Nachrichten Mittwoch, 01. Dezember, 1999

Stellvertretender Ministerpräsident Lánský ist zurück getreten

Der wegen einer Finanzaffäre unter Druck geratene stellvertretende tschechische Ministerpräsident Egon Lánský hat am Montag offiziell seinen Rücktritt erklärt. Regierungschef Milos Zeman übergab Präsident Václav Havel am selben Tag ein entsprechendes Gesuch. Ein möglicher Nachfolger wurde noch nicht genannt. Lánský begründete seine Entscheidung mit seinem schlechten Gesundheitszustand. Der Sozialdemokrat war für die Koordinierung der Außenpolitik zuständig. Wegen mangelnder Erfolge bei der Annäherung Tschechiens an die EU war er auch in den Reihen der eigenen Partei kritisiert worden. Eine Affäre um ein nicht genehmigtes Auslandskonto brachte den 65jährigen zusätzlich in Misskredit.

Lánský ist das zweite Mitglied im Kabinett von Milos Zeman, das aus der Regierung ausscheidet. Ende Juli hatte der unter Betrugsverdacht stehende Finanzminister Ivo Svoboda seinen Posten räumen müssen.

Der zurückgetretene Minister wird am Mittwoch letztmalig von Präsident Václav Havel empfangen. Danach trifft sich das Staatsoberhaupt mit Premier Milos Zeman, um u.a. auch über die Arbeit des ebenso in der Kritik stehenden Gesundheitsministers Ivan David zu sprechen.

Außenminister Kavan zu Besuch in Nikaragua und El Salvador

Der tschechische Außenminister Jan Kavan beendete am Dienstag seinen Kurzbesuch in El Salvador und reiste nach Nikaragua weiter. Während seines zweitägigen Besuchs in Nikaragua wird sich Kavan mit führenden Repräsentanten des mittelamerikanischen Staates treffen und eine Vereinbarung über die Aufhebung der tschechischen Visapflicht für nikaraguanische Diplomaten und Staatsbeamte unterschreiben.

Während seines Aufenthaltes in El Salvador hat der tschechische Außenminister zusammen mit seiner dortigen Amtskollegin Maria Eugenia Brizuela ein Abkommen über den beiderseitigen Investitionsschutz unterzeichnet. Gleichzeitig habe er - so Kavan auf einer Pressekonferenz - El Salvador eine bilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Verkehr, Energie und Ökologie angeboten. Konkret beabsichtige Tschechien die Lieferung von Straßenbahnen nach El Salvador, ergänzte Kavan.

Präsident Václav Havel ernennt 14 neue tschechische Richter

Der tschechische Präsident Václav Havel hat am Dienstag auf der Prager Burg 14 neue tschechische Richter ernannt. Mit jedem neu ernannten Richter, von denen die Mehrzahl jünger als 30 Jahre ist, wächst nach Meinung des Präsidenten die Hoffnung, dass sich die tschechische Justiz von ihrer kommunistischen Vergangenheit befreien werde.

Cibulka: In tschechischen Ministerien arbeiten noch viele StB-Mitarbeiter

Zehn Jahre nach der "Samtenen Revolution" und selbst nach dem NATO-Beitritt der Tschechischen Republik im März diesen Jahres sind im tschechischen Innen-, Außen- und Verteidigungsministerium noch eine Reihe von Mitarbeitern der ehemaligen kommunistischen Staatssicherheit (StB) beschäftigt. Dies gab der Journalist Petr Cibulka, der anlässlich des 10. Jahrestages der Novemberereignisse von 1989 die erneute Herausgabe der aller 14 Tage erscheinenden "Necenzurované noviny" (Nichtzensierte Zeitung) veranlasste, am Dienstag in Prag vor Journalisten bekannt. Ein Verzeichnis mit den Namen der offiziellen und inoffiziellen StB- Mitarbeiter, deren Authentität offiziell nicht bestätigt wurde, hatte Cibulka erstmals in der "Necenzurované noviny" im Jahr 1992 veröffentlicht.

Jezek als Chef der tschechischen EXPO 2000-Ausstellung zurück getreten

Der Generalkommissar der tschechischen Exposition bei der Weltausstellung EXPO 2000 Vlastimil Jezek ist am Montag von seinem Amt zurück getreten. Als einer der Unterzeichner des Aufrufs "Danke, ihr könnt gehen", reagierte Jezek damit auf die gegen ihn gerichteten Vorwürfe, er habe die gegenwärtige politische Situation nicht zu kritisieren, da er eine Funktion bekleide, in die er durch die Regierung berufen wurde. Der Aufruf "Danke, ihr könnt gehen" war von den ehemaligen Studentenführern der Novemberereignisse von 1989 verfasst worden mit dem Ziel, die ihrer Meinung nach die Entwicklung im Lande hemmende alte Politriege zum Rücktritt zu bewegen.

Bei einem Treffen zwischen dem Vorsitzenden der Christdemokratischen Volksunion Jan Kasal und dessem Stellvertreter Pavel Severa mit den Initiatoren des Aufrufs Martin Mejstrík und Pavel Lagner einigten sich beide Seiten darauf, dass es unabdingbar sei, in der Politik den notwendigen Anstand zu wahren. Zuvor hatten sich die Organisatoren des Aufrufs bereits mit ODS-Chef Václav Klaus und dem Vorsitzenden der Freiheitsunion Jan Ruml getroffen, um sich mit ihnen über die Beweggründe ihres Aufrufs auszutauschen.

Bau des II. tschechischen Eisenbahnkorridors verteuert sich drastisch

Die tschechische Regierung hat auf ihrer Sitzung am Montag die Erhöhung der Kosten um 12 Miliarden Kronen für den Ausbau des II. Eisenbahnkorridors, der von Petrovice über Prerov nach Breclav führt, zur Kenntnis genommen. Entgegen der ursprünglich veranschlagten 24,5 Milliarden Kronen werde er jetzt 36,5 Milliarden Kronen kosten, sagte Regierungssprecher Libor Roucek auf einer Pressekonferenz in Anschluss an die Sitzung. Die Ursache für die Kostenerhöhung seien die ungenügende finanzielle Bewertung des ursprünglichen Projekts und die zunächst nicht in der Kalkulation berücksichtigte Inflation während der Bauzeit, sagte Roucek.

Konflikt um Kafka-Buchhandlung bewegt die Prager Kulturszene

Ein kafkaesker Konflikt bewegt derzeit die Prager Kulturszene. Wegen eines formalen Fehlers im Mietvertrag muss die Franz-Kafka-Buchhandlung das Barockpalais räumen, wo der berühmte Dichter zur Schule ging und sein Vater ein Geschäft betrieb. Die tschechische Nationalgalerie, der das Haus gehört, will an Stelle des Ladens im rechten Flügel einen zweiten Eingang bauen lassen, um die "Symmetrie des Barockbaues" wieder herzustellen. Gegen dieses Vorhaben protestieren nun namhafte Intellektuelle und Künstler. Sie weisen darauf hin, dass die Buchhandlung der einzige öffentliche Raum in Prag sei, der sich authentisch mit dem Leben des Dichters verbinde.

In Marienbad entsteht moderne Privatklinik

Die deutsche Gesellschaft Krankenhaus Management Team Nordheim plant im westböhmischen Kurort Mariánské Lázne/Marienbad den Bau einer Privatklinik mit mehreren Behandlungsabteilungen einschließlich einer Abteilung für Innere Medizin und Chirurgie. Das Vorhaben wird von der Gesundheitsministerin des Bundeslandes Sachsen, Christine Weber, unterstützt. Nach den Worten der Marienbader Bürgermeisterin Ellen Volavková erhält die Stadt damit eine Gesundheitseinrichtung der internationalen Spitzenklasse, die nicht nur die ausländische Klientel ins westböhmische Kurbad locken wird, sondern auch zahlreiche Arbeitsplätze schafft. Für die anfallenden Behandlungskosten müssen die Patienten selbst aufkommen.

Und hier die aktuelle Wettervorhersage:

Am Mittwoch wird eine Kaltfront die Tschechische Republik von Nordwesten her überqueren. Tagsüber wird es größtenteils bewölkt bis bedeckt wird sein, örtlich ist mit Schauern zu rechnen. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 4 und 8 Grad Celsius, in Höhenlagen über 1000 Meter bis zu 3 Grad Celsius. Die weiteren Aussichten: Am Donnerstag bleibt es bewölkt mit örtlichen Schauern, die in höheren Lagen in Schneefall übergehen, am Freitag klart es mehr und mehr auf, in den Morgenstunden ist jedoch vereinzelt mit Frühnebel zu rechnen. Die Nachttemperaturen bewegen sich um den Gefrierpunkt, die Tageshöchstwerte zwischen 4 und 8 Grad Celsius.