Nach Babiš-Niederlage in Präsidentschaftswahl: Ano-Spitze berät über weitere Ausrichtung der Partei

Andrej Babiš

Bei der Präsidentschaftswahl Ende Januar konnte sich der Ano-Parteichef und Ex-Premier, Andrej Babiš, nicht durchsetzen. Nach der Niederlage kam am Mittwoch nun die Ano-Spitze zusammen, um über die weitere Ausrichtung der Partei zu beraten. Wirkliche Neuerungen gab es dabei nicht. Andrej Babiš bleibt Parteichef und Mitglied der Abgeordnetenhausfraktion.

Karel Havlíček | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Er werde weiter als Abgeordneter im Parlament bleiben, teilte Andrej Babiš nach der Sitzung der Parteispitze von Ano mit. Auch in Sachen Parteiführung brachte die Zusammenkunft am Mittwochabend keine großen Änderungen. Entgegen anderslautender Spekulationen im Vorfeld bleibt Andrej Babiš Vorsitzender. Die zukünftigen Herausforderungen für seine Partei schilderte er wie folgt:

„Wir müssen die Ausrichtung unserer Partei festigen und uns auf die junge Generation konzentrieren. Und wir müssen neue Gesichter finden. Jetzt ist die Zeit, in der wir neue Kräfte schöpfen können. Und wir können uns Gedanken machen über unsere Wahlkampfstrategien für die Wahlen des Europaparlaments und der Kreisvertretungen 2024 sowie zum Abgeordnetenhaus 2025.“

Alena Schillerová | Foto: Michaela Danelová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

Die von Babiš erwähnten „neuen Gesichter“ wurden am Mittwoch allerdings noch nicht vorgestellt. Während er sich selbst vorerst aus der medialen Öffentlichkeit zurückziehen wolle, würden nun vor allem Karel Havlíček und Alena Schillerová die Partei nach außen vertreten, so Babiš. Havlíček war in der Vergangenheit Industrie- und Handelsminister; zugleich leitete er eine Zeit lang das Ressort für Verkehr. Alena Schillerová war in beiden Kabinetten der Regierung Babiš Finanzministerin und ist derzeit Fraktionsvorsitzende.

Ivo Vondrák | Foto: František Tichý,  Tschechischer Rundfunk

Eine Neuerung personeller Natur brachte die Sitzung am Mittwoch dann aber doch. So legt der stellvertretende Parteivorsitzende Ivo Vondrák sein Amt nieder. Grund hierfür sind seine kritischen Äußerungen gegenüber Babiš. Vondrák hatte vor der Präsidentschaftswahl angekündigt, für Petr Pavel statt für den Kandidaten aus den eigenen Reihen zu stimmen. Dies habe nun zum Rücktritt geführt, erklärte er:

„Aus parteipolitischer Sicht hat mein Vorgehen vielen Leuten nicht gefallen. Ihr Argument war, dass ein stellvertretender Vorsitzender eine solche Kritik nicht üben sollte. Dem stimme ich zu, und deshalb habe ich mein Amt niedergelegt. Meine Aussagen waren jedoch moralischer Art, ich wollte den Medien gegenüber nicht lügen.“

Aus der Partei austreten wolle Vondrák aber vorerst nicht, auch bleibe er weiterhin Hauptmann des Mährisch-Schlesischen Kreises, teilte er mit.

Für die nächsten Wahlen kündigte Andrej Babiš an, vor allem bisherige Wähler der Rechtsaußenpartei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD) gewinnen zu wollen. Gemeinsam mit Ano bildet die SPD die Opposition im tschechischen Parlament. Der stellvertretende Vorsitzende der Außenrechts-Gruppierung, Radim Fiala, zeigte sich skeptisch:

„Die politischen Programme unserer beiden Parteien sind seit Langem so unterschiedlich, dass dieser Plan nicht aufgehen wird. Abermals wiederhole ich jedoch, dass wir am ehesten mit der Partei Ano eine Koalition bilden könnten.“

Radim Fiala und Tomio Okamura aus SPD | Foto: ČT24

Anders sieht das die Journalistin Kateřina Perknerová in ihrem Kommentar für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Andrej Babiš wird auf die Wähler der Partei ‚Freiheit und direkte Demokratie‘ abzielen, aber auch auf die der Sozialdemokraten. Er hat dies selbst klar gesagt. Potentielle Stimmen sollen von allen kommen, die sich nicht in der aktuellen Regierung Petr Fialas und der Fünferkoalition vertreten sehen.“

Die Rechtsaußenpartei SPD könnte dadurch von der politischen Landkarte verschwinden, meint Perknerová. Das Parteiprogramm von Ano dürfte ihrer Ansicht nach in Zukunft sämtliche soziale Themen abdecken, etwa Familienpolitik, Wohnungsnot und ein niedrigeres Renteneintrittsalter. Dieses eigentlich klassisch sozialdemokratische Programm würde dann mit etwas Nationalismus gepaart, sagt Perknerová.

Kateřina Perknerová,  Redakteurin und Kommentatorin von Deník | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

Dass die Partei Ano bei all dem auch ohne Andrej Babiš funktionieren könnte, davon geht die Kommentatorin nicht aus. Vielmehr sei zu erwarten, dass Babiš sich derzeit zurücknehme, um seine Kräfte zu sammeln – um dann in zwei Jahren als Sieger der Parlamentswahlen hervorzugehen und erneut tschechischer Premier zu werden.

Autoren: Ferdinand Hauser , Eliška Radinová , Marie Jakšičová
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