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Parlamentswahlen in Tschechien: Fast 50 Prozent der Wähler gaben bisher Stimme ab
Ein Jahr nach dem Sturz der Regierung des damaligen Premiers Mirek Topolánek haben am Freitag in Tschechien zweitägige Parlamentswahlen begonnen. Bis zum Ende des ersten Wahltags um 22 Uhr haben fast 50 Prozent
der über acht Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, schätzten die Leiter der Wahllokale ein. Die Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses in den nächsten vier Jahren und damit auch über eine neue Regierung. Um die 200 Sitze im Abgeordnetenhaus, der Unterkammer des Parlaments, bewerben sich mehr als 5000 Kandidaten von 25 Parteien. Die Wahllokale öffneten um 14 Uhr und nach einer nächtlichen Pause (22 bis 8 Uhr) schließen sie am Samstag um 14 Uhr.
Präsident, Premier und beide Spitzenkandidaten wählten kurz nach Wahlbeginn
Nur wenige Minuten nach Öffnung der Wahllokale haben am Freitag Präsident Klaus, Regierungschef Fischer sowie die Spitzenkandidaten der beiden führenden Parteien, Bürgerdemokrat Nečas und Sozialdemokrat Paroubek, ihre Stimme abgegeben. Für Václav Klaus heben sich diese Wahlen von anderen Wahlen ab, weil sie den längsten Wahlkampf in der Geschichte der Republik beenden. Einen Wahlkampf, der die politische Szene des Landes destabilisierte, so Klaus. Jan Fischer sagte gegenüber Journalisten, er habe seine Stimme einer Partei gegeben, mit deren Programm, Prinzipien und dem Verhalten seiner Repräsentanten er sich am meisten identifizieren könne. Der Vorsitzende der in den Umfragen führenden Sozialdemokraten, Jiří Paroubek, gab sich bei der Stimmangabe optimistisch. Sein schärfster Kontrahent, ODS-Chef Petr Nečas, warnte im Wahllokal dagegen erneut vor einer möglichen Linkskoalition aus Sozialdemokraten (ČSSD) und Kommunisten (KSČM).
Die Abstimmung soll dem EU- und Nato-Mitglied Tschechien wieder mehr politische Stabilität bringen. Seit der Abwahl von Topolánek durch ein Misstrauensvotum amtiert in Prag eine parteilose Übergangsregierung.
Wahlen für Tschechen im Ausland begannen schon am Donnerstag
Für die Tschechen im Ausland haben die Wahlen zum Abgeordnetenhaus zum Teil bereits am Donnerstag begonnen. Auf dem amerikanischen Kontinent gilt wegen der Zeitverschiebung und um eine Beeinflussung der Ergebnisse zu verhindern ein früherer Termin als in Tschechien. So haben in den tschechischen Botschaften in Brasilien, Uruguay und Argentinien die Wahllokale bereits am Donnerstag ab 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit geöffnet, eine Stunde später dann auch an der US-amerikanischen Ostküste und auf Kuba.
Letztes TV-Duell zwischen Spitzenkandidaten Nečas und Paroubek verlief in ruhigem Ton
Die Spitzenkandidaten der beiden größten Parteien, der Bürgerdemokrat Petr Nečas und der Sozialdemokrat Jiří Paroubek, sind am Donnerstagabend im letzten TV-Duell vor den Wahlen aufeinander getroffen. Anders als einen Tag zuvor im Tschechischen Rundfunk verlief die Debatte in ruhigem Ton, beide Spitzenkandidaten hatten zuvor eine Erklärung über die Einhaltung von 41 Regeln unterschreiben müssen. In der anderthalb Stunden langen Live-Diskussion beantworteten Nečas und Paroubek vor allem Fragen zur Wirtschaftspolitik und zur Außenpolitik; die Fragen wurden von Fachleuten gestellt. Das TV-Duell war das dritte Streitgespräch beider Spitzenkandidaten in den letzten fünf Tagen. Zuvor hatten sie sich am vergangenen Sonntag im privaten Fernsehsender Prima getroffen und am Mittwoch im Tschechischen Rundfunk.
Financial Times: Unklares Wahlergebnis in Tschechien könnte für Nervositäten am Markt sorgen
Zu den Wahlen in Tschechien hat sich am Freitag auch das britische Wirtschaftsblatt „Financial Times“ geäußert. Der konfrontativ geführte Wahlkampf zwischen den Rechten und den Linken in der tschechischen Politik habe dazu geführt, dass jetzt eine ziemliche Ungewissheit darüber herrsche, wie die Wahlen ausgehen werden. Diese Ungewissheit aber könnte das Vertrauen von Investoren schwächen, gerade jetzt in der Zeit der globalen ökonomischen Flaute und der Krise der Eurozone, schrieb das Blatt auf seiner Internetseite. Ein unklares Wahlergebnis und die dann vermutlich zähen Koalitionsverhandlungen könnten zu Nervositäten auf dem Markt führen und den bereits geringen Respekt der Tschechen gegenüber ihren Politikern weiter schwächen, ergänzte die Financial Times.
Versicherungen wurden bislang Hochwasserschäden von 31 Millionen Euro gemeldet
Den tschechischen Versicherungen sind von ihren Klienten bis Freitag rund 8300 Hochwasserschäden mit einer Gesamtschadenssumme von umgerechnet rund 31 Millionen Euro gemeldet worden. Die Antragsteller sind vorrangig Organisationen und Personen aus Mähren und Mährisch-Schlesien, die vergangene Woche von den Überschwemmungen der Flüsse ihrer Region heimgesucht wurden. Mehr als 600 ihrer Anträge auf Schadensersatz wurden bereits bearbeitet. Die Versicherungen rechnen damit, dass ihre Klienten mehr als 18600 Schadensfälle melden werden und sich der Gesamtschaden so noch in etwa verdoppeln werde.
Von den Hochwasserschäden betroffen sind auch viele landwirtschaftliche Nutzflächen. Allein im Mährisch-Schlesischen Kreis sind 5700 Hektar dieser Flächen vernichtet worden. Der größte Schaden auf einer Ackerfläche wurde im Bezirk Frýdek-Místek registriert. Ersten Schätzungen zufolge beträgt er umgerechnet rund 2,3 Millionen Euro.
Tschechien verkauft zwei Millionen Emissionszertifikate an Weltbank
Die Tschechische Republik verkauft zwei Millionen Emissionszertifikate an die Weltbank. Der Verkaufserlös soll in das Programm „Zelená úsporám / Grünes Licht dem Sparen“ fließen, mit dem der Energieverbrauch von Wohnbauten gesenkt werden soll, informierte am Freitag das Umweltministerium auf seinen Internetseiten. Vor dem Geschäft mit der Weltbank hatte Tschechien bereits Verkäufe von tschechischen Emissionskrediten mit drei Ländern abgeschlossen – gleich zweimal mit Japan sowie je einmal mit Österreich und Spanien.
Führungswechsel: Vahland wird ab September neuer Chef von Škoda
Beim tschechischen Autohersteller Škoda steht ein Wechsel an der Führungsspitze an. Wie das VW-Tochterunternehmen am Freitag offiziell bestätigte, wird der bisherige China-Chef von Volkswagen, Winfried Vahland, ab dem 1. September der neue Vorstandsvorsitzende von Škoda sein. Der bisherige Škoda-Chef Reinhard Jung geht mit 59 Jahren in den Ruhestand. Jung steht seit Herbst 2007 an der Spitze des größten tschechischen Autokonzerns. Der 53 Jahre alte Vahland ist bei Škoda kein Unbekannter – er war schon vor seiner Tätigkeit in China als Vize bei der VW-Tochter tätig.
Treffen der Hells Angels in Prag: 51 Festnahmen durch die Polizei
Im Vorfeld des Welttreffens der Hells Angels in Prag hat die tschechische Ausländerpolizei 51 Menschen festgenommen, allesamt Mitglieder des Rockerklubs. Den Rockern war bereits früher ein Einreiseverbot auferlegt worden, sie wurden erneut des Landes verwiesen. Alle Festgenommenen waren Ausländer, die meisten von ihnen kamen aus Norwegen, wie eine Polizeisprecherin sagte. Die tschechische Polizei ist wegen des Treffens der Hells Angels an diesem Wochenende im ganzen Land im Einsatz. Unter anderem wird auch der Prager Flughafen Ruzyně überwacht. Insgesamt werden zum weltgrößten Rockertreffen mehrere Tausend Hells Angels erwartet. Viele von ihnen reisen über Deutschland an, weswegen auch dort Polizisten im Großeinsatz sind.
Bahnverkehr: Student Agency schickt Beschwerde an Europäische Kommission
Die Bus- und Reisegesellschaft Student Agency hat der Europäischen Kommission eine Beschwerde über den tschechischen regionalen Bahnverkehr geschickt. Student Agency kritisiert, dass die tschechischen Kreise ohne öffentliche Ausschreibung langfristige Verträge mit der Tschechischen Bahn (ČD) über regionale Eisenbahnverbindungen geschlossen haben. Selbst habe man günstigere Angebote als die Bahn vorgelegt hatten, steht in einer Presseerklärung von Student Agency. Die private tschechische Bus- und Reisegesellschaft nannte das Vorgehen der Kreise „untransparent“ und „diskriminierend“. Student-Agency-Chef Radim Jančura verwies auf vergleichbare Fälle in Deutschland, mit denen die Europäische Kommission sich derzeit beschäftigt.
Student Agency hatte sich mit einer Tochterfirma um den Betrieb regionaler Bahnstrecken in vier tschechischen Kreisen beworben. Letztlich schrieb nur der Kreis Plzeň / Pilsen den Auftrag aus, stellte aber nach vier Tagen das Auswahlverfahren wieder ein.
Tschechische Philharmonie fordert Orchesterchef Kasík zum Rücktritt auf
Der Künstlerrat der Tschechischen Philharmonie hat am Freitag den Direktor des Orchesters, Václav Kasík, zum Rücktritt aufgefordert. Die Ernennung Kasíks durch Kulturminister Václav Riedlbauch sei ohne Ausschreibung und damit nicht standardgemäß verlaufen, sagte die Managerin des Orchesters, Dana Wagnerová, zur Begründung. Die Orchestermitglieder hatten ihren neuen Chef schon am Donnerstag zum Rücktritt aufgefordert, nachdem ein Treffen mit Kasík keine Früchte trug. Kasík ist der ehemalige Chef des Tschechischen Rundfunks. Im vergangenen Jahr hatte ihn der Rundfunkrat abgewählt, unter anderem deshalb, weil die
Sanierung des historischen Rundfunkgebäudes sehr hohe Kosten nach sich zog.
Deutsche Drogeriemarkt-Kette Schlecker eröffnet eigene Apotheken in Tschechien
Die deutsche Drogeriemarkt-Kette Schlecker, die seit 2007 auch hierzulande auf dem Markt ist, hat jetzt damit begonnen, in Tschechien ein eigenes Netz von Apotheken aufzubauen. In den zurückliegenden Tagen hat Schlecker die ersten sieben Apotheken in Prag, Brno / Brünn, Liberec / Reichenberg und České Budějovice / Budweis eröffnet. Weitere Apotheken sollen folgen. Schlecker ist damit das erste Drogerie-Unternehmen in Tschechien, dass seine geschäftliche Tätigkeit auf den Verkauf von Medikamenten ausgeweitet hat. Im Bereich Drogeriewaren betreibt Schlecker derzeit 170 Geschäfte in Tschechien.
Leichtathletik: Drei Weltjahresbestzeiten bei „Zlatá tretra“ in Ostrau
Beim Leichtathletik-Meeting „Zlatá tretra“ („Goldener Spikes“) in Ostrava / Ostrau hat der jamaikanische Ausnahme-Sprinter Usain Bolt über 300 Meter den Weltrekord knapp verpasst. Er gewann das Rennen am Donnerstagabend in 30,97 Sekunden, war aber über die selten gelaufene Distanz um 13 Sekunden langsamer als die Bestzeit von Michael Johnson. Ansonsten bekamen die Zuschauer beim größten tschechischen Leichtathletik-Meeting trotz Regens drei Weltjahresbestzeiten geboten: Über 100 Meter lief der Jamaikaner Asafa Powell 9,83 Sekunden, im Speerwurf erreichte der Tscheche Petr Frydrych 88,23 Meter und die 3000 Meter absolvierte der Kenianer Joseph Biwott in 7:31 Minuten.
Das Wetter für Samstag: wechselhaft bewölkt, bis 20 Grad
Am Samstag ist es in Tschechien heiter bis bewölkt, örtlich ist mit einzelnen Schauern zu rechnen. Die Tageshöchsttemperaturen liegen bei 16 bis 20 Grad Celsius.