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Vertrauensabstimmung im Parlament: Regierung am Scheideweg

Premier Petr Nečas stellt an diesem Freitag dem Abgeordnetenhaus die Vertrauensfrage. Er hat sich dazu entschlossen, nachdem der kleinste Koalitionspartner, die Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV), zerbrochen war. Nečas will sich nun auf die Gruppe der ehemaligen VV-Abgeordneten um die Vizepremierministerin Karolína Peake stützen, um weiter regieren zu können. Von seiner Forderung, Peake müsse wenigstens eine Abgeordnetenfraktion bilden, also 10 Abgeordnete um sich versammeln, ist Nečas bereits abgerückt.

Vor der für Freitag angesetzten Vertrauensabstimmung haben sich die Abgeordneten der Regierungsparteien sowie diejenigen der Gruppe um Karolína Peake getroffen, um sich auf die Abstimmung einzuschwören.

Die Bürgerdemokraten (ODS) von Premier Nečas können sich auf 51 Abgeordnete stützen, die Partei Top 09 auf 41. Peake hat bisher nur sieben Abgeordnete auf ihrer Seite, mit ihrer eigenen Stimme kommt die Koalition auf genau 100 Stimmen. Das tschechische Abgeordnetenhaus hat 200 Sitze, die Koalition hätte daher nur die Hälfte der Stimmen sicher.

Nečas: Regierung will Reformen weiterhin durchsetzen

Die Regierung werde trotz des Zerfalls der Koalition aus ODS, Top-09 und der VV-Partei ihre Politik nicht ändern. Sie wolle ihre Reformen weiterhin durchsetzen. Premier Petr Nečas erklärte dies in seiner Rede im Parlament vor der Stellung der Vertrauensfrage. Ihm zufolge existierten nun nur zwei Möglichkeiten: entweder eine sichere Mehrheit für die Durchsetzung des Regierungsprogramms, oder vorgezogene Parlamentswahlen. Jede weitere Variante würde die politische und ökonomische Instabilität verstärken, meint der Regierungschef. In seiner Rede beschuldigte er des Weiteren die oppositionelle Sozialdemokratische Partei (ČSSD), populistische Politik zu betreiben.

Vizepremierministerin Peake bietet Politik des Dialogs an

Sollte das Abgeordnetenhaus der Regierung sein Vertrauen aussprechen, würde dies dem Kabinett ermöglichen, seine Reputation zu verbessern. Zur Senkung der Reputation habe jedes der ehemaligen Koalitionsmitglieder beigetragen, meint Vizepremierministerin Karolína Peake, die aus der VV-Partei in der vergangenen Woche ausgetreten war. Vor Abgeordneten versprach sie am Freitag, eine Politik des Dialogs durchsetzen zu wollen. Sie wolle die Politik unverständlicher Ultimaten stoppen und mit den Kollegen einen neuen Weg gehen, erklärte Peake.

Der Parteivorsitzende der Sozialdemokraten halte ihr Versprechen für unglaubwürdig, weil sich die Regierung auf ehemalige Mitglieder der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten stützten werde.

Gewerkschafter planen Protestaktionen, Streik im Juni

Bis Ende Juni soll ein Streik in Tschechien ausgerufen werden. Darauf haben sich am Freitag Gewerkschafter und Aktivisten von der Plattform Stop vládě – Stopp der Regierung geeinigt. Sie planen gemeinsam eine Serie Protestaktionen gegen die Regierung Nečas, die mit dem Streik gipfeln wird. Erwogen wird auch die Besetzung von einigen Ministerien und Hochschulen. Darüber informierte der Chef der Böhmisch-Mährischen Konföderation der Gewerkschaftsverbände (ČMKOS), Jaroslav Zavadil. Die Gewerkschafter und Aktivisten wollen ein neues Koordinierungszentrum gründen, das die Protestaktionen vorbereiten wird.

Sozialdemokraten wollen Entwurf zu Abschaffung der lebenslangen Immunität erneut unterstützen

Die oppositionellen Sozialdemokraten (ČSSD) haben angekündigt, die vom Senat am Donnerstag abgelehnte Verfassungsnovelle zur lebenslangen Immunität von Abgeordneten, Senatoren und Verfassungsrichtern im Abgeordnetenhaus erneut zu unterstützen. Mit der Änderung der Verfassung sollte die bislang gültige lebenslange Immunität aufgehoben werden. Der Senat hatte die Änderung am Donnerstag jedoch überraschend abgelehnt und das Gesetz an das Abgeordnetenhaus zurückgegeben. Die Parlamentarier müssen nun erneut darüber abstimmen.

US-Energieminister Chu verhandelte in Prag über den Ausbau von Temelín

Der Ausbau des Atomkraftwerks Temelín war das Hauptthema des Gesprächs, zu dem der tschechische Industrie- und Handelsminister Martin Kuba und der US-amerikanische Minister für Energiepolitik Steven Chu am Freitag in Prag zusammengetroffen sind. Amerikanische Politiker setzten sich in der letzten Zeit immer mehr für das Konzern Westinghouse ein, das sich neben dem französischen Konzern AREVA und dem tschechischen Maschinenbauunternehmen Škoda JS im tschechisch-russischen Konsortium mit dem russischen AKW-Bauer Atomstroyexport und dem Gidropress um den Ausbau von Temelín bewirbt. 2013 soll der Sieger des Auswahlverfahrens bekannt gegeben werden.

Er habe dem Minister Chu versichert, dass das Auswahlverfahren transparent und nach dem Zeitplan laufe, führte Kuba nach dem Treffen an. Er habe den Minister auch darauf aufmerksam gemacht, dass es wichtig sei, tschechische Firmen in den Auftrag einzuschließen, fügte er hinzu.

Absichtserklärung zur Förderung der deutschen Sprache wurde unterzeichnet

Am Freitag unterzeichneten im Abgeordnetenhaus der Vorsitzende der Assoziation der tschechischen Regionen, Michal Hašek, und die Botschafter der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich, Detlef Lingemann und Ferdinand Trauttmansdorff, eine Absichtserklärung zur Förderung der deutschen Sprache in Tschechien. Für deutsche und österreichische Firmen ist es schwierig, Fachleute mit Deutsch-Kenntnissen hierzulande zu finden, da das Interesse für den Deutschunterricht in Tschechien sinkt und Schüler Englisch als Fremdsprache bevorzugen. Laut der Forschung des Instituts für soziale und ökonomische Analysen (ISEA) vom Jahr 2010 halten nur 3,9 Tschechen Deutschkenntnisse als unentbehrlich, während sich bei Englisch 35 Prozent der Befragten in diesem Sinne ausgesprochen haben.

Leiter des NP Šumava erhält antiökologischen Titel „Ropák des Jahres 2011“

Der Leiter des Nationalparks Šumava (Böhmerwald), Jan Stráský, hat den antiökologischen Titel „Ropák des Jahres 2011“ erhalten. Vergeben wird der Preis vom größten tschechischen Umweltverband „Děti země“ (Kinder der Erde). Vor allem habe Stráský die Aufgabe des Parks in den Augen der Öffentlichkeit diskreditiert, sagte Miroslav Patrik vom Verband. Der Chef des Nationalparks wurde zudem für das antiökologische Zitat des Jahres mit der so genannten „Grünen Perle“ bedacht. So hatte Stráský gesagt, das Gesetz werde dadurch erhalten, dass es stets verletzt werde, wobei diese Verletzungen durch Ausnahmen ermöglicht würden. Diese Aussage ist in einem Presseartikel über intensive Eingriffe gegen den Borkenkäfer im Böhmerwald erschienen.

Pilsen droht mit Rückzug aus Programm „Kulturhauptstadt Europa“

Das westböhmische Plzeň / Pilsen ist eigentlich „Europäische Kulturhauptstadt 2015“. Nun aber droht die Stadt mit dem Rückzug aus dem Programm, da die Politik nicht die notwendigen Finanzen zur Verfügung stelle. Die Vorsitzende des Verwaltungsrates der verantwortlichen Gesellschaft Plzeň 2015, Marcela Krejsová, erklärte, wenn es nicht bis zum Oktober gelänge, die bisher fehlenden 450 Millionen Kronen (18 Millionen Euro) zu erhalten, werde die Stadt den Titel zurückgeben müssen.

Die Stadt kündigte aber an, weitere Verhandlungen mit dem Kulturministerium führen zu wollen. Die stellvertretende Bürgermeisterin von Pilsen, Eva Herinková, erklärte, die Stadt bemühe sich weiter um Sponsoren, das Interesse tendiere aber bisher gegen Null. Man werde aber auf keinen Fall eine Rückgabe des Titels anstreben, so Herinková. Sie betrachte die Ankündigung der Verwaltungsgesellschaft eher als ernsthafte Warnung an die Politik, sich den Problemen zu stellen. Im Oktober wird das erste Monitoring der EU-Kommission stattfinden, bis dahin möchte die Stadt eine stabile Finanzierung präsentieren.

Rekordtemperatur an mehreren Orten Tschechiens gemessen

In Tschechien wurde am Freitag an mehr als 60 Orten die Rekordtemperatur für den 27. April überschritten. In Staňkov bei Domažlice / Taus in Westböhmen wurden 29 Grad Celsius, in Pilsen und Prag 28,5 Grad gemessen. Der Rekordwert in der ältesten Messstation hierzulande, im Prager Klementinum vom Jahr 1808 – 27,9 Grad Celsius ist allerdings nicht gefallen. Laut Meteorologen soll die Hitze auch am bevorstehenden Wochenende herrschen.

Das Wetter am Samstag 28. 4.: schön mit Temperaturen bis 30 Grad

Am Samstag ist es in Tschechien klar und sonnig bei Höchsttemperaturen von 25 bis 30 Grad Celsius, in Lagen über 1000 Metern bei 22 Grad Celsius.