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Kehrtwende: Abgeordnetenhaus stimmt nicht über seine Selbstauflösung ab
Das tschechische Abgeordnetenhaus hat am Dienstag überraschend doch nicht über seine Selbstauflösung abgestimmt. Unter den Abgeordneten fand sich keine Mehrheit, die Abstimmung über die Selbstauflösung auf die Tagesordnung zu setzen, nachdem die Sozialdemokraten am Morgen einen Rückzieher gemacht hatten. Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus sind nun erst wieder zum regulären Termin im Frühling kommenden Jahres möglich.
Kurz vor der entscheidenden Parlamentssitzung hatten sich am Dienstag die Sozialdemokraten gegen die Selbstauflösung des Abgeordnetenhauses und somit gegen vorgezogene Neuwahlen ausgesprochen. Den Meinungswandel begründete der sozialdemokratische Parteichef Jiří Paroubek mit verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Kommunisten teilten darauf mit, sich in der Abstimmung zu enthalten; die Grünen hatten schon früher erklärt, dass sie für reguläre Neuwahlen sind. Damit war eine Mehrheit von 120 Stimmen für eine Selbstauflösung des Abgeordnetenhauses nicht mehr möglich.
Premier Fischer fordert neues Mandat und Spar-Haushalt, um weiter zu regieren
Ministerpräsident Jan Fischer zeigte sich überrascht, dass die Sozialdemokraten umgeschwenkt sind und die Selbstauflösung des Abgeordnetenhauses gescheitert ist. Er habe sein Amt nur angenommen „in dem Wissen, das Land zu vorgezogenen Parlamentswahlen zu führen“, hieß es in einer Stellungnahme Fischers. Er halte es für nötig, jetzt von den Abgeordneten „ein verlängertes Mandat“ zu erhalten, um Sparmaßnahmen im Haushalt durchsetzen zu können. Bisher sind jedoch die beiden größten Fraktionen im Abgeordnetenhaus, die Bürgerdemokraten und die Sozialdemokraten, nicht bereit, die geplanten Kürzungen im Staatshaushalt und Steuererhöhungen mit zu tragen.
Staatspräsident Klaus will mit Topolánek und Paroubek über die Krisenlage in Tschechien sprechen
Wegen der neuesten politischen Entwicklung hat Staatspräsident Václav Klaus die Vorsitzenden der beiden stärksten Parlamentsparteien für Mittwoch zu einer Unterredung an seinem Amtssitz auf die Prager Burg gebeten. Bürgerdemokraten-Chef Mirek Topolánek und Sozialdemokraten-Chef Jiří Paroubek sollen dort mit Klaus über einen Ausweg aus der politischen Krise und über Lösungen für die Wirtschaftskrise beraten. Er sei sehr beunruhigt über die aktuelle Entwicklung im Land, schreibt Staatspräsident Václav Klaus in einer Erklärung nach dem fehlgeschlagenen Versuch des Abgeordnetenhauses, zu einer Selbstauflösung zu kommen.
Ex-Premier Topolánek legt sein Angeordnetenmandat nieder
Als Reaktion auf den fehlgeschlagenen Versuch des Abgeordnetenhauses, zu einer Selbstauflösung zu kommen, hat Ex-Premier und Bürgerdemokraten-Chef Mirek Topolánek am Dienstag sein Abgeordnetenmandat niedergelegt. Topoláneks Bürgerdemokraten als größte Fraktion hatten sich für die Selbstauflösung des Abgeordnetenhauses ausgesprochen. Topolánek sagte zugleich, dass die Regierung Fischer die Abstimmung über das von ihr geplante Krisenpaket im Abgeordnetenhaus nun mit der Vertrauensfrage verbinden sollte.
Finanzminister Janota will dem Kabinett Sparpaket vorlegen
Finanzminister Eduard Janota will einen Haushaltsentwurf mit einem Defizit von 230 Milliarden Kronen (rund 8,8 Milliarden Euro) nicht in Kauf nehmen. Janota will dem Kabinett am kommenden Montag daher ein Maßnahmenpaket vorlegen, in dem Kürzungen von Ausgaben sowie Steuererhöhungen enthalten sind. Das sagte der Finanzminister am Dienstag bei einer Diskussionsveranstaltung, die von der Wochenzeitung „Euro“ initiiert wurde.
Europarat: Lage der Roma in Tschechien hat sich leicht verbessert
Die Menschenrechtslage der Roma in Tschechien hat sich in den vergangenen fünf Jahren in einigen Bereichen verbessert, in anderen sei sie aber weiterhin beunruhigend. Dies stellt der Europarat in seinem vierten Bericht zu Rassismus und Intoleranz fest. Kritisiert wird, dass die tschechische Justiz und Polizei den Opfern von Taten mit rassistischem Hintergrund nicht immer genügend Schutz gewähren. Ausdrücklich gelobt wird hingegen, dass tschechische Spitzenpolitiker Extremismus verurteilt und harte Maßnahmen gegen Neonazi-Gruppierungen angedroht haben. Beispielhaft seien zudem die Gemeinden, die Maßnahmen getroffen haben, um Aufmärsche von Extremisten zu verhindern. Fortschritte gebe es auch im Bildungswesen, der Lebensstandard der Roma sei jedoch nicht deutlich gestiegen, heißt es in dem Bericht.
Hausbesetzer-Prozess beendet: weitere Bewährungsstrafen und gemeinnützige Arbeit
Am Bezirksgericht von Prag 2 wurde am Dienstag der Prozess gegen 23 Hausbesetzer beendet. Neun von ihnen wurden zu zwei Monaten Freiheitsentzug auf Bewährung verurteilt, 13 legte der Richter gemeinnützige Arbeit auf. Zwei Deutsche und eine Finnin wurden zusätzlich für anderthalb Jahre des Landes verwiesen. Bei einem der Verhafteten wurde die Strafverfolgung eingestellt. Die Urteile gegen die Autonomen, die am Sonntag wegen der Besetzung eines leer stehenden Hauses im Prager Stadtteil Albertov verhaftet worden waren, wurden in einem verkürzten Schnellverfahren gesprochen. Gegen die Urteile lässt sich Einspruch erheben.
Im Altvatergebirge könnte ein neuer Nationalpark entstehen
Im Altvatergebirge könnte ein neuer Nationalpark entstehen. Mehr als 3000 Menschen haben bereits eine Petition unterschrieben, die die Heraufstufung des bisherigen Naturschutzgebiets Altvatergebirge zum Nationalpark fordert. Der tschechische Umweltminister Ladislav Miko will sich dem Wunsch nicht in den Weg stellen, wie er nach Verhandlungen mit Initiatoren der Petition, Bürgermeistern der Anliegergemeinden und Vertretern von Bürgerinitiativen am Dienstag sagte. Miko machte jedoch darauf aufmerksam, dass die Bürgermeister der Region dem Projekt teils noch zurückhaltend gegenüberstehen. In Tschechien gibt es bisher vier Nationalparks.
Industriebiennale in Prag eröffnet
Im Prager Ökotechnischen Museum ist am Montagabend die Biennale „Industriespuren“ eröffnet worden. Die Biennale wird zum 5. Mal veranstaltet. Ziel ist es, an das Kulturerbe aus dem Bereich der Industriearchitektur zu erinnern. Die Biennale entstand als Reaktion auf den Abriss der Prager Ringhoffer-Fabrik, die ein wichtiges Denkmal der Industriearchitektur war. Im Rahmen der Biennale finden Ausstellungen, Konzerte sowie Besichtigungen nicht nur in Prag, sondern auch in Kladno, Ostrava / Ostrau, Liberec / Reichenberg, Plzeň / Pilsen, Jablonec nad Nisou / Gablonz, Zlín und Žatec / Saaz statt.
Ausstellung über Klostermanns Böhmerwald in Budweis wird verlängert
Die Ausstellung „Karel Klostermanns Böhmerwald“ im Südböhmischen Museum in České Budějovice / Budweis wird wegen des großen Besucherinteresses bis Ende Oktober verlängert. Bislang haben 60.000 Menschen die Ausstellung gesehen. Für die Schau zum Schriftsteller Klostermann interessieren sich dem Museumsleiter Pavel Šafr zufolge auch viele Besucher aus Österreich. Ein Teil der Ausstellung werde deshalb später auch in Österreich gezeigt, so der Museumsleiter.
Tischtennis-EM: Tschechinnen holen überraschend Bronze
Bei der Tischtennis-Europameisterschaft in Stuttgart haben die tschechischen Frauen überraschend Bronze gewonnen. Im Viertelfinale besiegte das Trio Iveta Vacenovská, Renata Štrbíková und Dana Hadačová am Dienstagmorgen die favorisierten Rumäninnen glatt mit 3:0 nach Sätzen. Am Dienstagnachmittag scheiterten die Tschechinnen jedoch ebenso deutlich an Titelverteidiger Niederlande im Kampf um den Einzug ins EM-Finale. Der dritte Platz bedeutet den ersten Medaillengewinn für die tschechischen Tischtennisspielerinnen seit der Staatstrennung von der Slowakei 1993.
Das Wetter am Mittwoch, dem 16. September: bewölkt, bis 25 Grad
Am Mittwoch ist es in Tschechien bewölkt oder leicht bewölkt. Örtlich sind Schauer oder Gewitter möglich. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen noch einmal angenehme 21 bis 25 Grad Celsius.