierte. Wovon es erzählt, werden Sie in den folgenden Minuten erfahren. Vor allem laden wir Sie jedoch in ein Museum ein, dessen Besichtigung man nicht im Rahmen normaler Führungen absolviert - handelt es sich doch um das Museum des Spiels. Im Studio warten auf Sie Gerald Schubert und Markéta Maurová.
"Das Jiciner Museum war zwar ein ziemlich schönes, aber gewöhnliches Museum für Landeskunde, das Sammlungen von der Vorgeschichte bis ins 20. Jahrhundert dokumentiert. Es fehlte ihm jedoch ein Sammlungskomplex, der daraus ein spezialisiertes Museum machen würde, das einem bestimmten Bereich gewidmet ist. Wie etwa ein Krippenmuseum, ein Steinmetzmuseum, das es in Turnov gibt, ein Moldaustein-Museum, ein Pfeifenmuseum usw."
Dieser Vergleich mit anderen Museen in der Region tat den Jicinern wahrscheinlich ein bisschen leid, und so wurde eine interessante Idee geboren. In der Stadt und ihrer Umgebung spielt sich eines der berühmtesten tschechischen Märchen über den guten Räuber Rumcajs ab, und Jicin ist auch als Veranstaltungsort des alljährlichen Festivals "Jicin - eine Märchenstadt" bekannt. Märchen - Kinder - Spiele: Wohl eine ähnliche Assoziationskette entstand mal im Kopfe der Museumsmitarbeiter:
"Wir haben uns entschieden - unter anderem im Kontext des umliegenden Böhmischen Paradieses, der Märchen, der Tatsache, dass unsere Zielgruppe Kinder bzw. Familien mit Kindern sind, und letztlich auch im Kontext des Festivals "Jicin - eine Märchenstadt" - ein Museum des Spiels zu gründen. Ich will betonen, dass ein großer Unterschied zwischen einem Spielzeugmuseum und einem Museum des Spiels besteht. Das letztgenannte gab es bei uns noch nicht, und deswegen haben wir es patentiert. Der große Unterschied besteht darin, dass man sich im Falle eines Spielzeugmuseums eben um die Spielzeuge kümmern muss, man muss sie konservieren, Evidenz führen, in einer Vitrine ausstellen. Die Besucher sind dann frustriert, weil sie wissen, was das Spielzeug eigentlich machen kann. Das Spielzeug macht es jedoch nicht und darf nicht berührt werden."
Anders ist es im Falle der Spiele. Diese bieten unbeschränkte und mannigfaltige Möglichkeiten.
"Ein Spiel aber kann sich ständig vervielfältigen, es beansprucht nicht, ein Original zu sein. Auf diese Weise wird es möglich, sowohl ein neolitisches Spiel, als auch mittelalterliche Spiele oder Spiele der Jungen an einer Stadtperipherie des 20. Jahrhunderts zu begreifen. Mittels der Spiele können wir durch die Geschichte wandern und den Besuchern dadurch alles mögliche präsentieren." Dem Spiel fällt dabei eine doppelte Rolle zu - oder es wird dies zumindest in Zukunft der Fall sein. Es ist einerseits eine Methode, die bei der Besichtigung des Museums zur Geltung kommt, andererseits soll es künftig aber auch der eigentliche Ausstellungsinhalt sein.
"Die bestehende historische Ausstellung, die ganz traditionell ist, wird mit Hilfe von Spielelementen so gestaltet, dass die Besucher daraus das herausnehmen können, was sie wünschen. Ein relativ wichtiges Element soll dabei ihre Aktivität und ihre eigene Wissbegierde beim Museumsbesuch sein. Und die zweite Phase - ich hoffe, dass ich sie erlebe - das wäre ein wirkliches Museums des Spiels, das eine große Datenbank der Spiele haben wird: wo das Spiel entdeckt wurde, wie es gespielt wird. Ich glaube, dass es für die Mädchen etwa in 20 Jahren interessant sein wird, dass jemand weiß, wie z.B. das Anmäuerln gespielt worden war."
Soweit die Zukunftspläne Jaromir Gottliebs. Aber schon heute wird der Besucher bei der Besichtigung des Museums in ein Spiel einbezogen. Für Spiellustige sind spezielle Führungen, Instrumente, Pläne und Aufgaben vorbereitet. In mehreren Zimmern begegnet man dabei einem Porträt von Albrecht von Waldstein, der überall mit einem Stab dargestellt wird. Und gerade dieser Stab ist bei der Besichtigung von großer Bedeutung:
"Wenn die Kinder in unsere Werkstatt kommen, fragen wir sie - habt ihr es bemerkt, dieser Waldstein hat immer einen Stock bei sich. Was ist das? Sind es zusammengerollte Pläne? Oder ein Fernrohr, weil er Astrologe war? Oder ist es ein Marschallstab? Natürlich ist es ein Marschallstab. Wenn die Kinder sich selber einen solchen Stab erzeugt haben, können sie sich auf ihren weiteren Entdeckungsweg durch das Museum machen. Mit Hilfe dieses Stabs können sie Türen öffnen, die ohne ihn verschlossen bleiben."
Der Zauberstab entfesselt z.B. Düfte des Dorfes im 18. und 19. Jahrhundert oder setzt Photographien aus der Zeit vor 30 Jahren in Bewegung. Ebenso erstrahlt mit seiner Hilfe ein Planetensystem in der Stellung, die sich gerade auf dem Himmel zeigte, als Waldstein geboren wurde. In einem anderen Zimmer lässt der Stab ein bekanntes Volkslied erklingen, das eine traurige Geschichte aus der Region erzählt:
Ich kenne ein schönes Schloss unweit von Jicin, in dem ein Schäfer lebt, der einen schönen Sohn hat. Es lebte einmal eine Jungfrau im Schloss und liebte den jungen Schäfer. Sie schrieb ihm geheime Briefe voll von Liebe.
Steh auf, mein Schäfer, es wird bald grauen, wir gehen in den Hain, und begrüßen uns dort. Es sind dort herrliche Vögel und niedliche Blumen, ich höre dir so gerne zu, wenn du nur bei mir bist.
So ungefähr lässt sich der Inhalt des Lieds umschreiben, das auf ein reales historisches Ereignis zurückgeht. Von welchem Schloss unweit von Jicin wird da gesungen?
"Wir in Jicin sind davon überzeugt, dass es sich um Kumburk handelt, eine Burg, die etwa 12 Kilometer nördlich der Stadt liegt. Es wird überliefert, dass das Lied von der unglücklichen Liebe zwischen der Adeligen Eliska Katerina von Smirice und einem einfachen Schmied erzählt. Ihr Vater soll sie deswegen im Schloss eingesperrt haben. Eine solche Geschichte wurde in Kumburk bei Jicin und auf der Burg Hruba Skala historisch belegt. Wenn also dieses Lied gesungen wird, denken wir, dass es sich auf Kumburk bei Jicin bezieht. Heute ist diese Burg eine Ruine, zur Zerstörung kam es auf Anordnung des Kaisers nach dem Dreißigjährigen Krieg. Heute bietet sie eine romantische Szenerie."
Die Verhaftung Eliskas Katerinas leitete eine Serie von Ereignissen ein, die bis zur totalen Vernichtung des Geschlechts von Smirice führte. Nach vielen Jahren wurde sie zwar aus der Burg befreit, ein glückliches Schicksal war ihr jedoch nicht beschieden.
"Es endete tragisch, das Sie müssen aber selber im Museum von Jicin entdecken. Befreit wurde sie von Otto von Wartenberg. Da er wusste, dass sie eine sehr reiche Erbin ist, heiratete er sie. Sie erhob ihren Erbanspruch gegen ihre Schwester Marketa Salomena, und zwischen den beiden Schwesetern entbrannte ein heftiger Streit. Katerina und Wartenberg hielten sich im Schloss in Jicin auf, auf Beschluss des Kaisers sollte das Eigentum jedoch an Marketa Salomena fallen. Und so erlebte Eliska eine zweite Erschütterung. Als eine Kommission in Jicin eintraf, die darüber wachen sollte, dass sie das Eigentum übergibt und den Sitz verlässt, kam es auf dem Schloss von Jicin zu einer Explosion. Eliska Katerina fand dabei den Tod, und gemeinsam mit ihr auch ihr Schwager, der Ehemann von Marketa Salomena. Es wird also erzählt, dass es vielleicht sie selbst war, die den Funken gezündet und das Schloss in Brand gesetzt hatte."
Soweit liebe Hörerinnen und Hörer, das Schicksal Eliskas Katerinas. Wenn Sie mehr über ihr Leben, über die tragische Explosion vom 1. Februar 1620, bei der 41 Menschen getötet wurden, aber auch über viele weitere Dinge aus der Geschichte Jicins und seiner Umgebung erfahren möchten, besuchen Sie das "Museum des Spiels" im Jiciner Schloss. Am Ende der Besichtigung können Sie dann an einem "Schrank der Fragen" und einem "Schrank der Antworten" selbst überprüfen, was Sie von den gewonnen Informationen im Kopf behalten haben. Und das war´s für heute. Auf ein Wiederhören auf den Wellen von Radio Prag freuen sich Gerald Schubert und Markéta Maurová.