Nach der Arbeit ins Schwimmbad: in Prag keine einfache Angelegenheit

Foto: Adam Kurzok / Stock.XCHNG

Sommerzeit ist Schwimmbad-Zeit: Nicht unbedingt in Prag, findet Radio-Prag-Redakteur Daniel Kortschak, der deshalb zum Schwimmen lieber nach Wien oder nach Zwickau fährt.

Freibad des Sportklubs Slavia Prag
Für mich gibt es kaum etwas Schöneres, als an einem heißen Sommertag vor oder nach der Arbeit im Freibad ein paar Runden zu ziehen und es mir zwischendurch mit einer Zeitung oder einem Buch auf dem Rasen bequem zu machen. Genau auf halbem Weg zwischen meiner Wohnung und dem Funkhaus liegt das Freibad eines bekannten Prager Sportklubs und mehrmaligen Fußball- und Eishockeymeisters. Bereits am Eingang begrüßt mich das Logo der Prager Stadtverwaltung samt Unterschrift eines gewissen Dr. med. Pavel Bém, seines Zeichens Oberbürgermeister. „Dieses Sportareal wird von der Hauptstadt Prag finanziell unterstützt.“ Wie großzügig!

Dennoch unternimmt man mit dem Betreten des Bades eine Zeitreise: Das Garderobenpult in dunklem Holz strahlt noch echt kommunistischen Schick aus. Gegen 100 Kronen Einsatz bekommt man hier ein gefährlich schweres, blassblaues Vorhängeschloss für das Kästchen ausgehändigt. Der Kabinentrakt würde sich bestens als Drehort für einen Gefängnisthriller eignen, die Außenanlagen und das Buffet haben ihre besten Zeiten wohl in den frühen Siebzigern erlebt. Das dort verwendete Bratfett dürfte nur unwesentlich jüngeren Datums sein. Am besten in Schuss ist noch das Becken. Allerdings stößt an Tagen mit großem Andrang die Filteranlage an ihre Grenzen, das Wasser wartet dann mit jeder Menge ebenso interessanter wie unappetitlicher Schwebstoffe auf. Das ganze gibt’s zum günstigen Tagespreis von umgerechnet 4,80 Euro. Nach 15 Uhr werden immerhin noch 4 Euro fällig für den Ausflug in längst vergangen geglaubte Zeiten.

Strandbad Planitz in Zwickau  (Foto: Wolfgang Buttkus)
Jedes Mal, wenn ich an der Badekasse den grünen Schein zücke, denke ich an meinen Besuch in Zwickau vor einigen Wochen. Das dortige Strandbad Planitz präsentiert sich frisch renoviert, mit großen Beckenlandschaften und akkurat gepflegtem Rasen. Für den Tageseintritt werden 4 Euro kassiert, ab 16 Uhr kostet es zwei und ab 18 Uhr gar nur mehr einen Euro. Und das in einer Stadt, die im Gegensatz zur Hauptstadt Prag von einem ausgeglichenen Haushalt nur träumen kann.

Während mir der mürrische Prager Rentner an der Badekasse die Eintrittskarte ausdruckt, denke ich an Wien und seine bestens gepflegten 17 städtischen Bäder.

Und auf dem Weg durch die düsteren Gänge zu den Kästchen denke darüber nach, warum die Prager Stadtverwaltung meint, Bäder seien keine öffentliche Aufgabe und den defizitären Betrieb lieber privaten Betreibern überlässt, die sie mit Subventionen am Leben erhält. Dann fällt mir ein, dass der Prager Magistrat ja damit beschäftigt ist, eine gute Milliarde Euro in einen Stadtautobahn-Tunnel zu stecken, dessen Nutzen zwar höchst umstritten und dessen Fertigstellung noch immer nicht absehbar ist, der dafür aber schon zum dritten Mal höchst medienwirksam eingestürzt ist. Und ich erinnere mich daran, dass die Prager Stadtverwaltung zig Millionen Euro für elektronische Straßenbahnfahrkarten ausgegeben hat, an denen sich wohl nicht nur die Betreiberfirma unverschämt bereichert hat.

Foto: Adam Kurzok / Stock.XCHNG
Mittlerweile stehe ich unter der Dusche. Nackt natürlich, denn schließlich steht auf den vergilbten Kacheln in roten Buchstaben geschrieben: "Vor dem Baden OHNE Badehose GRÜNDLICH duschen!". Und während ich mich einseife, fallen mir die Kommunalwahlen im Oktober ein, und ich hoffe, dass sich danach so einiges ändern wird in der Hauptstadt der Tschechischen Republik.