Nach Amoklauf: Heiße Debatte über Änderungen im Waffenrecht

Foto: thenys, Free Images

Erfurt 2002 und Winnenden 2009 – diese Orte und Jahreszahlen stehen in Deutschland für Amokläufe mit tragischen Folgen. Uherský Brod und der 24. Februar 2015 sind nun ein ähnliches Schockerlebnis in der Tschechischen Republik. Und ähnlich wie nach den Amokläufen in Deutschland ist auch hierzulande eine heftige Diskussion über das Waffenrecht entbrannt. Innenminister Milan Chovanec hat bereits angekündigt, das Waffengesetz ändern zu wollen.

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Wer in Tschechien einen Waffenschein erhalten will, muss mehrere Bedingungen erfüllen. Man muss Staatsbürger eines Nato-Landes sein mit dauerhaftem Aufenhalt in Tschechien, volljährig sein, die gesundheitliche Tauglichkeit nachweisen sowie ein sauberes Strafregister haben. Der Amokläufer vom Dienstag soll indes psychisch krank gewesen sein. Deshalb kam sofort die Frage auf: Sollte neben der physischen Tauglichkeit nicht auch noch ein psychologisches Gutachten über den Antragssteller erbracht werden? Dem Präsidenten des Verbandes der Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie, Jiří Hynek, missfällt aber, dass sich ein Waffenscheinkandidat zukünftig Atteste von zwei Ärzten einholen soll:



Jiří Hynek  (Foto: Archiv der Armee der Tschechischen Republik)
„Ich behaupte, dass der Pflichtbesuch bei einem Psychiater in gewissem Sinne auch ein Risiko in sich birgt. Das ist in etwa so, wie wenn man mit einer Grippe zum Arzt kommt und dieser dann entscheidet, ob man die Grippe zu Hause mit Antibiotika auskurieren wird oder er einen im Zweifelsfall zu einem Facharzt schickt. Wenn es also zur Pflicht gemacht wird, noch einen Facharzt aufzusuchen, dann geht die Verantwortlichkeit verloren. Denn beide Ärzte werden sich eventuell gegenseitig vorhalten, dass der andere die Schuld trägt.“

Das sieht die Psychiaterin und ehemalige Ministerin für Menschenrechte, Džamila Stehlíková, im Fall des Amokläufers von Uherský Brod ganz anders:

„Ich bin überzeugt davon: Wenn sich der Täter einer psychologischen Untersuchung hätte unterziehen müssen, dann hätte er den Waffenschein nicht erhalten.“

František Bublan  (Foto: Vendula Uhlíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Ein zweiter Punkt in der angelaufenen Diskussion ist die Handlungspflicht der Ärzte. Laut Vorschlag des Innenministeriums soll ihnen nun allgemein erlaubt werden, das Register der Waffenbesitzer einzusehen. Dies können bisher nur praktische Ärzte, nicht aber Psychiater. Für eine Ausweitung dieser Befugnis plädiert auch der Vorsitzende des Sicherheitsausschusses im Senat, František Bublan:

„Ein psychisch kranker Mensch kann auch auf direktem Wege zum Psychiater kommen, ohne vorher seinen praktischen Arzt aufgesucht zu haben. Der Psychiater sollte daher auch wissen, ob sein Patient ein legaler Waffenträger ist oder nicht. Dazu sollte er die Möglichkeit erhalten, dies zu überprüfen. Denn für mich ist das die entscheidende Phase, um mögliche Folgen zu verhindern.“

Jiří Švarc ist Chefarzt in der psychiatrischen Anstalt im Prager Stadtteil Bohnice. Er verweist darauf, dass die Kompetenzen zur ärztlichen Beurteilung, ob ein Waffenscheinbesitzer eine Gefährdung darstellen könnte, noch nicht geregelt sind:

Foto: ČT24
„Jeder Arzt ist verpflichtet, es weiter zu melden, wenn er glaubt, dass ein Patient mit Waffenschein eigentlich gar nicht die Voraussetzung dafür erfüllt. So verfahren wir auch bei den Besitzern von Führerscheinen. Doch wir müssen dies an den Vertrauensarzt des Patienten weitermelden. In dem heutigen Chaos an Fachärzten wissen wir – so wie ich das sehe – jedoch nicht, wer diese Vertrauensärzte sind.“

In punkto Führerschein seien die Verantwortlichkeiten indes geklärt, so Švarc. Mit der Einführung der neuen StVO am 1. Januar 2012 müssen die Ärzte die für den Straßenverkehr ungeeigneten Fahrzeugführer dem zuständigen Gemeindeamt oder der Polizei melden. Eine der Behörden zieht daraufhin den Führerschein des Patienten ein. Für eine ähnliche Regelung beim Waffenschein aber muss der Gesetzgeber erst noch nachbessern.