Nach Sotschi: Bauer und Strachová überlegen noch, Verner beendet Karriere nach WM

Tomáš Verner (Foto: ČTK)

Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi hat die Tschechische Republik acht Medaillen gewonnen. Sie wurden in drei Sportarten erkämpft: im Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi hat die Tschechische Republik acht Medaillen gewonnen. Sie wurden in drei Sportarten erkämpft - im Eisschnelllauf, im Snowboardsport und im Biathlon - und das von Sportlerinnen und Sportlern, die auch noch in Zukunft für Furore sorgen könnten. Im Eiskunstlauf und im traditionellen Skisport sieht es indes nicht so rosig aus. Hier haben beziehungsweise werden erfolgreiche Athleten die internationale Bühne verlassen.

Karolína Erbanová  (Foto: ČTK)
Zweimal Gold, viermal Silber und zweimal Bronze – so lautet die tschechische Erfolgsbilanz bei den Spielen in Sotschi. Diese Ausbeute ist zugleich die beste, die tschechische Sportler je bei Olympia erzielt haben. Eine der noch jungen Athletinnen im Team von Sotschi war Eisschnellläuferin Karolína Erbanová. Die erst 21-jährige Hoffnungsträgerin will eines Tages in die Erfolgsspur der dreifachen Olympiasiegerin Martina Sáblíková treten. Sie ist optimistisch, dass sie schon in vier Jahren bei den Spielen im südkoreanischen Pyeongchang dazu in der Lage ist:

„Dann möchte auch ich gern zum Medaillengewinn der tschechischen Olympiamannschaft beitragen. Es war schon erstaunlich, was wir in Sotschi gezeigt haben, besonders im Biathlon. Und viele unserer Aktiven sind noch jung, von daher sollte es in vier Jahren in Korea erst richtig abgehen.“

Lukáš Bauer  (Foto: ČTK)
In Sotschi belegte Erbanová jeweils den 10. Platz über 500 und über 1000 Meter. Fünf Plätze weiter vorn landete Skilangläufer Lukáš Bauer auf der im klassischen Stil gelaufenen 15-Kilometer-Strecke. War es sein letzter Auftritt bei Olympia? Auf diese Frage reagierte der 36-Jährige ein wenig reserviert:

„Wartet ab bis Korea, dann wird man sehen, ob ich dabei sein werde oder nicht. Ich lasse mich selbst überraschen. Im Moment aber weiß ich noch gar nichts, auch nicht, ob ich weitermache oder aufhöre. Ich lasse es auf mich zukommen.“

Šárka Strachová  (Foto: ČTK)
Etwas weiter in ihren Planungen ist da schon die alpine Skiläuferin Šárka Strachová. Die jung vermählte 29-Jährige glaubt nicht daran, bei den Spielen in Südkorea noch an den Start zu gehen:

„Ich sehe mich zu 99,9 Prozent nicht in Südkorea. Man sollte zwar niemals nie sagen, aber vier Jahre sind eine lange Zeit. Bis dahin werde ich wohl nur schwerlich die notwendige Energie aufbringen. Zudem will ich mit meinem Mann eine Familie gründen und Kinder haben. Für ein weiteres Jahr spüre ich noch genug Lust und Motivation, danach wird man sehen.“


Tomáš Verner  (Foto: ČTK)
Ein tschechischer Athlet hat seine Entscheidung aber bereits getroffen: Der Eiskunstläufer Tomáš Verner hat seine aktive Karriere nach der olympischen Kür von Sotschi für beendet erklärt. Das erläutert der 27-Jährige auch im Interview für Radio Prag:

Tomáš, die Spiele in Sotschi waren Ihre dritten olympischen Winterspiele. Wie würden Sie diese im Nachhinein aus sportlicher Sicht einschätzen?

„Sportlich gesehen waren die Spiele in Sotschi für mich die besten. Die Spiele in Turin und Vancouver waren sowohl von der Organisation als auch von meinem Gefühl her nicht so gut. Ich hatte dort als Sportler zu viel Stress und keine Zeit, die Spiele wirklich zu genießen, da ich mich nach dem olympischen Wettkampf gleich wieder auf die Weltmeisterschaften konzentrieren musste. Das war jetzt anders, denn in Sotschi bin ich meine letzte Kür gelaufen und habe danach meine Karriere beendet. Daher konnte ich mich nach dem Wettkampf entspannen und mir auch andere olympische Disziplinen anschauen.“

Tomáš Verner  (Foto: ČTK)
Das waren Ihre letzten Olympischen Spiele, sogar Ihr letzter Wettkampf. Was geht einem da durch den Kopf?

„Es war nicht so einfach aufzuhören, weil ich es mir anders vorgestellt hatte. Aber es hat mir geholfen, dass ich die Entscheidung, die Karriere zu beenden, schon letztes Jahr im Mai getroffen hatte. Vor dem Wettkampf musste ich daher nicht hin und her überlegen, ob es nun eine gute Entscheidung war oder nicht. Dennoch kamen nach der Kür in Sotschi noch einmal alle möglichen Gefühle in mir hoch, denn ich liebe meinen Sport. Ich war mir indessen sehr bewusst, dass dies mein letzter Wettkampf sein wird. Besonders aber habe ich die Stimmung in der Arena genossen, denn das Publikum bei einem Wettkampf ist ein ganz anderes als beim Schaulaufen. Und das werde ich bestimmt vermissen.“

Tomáš Verner war 2008 Europameister  (Foto: YouTube)
Ist es bei einem Wettkampf wirklich emotionaler als beim Schaulaufen?

Die Reaktionen sind unterschiedlich. Beim Schaulaufen freuen sich die Zuschauer einfach, mich zu sehen. Wenn ich aber einen guten Wettkampf laufe, dann ist die Begeisterung des Publikums sofort nach Ende der Kür wirklich überwältigend.“

Ihre Karriere fing Mitte der nuller Jahre ganz gut an: Sie waren 2007 EM-Zweiter in Warschau und ein Jahr später sogar Europameister. Bei Weltmeisterschaften hat es allerdings nie ganz für eine Medaille gereicht. Wie würden Sie das heute im Nachhinein erklären? Wurde die Konkurrenz einfach stärker, der Stress größer oder gab es andere Einflüsse?

Tomáš Verner  (Foto: ČTK)
„Im Eiskunstlauf ist es schwer, immer ganz vorne zu sein. Für diese Sportart braucht man viel Gefühl und Stärke. Meistens aber hat man beim Start nur das eine oder das andere davon in petto, oder gar nichts von beiden. Wenn ich zurückblicke, lag der Unterschied zu anderen für mich darin, dass ich das Laufen nie wirklich genossen, sondern mir immer Stress gemacht habe. Erst bei den Spielen in Sotschi habe ich begriffen, dass man den Wettkampf auch einfach genießen kann. Im Eiskunstlauf aber sind es halt die Preisrichter, die über das Resultat entscheiden, wir können einfach nur das Beste geben. Während meiner Karriere habe ich mir zu viele Gedanken um meine Platzierung gemacht, das war im Nachhinein falsch.“

Yuzuru Hanyu  (Foto: ČTK)
Der Punkt ist doch der: Die Sportart heißt eigentlich Eiskunstlaufen. Sie sind einer der Läufer, die immer durch ihren läuferischen Stil überzeugt haben. Für viele Fans war es ein Genuss, Ihnen auf dem Eis zuzuschauen. Nun hat sich das Eiskunstlaufen aber immer mehr in Richtung Eisakrobatik entwickelt. Die Sprünge werden von Mal zu Mal immer höher bewertet, doch gerade das hat den Stress der Läufer noch gesteigert, oder?

„Ich bin nicht der Einzige, der das so sieht. Für mich ist es eine große Enttäuschung, dass ein rein athletischer Läufer wie Yuzuru Hanyu Olympiasieger bei den Männern geworden ist. Ich bin nicht einverstanden damit, weil Hanyu nur eine Aneinanderreihung von Sprüngen gezeigt hat und sonst nichts. Von künstlerischem Ausdruck war in seiner Kür indes überhaupt nichts zu sehen. Einen Läufer wie Hanyu dank der Bewertung auf eine gleiche Stufe zu stellen wie Pljuschtschenko, Jagudin, Petrenko, Urmanow, Kulik oder Joubert ist nicht gerechtfertigt. Ich denke daher, jetzt geht das Eiskunstlaufen in eine andere Richtung, und diese Richtung gefällt mir gar nicht.“

Tomáš Verner  (Foto: ČTK)
War das auch mit ein Grund dafür, dass Sie sich gesagt haben: Jetzt mache ich Schluss, denn die Entwicklung spricht gegen mich?

„Es ist ein Grund, aber nicht der wichtigste. Ich bin der Meinung, dass ich vom Potenzial her immer noch in der Lage bin, zumindest noch eine Saison aktiv zu laufen. Auf der anderen Seite aber muss ich einräumen: Mir tut alles weh, denn nach 22 Jahren auf dem Eis hat mein Körper schon genug. Es ist unglaublich schwierig geworden, sich jedes Jahr besonders im physischen Bereich auf die neue Saison vorzubereiten, denn die Vorbereitung dauert lange und ist sehr anstrengend. Daher kann ich jetzt endlich abschalten, mich entspannen und mit mir auch zufrieden sein.“

Wie wird es bei Ihnen weitergehen? Wie sieht Ihre berufliche Perspektive aus? Stehen in sportlicher Hinsicht nun verstärkt Eisrevuen auf Ihrem Programm?

Tomáš Verner  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Ganz bestimmt bleibe ich noch ein, zwei Jahre auf dem Eis. Ich werde vor allem bei Shows auftreten mit dem Vorhaben, dass ich den Eiskunstlauffans noch etwas Freude bereiten kann. Ansonsten steht für mich die Ausbildung im Vordergrund, denn Ende August will ich mein MBA-Studium abschließen. Darüber hinaus habe ich bereits erste Gespräche geführt mit meiner Agentur Sport Invest. Innerhalb der Agentur möchte ich gern hinzustoßen zu der phantastischen Gruppe, die den Sport unterstützt. Ich will also weiterhin beim Sport bleiben, jetzt aber in einer anderen Rolle und mit einer neuen Aufgabe.“

Eissportzentrum Oberstdorf  (Foto: Archiv des Eissportzentrums)
Wo hat die Gruppe, der Sie sich anschließen wollen, ihr hauptsächliches Betätigungsfeld: im bayerischen Oberstdorf, hier in Tschechien oder anderswo?

„Das habe ich noch nicht entschieden, das steht noch nicht fest. Ich kann entweder hier in Prag arbeiten, ich kann auch nach Oberstdorf zurückziehen, ich kann ebenso zurück nach Toronto gehen. Die Möglichkeiten sind da, ich muss jedoch herausfinden: Wo kann ich etwas bewegen? Wo kann ich behilflich sein? Und wo macht es wirklich Spaß, mit den Sportlern zu arbeiten?“

Apropos Oberstdorf: Welchen Einfluss hat das dortige Sportleistungszentrum auf Ihre Entwicklung gehabt? Was beutet Oberstdorf für Sie?

Michael Huth  (Foto: David W. Carmichael,  CC BY-SA 3.0)
„Ich hätte nie das erreicht, was ich erreicht habe in meiner sportlichen Karriere, ohne Oberstdorf. Ich erhielt eine tolle Unterstützung und Betreuung durch die dortigen Trainer, besonders aber durch Michael Huth. Das Verhältnis zu ihm war mehr als nur eine Sportler-Trainer-Beziehung. Ich will es so erklären: Nach den Winterspielen in Vancouver wollte und musste ich einfach aus Oberstdorf weg, weil ich der Meinung war, dass ich mich dort nicht mehr weiterentwickle. Das hatte jedoch nichts mit Trainer Michael Huth zu tun, er war für mich immer der Beste. Ich musste mich vielmehr selbst suchen. Das habe ich geschafft, ich habe mich gefunden. Nach drei Jahren Kanada bin ich dann nach Oberstdorf zurückgegangen und habe ich mich sehr gefreut, als Herr Huth zu mir sagte: ´Wenn du es wirklich willst, dann nehmen wir dich wieder auf´. Gesagt, getan, also begann ich von neuem in Oberstdorf zu trainieren, und hier habe mich auch für die Winterspiele in Sotschi vorbereitet. Es lief großartig. Aber es sind nicht nur die Trainer, die mich voranbrachten, sondern all die Leute, die im Sportzentrum arbeiten. Es ist ganz einfach die freundlich-nette Art der Menschen in Bayern, und speziell der Einwohner von Oberstdorf, die mich motivierte. Die Leute hier sind wie eine Familie für mich. Das ist sehr wichtig für mich, denn schon im Alter von zwölf Jahren bin ich quasi ausgewandert aus meiner Heimat. Seitdem war ich immer selbständig, ohne Eltern. Von daher habe ich in Oberstdorf in Bayern meine Ersatz-Familie gefunden.“

Entgegen seinen Äußerungen im Interview wird Tomáš Verner nun doch noch zu einem großen Wettkampf antreten – zur Weltmeisterschaft in Japan. Die WM wird vom 24. bis 30. März im zentraljapanischen Saitama ausgetragen.

Autor: Lothar Martin
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