Nachrichten Samstag, 20. Juni, 1998
Extra-Meldung des Tages:
In der Tschechischen Republik endeten heute die vorgezogenen Wahlen ins Abgeordnetenhaus.
Radio Prag Nachrichten 20.6. 1998 17 Uhr:
Wahlen - Ende
Punkt 14 Uhr haben die Wahllokale ihre Tore geschlossen. Seit gestern Mittag hatten die rund acht Millionen wahlberechtigten Bürger in der Tschechischen Republik die Möglichkeit darüber zu entscheiden, ob die fünfjährige liberal-konservative Regierung fortgesetzt oder von einer linksorientierten Regierung abgelöst wird. Zur Auswahl standen 13 Parteien mit insgesamt 3700 Kandidaten. Es handelte sich um die ersten vorgezogenen Wahlen in der Geschichte der Tschechischen Republik. Regulär wären Wahlen in Tschechien erst im Jahr 2000 fällig.
Wahlen - Resultate
Den letzten Prognosen der Wahlergebnisse von der Firma IFES zufolge würde die Tschechische Sozialdemokratische Partei-CSSD 32,5%, die Demokratische Bürgerpartei-ODS 26,3%, die Kommunistische Partei Böhmens und mährens-KSCM 10,8%, die Christdemokratische Volksunion-KDU-CSL 10%, die Freiheitsunion-US 6,8% und die Vereinigung für die Republik- die Republikanerpartei der Tschechoslowakei 4,7% der Stimmen bekommen. Ähnlich wie die Republikaner würden auch die anderen Parteien, einschliesslich der Partei der Rentner für ein abgesichertes Leben-DZJ, die 5-Prozent-Klausel nicht überschreiten, die für den Eintritt ins Parlament notwendig ist.
Havel - Wahlen
Präsident Václav Havel hat die ersten Schätzungen der Parlamentswahlen heute kurz nach 14 Uhr aus dem Tschechischen Fernsehen erfahren. Den erwarteten Sieg der Sozialdemokraten sowie die überraschend hohe Stimmenzahl der Demokratischen Bürgerpartei hat der Staatpräsident nicht kommentiert. Im Arbeitsraum auf dem Schloss Lány haben gemeinsam mit Václav Havel auch seine nächsten Mitarbeiter von der Präsidialkanzlei die fernsehübertragung verfolgt. Der Präsident wird den Informationen der Nachrichtenagentur CTK zufolge bis Sonntag auf Schloss Lány bleiben, am Montag nachmittag soll er die Verhandlungen mit den erfolgreichen politischen Parteien auf der Prager Burg aufnehmen.
CSSD - Spidla
Die Vertreter der Sozialdemokraten glauben nach den ersten veröffentlichten Schätzungen der Wahlergebnisse, dass sie imstande sein werden, eine Mehrheitsregierung zu bilden. Sie sind davon überzeugt, dass sie insgesamt 35% der Stimmen gewinnen. Dies folgt aus den Informationen der Nachrichtenagentur CTK. Der Vizechef der Sozialdemokraten, Vladimír Spidla, ist mit dem bisherigen Resultat zufrieden. Er glaubt, es wäre möglich, eine Mehrheitsregierung mit den Christdemokraten zu bilden. Diese Meinung teilt auch die Vizevorsitzende der CSSD, Petra Buzková.
ODS - Musílek
Der Sprecher der Demokratischen Bürgerpartei-ODS, Václav Musílek, stellte nach den ersten veröffentlichten Schätzungen der Wahlresultate fest, die ODS wäre zufrieden, wenn diese Schätzungen den endgültigen offiziellen Ergebnissen entsprechen würden. Der Oberbürgermeister von Prag und ODS- Senator, Jan Koukal, erklärte, diese 24 bis 26% für die ODS seien eine klare Antwort darauf, wie die Menschen über die Ereignisse denken, wegen denen die Klaus-Regierung im Herbst des vergangenen Jahres zurücktreten musste. Koukal verwies darauf, dass die Zusammenstellung einer neuen Regierung schwieriger als nach den letzten Parlamentswahlen vor zwei Jahren sein wird.
Ruml - Freiheitsunion
Für den Vorsitzenden der Freiheitsunion, Jan Ruml, sind die 7% der Stimmen, die seine Partei nach den ersten Prognosen bekommen würde, kein ausreichend gutes Resultat, obwohl sie der Partei ihren Platz im Parlament zusichern. Der Kandidat der Freiheitsunion Nr. 1 in Prag, Vladimír Mlynár, erklärte, die Freiheitsunion bestehe darauf, dass sie keine Koalition mit den Sozialdemokraten schliessen werde.
Republikaner
Der Sekretär der Republikaner, Jan Vik, brachte gegenüber der Nachrichtenagentur CTK die Hoffnung zum Ausdruck, dass das endgültige Wahlergebnis seiner Partei besser als die Prognosen sein wird, die die Partei unter fünf Prozent sehen. Die Resultate anderer Parteien wollte Vik nicht kommentieren.
Rentner
Der Vorsitzende der Partei der Rentner für ein abgesichertes Leben, Eduard Kremlicka, liess verlauten, er hoffe trotz der Prognosen, dass seine Partei im Parlament vertreten sein wird. Kurz vor der Veröffentlichung der Prognosen erklärte er, er rechne mit 7% der Wählerstimmen.
Soweit die Nachrichten.