Musoleum – Bildhauer David Černý eröffnet eigenes Museum in Prag
Er ist wohl der tschechische Künstler, über den am meisten geredet wird: der Bildhauer David Černý. Seine Installationen stehen an vielen Orten Prags und sind meist schon aufgrund ihrer Größe nicht zu übersehen. Nun hat Černý auch noch ein eigenes Museum eröffnet. Er nennt es selbst „Musoleum“.
Wer kennt sie nicht, die schwarzen Riesenbabys, die den Fernsehturm in Prag hochklettern? Oder den heiligen Wenzel, der bäuchlings auf einem Pferd sitzt, das umgedreht von der Decke der Lucerna-Passage herunterhängt. David Černýs Installationen sind auffällig, provokativ und ironisch.
Nun gibt es in der tschechischen Hauptstadt auch ein Museum mit den Werken des Bildhauers. Er hat es selbst eingerichtet, nennt es aber anders, nämlich Musoleum – in Anspielung auf ein Mausoleum. Der Schriftzug prangt auch am Gebäude…
„Die Idee war, all die Sachen loszuwerden, die in meinem Studio standen. Daher handelt es sich auch um eine Lagerhalle. Das war sogar der ursprüngliche Name gewesen. Dann bin ich zu Musoleum übergegangen“, so Černý kurz vor der Eröffnung seines Museums für die englischsprachigen Sendungen von Radio Prag International.
Die Heimstätte für die Werke des Bildhauers steht im Prager Stadtteil Smíchov. Sie gehört zum industriellen Erbe der Gegend, denn es handelt sich um eine frühere Schnapsbrennerei. Nicht zufällig befindet sich genau gegenüber der Konzert- und Veranstaltungssaal MeetFactory, den Černý bereits seit 20 Jahren zusammen mit Freunden betreibt. Eigentlich will der Künstler über die trennende Straße und die Eisenbahnstrecke eine Fußgängerbrücke bauen, doch die Tschechischen Bahnen haben dem seinen Aussagen nach vorerst einen Riegel vorgeschoben.
Das Areal der früheren Schnapsbrennerei war in den vergangenen rund 20 Jahren immer weiter verfallen – bis die Immobilienentwicklungsfirma Trigema das Gelände kaufte. David Černý schildert die Entwicklung:
„1992 oder 1993 hatte ein britischer Investor das Industrieareal für fast gar nichts gekauft und es einfach so gelassen, wie es war. Marcel Soural, das ist der Trigema-Chef und ein Freund von mir, übernahm dann das gesamte Gelände. Aber nur ein einziges Gebäude und der Schornstein wurden gerettet. In langen Diskussionen, weil ich auch der Co-Architekt des gesamten Komplexes bin, der hier entstehen soll, haben wir uns Gedanken über die Nutzung des geretteten Hauses gemacht. Wir entschieden dann, irgendetwas Kulturelles oder ein Museum entstehen zu lassen. Dabei hieß es: ‚Warum machen wir nicht Deine Show hier?‘“
Das Gebäude hat sechs Stockwerke. Einige der ursprünglichen Bauelemente hat Černý auch in die Dauerausstellung aufgenommen, zum Beispiel eine gusseiserne Wendeltreppe. Ansonsten umfasst die Schau aber mehrere Hundert Objekte des Künstlers selbst:
„Was man hier an Dingen sehen kann, sind meist Werke aus meinem Atelier. Sie gehören nicht zum Schwerpunkt meiner Arbeit, denn das sind eher die Freiluft-Installationen. Nur ein paar Sachen hier können auch als Outdoor-Skulpturen durchgehen. Zudem habe ich ein paar Modelle für die größeren Installationen hierhergebracht. Insgesamt handelt es sich um einen Querschnitt meiner Künstlerkarriere. Denn es gibt sogar ein paar Sachen, die ich mit 18 Jahren angefertigt habe.“
Eines der potenziellen Außen-Objekte ist ein bronzener Trabant auf vier Menschenbeinen, so wie er in einer Kopie auch in der Deutschen Botschaft in Prag steht. Er erinnert an die DDR-Flüchtlinge im Spätsommer 1989 in Prag. Ein weiteres Werk ist ein verkleinertes Modell des Liegestützen machenden Londoner Busses, den Černý für die Olympischen Sommerspiele 2012 angefertigt hatte.
Ebenso gibt es eine Miniaturausgabe der Entropa, einer kontroversen Installation anlässlich der ersten tschechischen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2009. Auf dieser waren die Mitgliedsländer der EU abgebildet, reduziert auf ein einziges oder wenige Merkmale. Deutschland wurde mit Autobahnen in Form eines Hakenkreuzes symbolisiert, Bulgarien beispielsweise als Hockklo.
Was man auch immer von Černýs Kunst halten mag, spektakulär ist sie allemal. Und für Ausländer werden in Prag mittlerweile auch Rundgänge zu seinen Installationen angeboten. Und nun noch das Musoleum? David Černý jedenfalls fände es gut, wenn die Besucher ebenso den Weg nach Smíchov finden würden.
„Ich hoffe, die Touristen kommen darauf, dass es ganz eindeutig nichts anderes in Prag zu tun gibt, als in mein Musoleum zu gehen“, so der Bildhauer.
Im Übrigen besteht dort auch ein Raum für wechselnde, vorübergehende Ausstellungen. Derzeit sind in dieser Galerie die großformatigen Aufnahmen des Fotografen Dan Materna zu sehen.
Das Musoleum befindet sich im Prager Stadtteil Smíchov, konkret in der Straße Nádražní 2.