Projekt Icerink fördert sportliche Betätigung und Talententwicklung

Objekt Icerink (Visualisierung: Archiv des Projektes Icerink)

Bis auf Eishockey ist für die Wintersportarten die olympische Saison beendet. In Prag bastelt man aber bereits an der Zukunft des Eiskunstlaufs und Eishockeys. Anteil daran hat das neue Projekt Icerink.

Objekt Icerink  (Visualisierung: Archiv des Projektes Icerink)
Anfang Februar wurde im zehnten Prager Stadtbezirk das Objekt Icerink eingeweiht – ein moderner Sportkomplex mit zwei Eishallen, einem Kraftraum und allem Zubehör, der für einen optimalen Eissportbetrieb nötig ist. Den Komplex ließ ein privater Investor binnen eines Jahres errichten. Er wird seitdem sieben Tage in der Woche von früh bis spät für den Breitensport und die Talentförderung im Eishockey und Eiskunstlauf genutzt. Für die Förderung zeichnen zwei ehemalige Spitzensportler verantwortlich, die sich in diesem Projekt voll engagieren: Martin Holý, er ist Eishockey-Junioren-Weltmeister von 2000, und Tomáš Verner, der Eiskunstlauf-Europameister von 2008.

In ihrer neuen Arbeit haben Holý und Verner einen Weg nach skandinavischem und kanadischem Vorbild eingeschlagen: Alle Kinder vom jüngsten Jahrgang an werden an beide Sportarten herangeführt, wobei die Freude am Eislaufen im Vordergrund steht. Erst nach und nach wird sondiert und gefiltert, wer für Eishockey, Eiskunstlauf oder einen anderen Sport besonderes Talent hat. Die jungen Eiskunstläufer werden von Verner in der nach ihm benannten Akademie betreut, die Eishockeyprofis von morgen trainieren und spielen unter Anleitung von Holý beim neuen Verein HC Padok Prag. Dazu nun Tomáš Verner exklusiv im Interview.

Tomáš Verner  (Foto: Šárka Ševčíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Herr Verner, wie geht es Ihnen, und was beschäftigt Sie zurzeit?

„Ich befinde mich gerade in der neuen Eislaufhalle, die in weniger als einem Jahr gebaut wurde. Es ist ein Traum für jeden Eiskunstlauftrainer, in so einer Halle in Prag arbeiten zu können. Mir geht es sehr gut, denn es läuft nach Plan: Am 15. Januar hat meine Eiskunstlaufakademie ihre Arbeit aufgenommen. Ich bin froh, dass wir von Investoren und der Stadt Prag gut unterstützt werden.“

Wie kam es zu der Idee der Eiskunstlaufakademie, und was beinhaltet sie?

„Unsere Akademie steht noch ganz am Anfang. Aber wir haben bereits Erfahrungen mit Sommercamps gesammelt. Wir haben sie in den Ferien veranstaltet, weil wir nicht wollten, dass die Kinder ihre Schulzeit unterbrechen. Unsere Prämisse lautet: Zuerst sollen die Kinder den Unterricht besuchen und danach Sport machen. Diesen Vorsatz können wir dank der neuen Eishalle endlich auch in Prag umsetzen. Und ich bin glücklich, dass die Kinder jetzt in unserer Akademie Sport treiben können.“

Objekt Icerink  (Visualisierung: Archiv des Projektes Icerink)
Vor vier Jahren haben Sie ihre aktive Karriere beendet und danach eine Zeitlang im Fernsehen moderiert. Nun aber ist es Ihre große Aufgabe, Kinder zum Sport zu motivieren und Eiskunstläufer für die Zukunft auszubilden. Dazu trägt die moderne Anlage bei, die jüngst eröffnet wurde. Sie sind am Projekt Icerink beteiligt, aber welchen Anteil haben Sie daran? Und warum ist diese Halle so wichtig für Prag und den tschechischen Sport?

„Zunächst einmal bringen wir bringen die Kinder auf die Eisfläche. Doch wir bilden sie nicht nur zum Eiskunstläufer oder Eishockeyspieler aus. Wir betreiben hier eher eine allgemeine Vorbereitung für jeden Sport. Wir machen nämlich auch Gymnastik, Ballett, Tanz und vieles mehr in dem kleinen Kraftraum. Deswegen ist dieses Projekt für den tschechischen Sport und für Prag so wichtig. Zudem haben wir ein großes Betätigungsfeld für gute Trainer. Sie können sich den ganzen Tag hier engagieren und dabei mit uns auch über andere Trainingseinheiten diskutieren. Heutzutage ist es wichtig, als Team zu arbeiten. Jeder spricht davon, aber keiner macht es. Wir aber tun es, weil wir eine superschöne Anlage haben, in der wir den ganzen Tag aktiv sein können. Die Trainer sind dabei nicht zwölf Stunden auf dem Eis, sondern teilen sich die Arbeit. Denn jeder von ihnen soll in seiner Trainingseinheit zu 100 Prozent engagiert sein. Vordem mussten die Trainer mehrere Hallen in Prag und Umgebung abklappern, sie sind quasi von Termin zu Termin gehetzt. Dadurch waren sie ziemlich fertig und müde, sie konnten sich also nicht mehr genug konzentrieren. Das passiert hier nicht.“

Turnier von Nagano  (Foto: Canadaolympic989,  Wikimedia CC BY-SA 3.0)
Der Sportkomplex Icerink ist also ein Ort, an dem viele Dinge zusammengefasst sind…

„Eben. Und das ist unser neues Zuhause.“

Eissport hat in Tschechien eine lange und erfolgreiche Tradition. Gerade in diesem Jahr feiert man hierzulande ein tolles Jubiläum, denn vor 20 Jahren haben die Eishockeyspieler das olympische Turnier von Nagano gewonnen. Und auch im Eiskunstlauf haben mehrere Tschechen und Slowaken schon großen Sport gezeigt. In den letzten Jahren ist es hierzulande jedoch etwas ruhiger geworden, sowohl im Eiskunstlauf als auch im Eishockey. Liegt es vielleicht daran, dass es gerade im materiellen Bereich, bei den Sportstätten und Ausstattungen gefehlt hat? Sind solche Projekte zurzeit nicht notwendiger denn je, um besonders die Kinder vom Computer wegzubekommen?

Illustrationsfoto: imagerymajestic,  FreeDigitalPhotos.net
„Es stimmt, in diesen Sportarten ist etwas ruhiger geworden. Inzwischen haben wir eine Generation von Kindern, die nicht mehr auf der Straße spielt. Die Kinder und Jugendlichen schauen auf ihre Handys, bleiben zu Hause und wollen sich oftmals nicht viel bewegen. Wenn sie aber zu uns kommen, führen wir sie nicht nur auf das Eis, sondern turnen auch mit ihnen. Ziel ist, dass sie wieder beweglicher werden und eine Affinität zu verschiedenen Sportarten entwickeln. Wir haben darüber auch viel mit ehemaligen Eishockeytrainern diskutiert. Sie berichteten uns, dass die Kinder oftmals, wenn sie zu anderen Vereinen gehen, gleich auf eine Position festgelegt werden. Man sagt ihnen zum Beispiel: Du wirst im Tor stehen, du spielst Stürmer und du Verteidiger. Das machen wir hier nicht. Wir bereiten Kinder generell für den Sport vor.“

Ist es Ihnen deshalb auch wichtig, dass Eiskunstlauf und Eishockey nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten? Dass die Kinder verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt bekommen und dann selbst entscheiden können, was sie gerne machen möchten?

„Wir wollen diese Entscheidung wirklich den Kindern überlassen oder aber ihre Eltern dabei zu Rate ziehen. Zu Beginn lernen die Kinder erst einmal, sich auf dem Eis zu bewegen. Falls sie dabei merken, dass dies nichts für sie ist, können sie es in anderen Sportarten versuchen. Denjenigen aber, die bleiben, bieten wir die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln und sich für unsere Teams im Eiskunstlauf oder Eishockey zu empfehlen. Sie können sich also aussuchen, was sie machen wollen. Wir legen das also nicht gleich fest und sagen: Du wirst ein Eishockeyspieler, oder du bist eine Eisprinzessin. Alle lernen zunächst Eislaufen und danach ihre Fähigkeiten darin zu entwickeln.“

Foto: Manfred Richter,  Pixabay / CC0
An Ihrer Akademie wollen Sie letztlich aber auch ein professionelles Eiskunstlaufteam formen. Wie soll das konkret aussehen? Haben Sie schon Vorstellungen, wie Sie es aufbauen wollen? Wie viele Talente wollen Sie eines Tages betreuen?

„Die Talente müssen wir noch suchen. Aber das Talent ist nicht das Allerwichtigste im Sport. Der Grundgedanke ist der: Die Prager sollen bei uns die Gelegenheit bekommen, Eis zu laufen, und bei den Eiszeiten für die Öffentlichkeit sichten wir dann, wer das Zeug zu mehr hat. Uns ist dabei klar, dass die Talente wachsen müssen. Wir müssen sie von Anfang an fördern und unterstützen. Das gilt ebenso für das Eishockey. Dabei besteht jederzeit die Möglichkeit, dass die Talente wechseln können, vom Eishockey zum Eiskunstlauf oder umgekehrt. Die Kooperation zwischen beiden Sportarten ist sehr wichtig. Allein schon deshalb, weil Eishockey in Tschechien der populärste Sport ist neben Fußball. Und Eiskunstlauf ist der kleine Bruder davon. Jetzt hat sich dies ein wenig geändert, denn wir trainieren zusammen und diskutieren miteinander. Und so kann unsere neue Eislaufschule bestimmt auch helfen, eine neue Eishockeygeneration zu formen. Eine Generation, die erfolgreich ist und bei Olympischen Spielen wieder Medaillen holt.“

Autor: Lothar Martin
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