Neue Leiterin von Tandem: Kathrin Freier-Maldoner will Jugendaustausch wieder in Gang bringen
Kathrin Freier-Maldoner ist neue Leiterin von Tandem, dem Koordinierungszentrums des Deutsch-Tschechischen Jugendaustauschs in Regensburg. Sie hat das Amt von Thomas Rudner übernommen, der nach 15 Jahren zur Stiftung des Internationalen Jugendaustauschs Bayern wechselt. Im Interview für Radio Prag International spricht Freier-Maldoner über die anstehenden Herausforderungen, ihre Beziehung zu Tschechien und wie wichtig die Begegnungen zwischen jungen Menschen sind.
Frau Freier-Maldoner, Sie sind seit Juli Leiterin von Tandem in Regensburg. Was bedeutet diese Aufgabe für Sie?
„Diese Aufgabe bedeutet eine große Chance, neue Wege in der deutsch-tschechischen jugendpolitischen Zusammenarbeit mitzugestalten. Ich freue mich sehr, dass der bayerische Jugendring als Träger von ‚Tandem‘ mir das Vertrauen ausgesprochen hat, die Arbeit weiterzuführen – und auch diejenigen, die die Einrichtung finanzieren, also das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie die Freistaaten Bayern und Sachsen. Es ist eine wunderbare Aufgabe, mit unseren Zielgruppen weiter und noch intensiver zusammenzuarbeiten. Das sind in erster Linie ehrenamtliche und hauptberufliche Fachkräfte der Jugendarbeit, Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten, Erzieherinnen und Erzieher und natürlich auch die Jugendlichen selbst. Wenn man diese Menschen aus Tschechien und Deutschland zu verschiedenen Themen zusammenbringt, dann entstehen immer eine neue Art der Zusammenarbeit und ein Netzwerk. Darauf freue ich mich in dieser neuen Rolle sehr.“
Wie sah Ihre berufliche Laufbahn bis zu diesem Zeitpunkt aus?
„Meine erste berufliche Station war der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds in Prag. Dort habe ich 2010 angefangen zu arbeiten und war für Kinder-, Jugend-, Schul- und Bildungsprojekte zuständig sowie für das Gesprächsforum. Nach drei Jahren bin ich dann zum Koordinierungszentrum Tandem nach Regensburg gekommen. Seitdem war ich für das außerschulische Arbeitsfeld zuständig.“
Sie haben bereits angesprochen, dass Sie in Prag gelebt haben. Welche Verbindungen haben Sie zu Tschechien?
„Ich habe viele verschiedene Beziehungen zu Tschechien. Sprachlich bin ich verbunden durch das Bohemicum, ein Begleitstudium der Universität Regensburg und die damit verbundene Sommerschule an der Masaryk-Universität in Brünn. Daran schloss sich ein Auslandssemester an, bei dem ich viele Freundschaften geschlossen habe. Freundschaftliche Beziehungen habe ich auch durch meine ehrenamtliche Tätigkeit im Jugendforum. Das war eine sehr intensive Zeit, die mich bis heute prägt. Ich habe sowohl in Deutschland als auch in Tschechien enge Freundschaften, die aus dieser Zeit entstanden sind.“
Was ist Ihrer Meinung nach der Auftrag von Tandem?
„Der Grundauftrag ist, die Begegnung sowie Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen jungen Menschen aus Deutschland und Tschechien zu organisieren. Konkret heißt das: Tandem berät diejenigen, die den Jugendaustausch umsetzen, unterstützt bei der Suche von geeigneten Partnereinrichtungen und fördert im außerschulischen Bereich zum Beispiel Praktika finanziell. Außerdem bieten wir Fortbildungen an und helfen dabei, sich zu vernetzen.“
Wahrscheinlich hat die Corona-Pandemie auch Tandem getroffen. Wie konnten die tschechisch-deutschen Beziehungen während der Corona-Pandemie aufrechterhalten werden?
„Die Pandemie hat den internationalen Jugendaustausch stark getroffen.“
„Die Pandemie hat den internationalen Jugendaustausch stark getroffen, weil innerhalb kürzester Zeit reale Begegnungen nicht mehr möglich waren. Wir haben uns mit anderen Fach-und Förderstellen zusammengesetzt und überlegt, wie man trotzdem Treffen ermöglichen kann. Entstanden ist dann die Online-Begegnungsplattform DINA.international. Das ist eine kostenfreie und klimaneutrale Plattform mit einer Dolmetsch-Funktion. Wir nutzen diese Plattform bis heute für alle virtuellen Treffen und denken, dass sie auch in Zukunft eine Rolle spielt. Ein weiteres Angebot ist eine Sprachanimation, bei der man spielerisch die Nachbarsprache kennenlernen kann.“
Sicherlich ist die persönliche Begegnung durch nichts zu ersetzen. Welche Aufgaben kommen auf Sie als Leiterin zu?
„Das sind auf der einen Seite die klassische Aufgaben wie Personal- und Haushaltsplanungen und auf der anderen Seite zusammen mit der Leiterin des Tandem-Büros in Pilsen die Umsetzung der Themen, die der Deutsch-Tschechische Jugendrat setzt. Die größte Herausforderung ist aus meiner Sicht, den Jugend- und Schüleraustausch wieder in Gang zu bringen. Wir merken, dass die Träger der Veranstaltungen wieder auf die persönliche Begegnung setzen und nicht mehr so schnell in den virtuellen Raum ausweichen.“
Was würden Sie an der Einrichtung verbessern?
„Ich denke, jeder Leiter oder jede Leiterin bringt einen anderen Führungsstil mit. Grundsätzlich hat sich Tandem immer kontinuierlich weiterentwickelt. Das entspricht der internationalen Jugendarbeit und auch der Dynamik in den bilateralen Beziehungen. Wir stellen zusammen mit Tandem Pilsen immer längerfristige Ziele auf, und ich glaube, wir bieten auch mit den virtuellen Räumen ein gutes Angebot für unsere Zielgruppen.“
Welches Projekt liegt Ihnen besonders am Herzen?
„Das ist eine schwierige Frage, weil es viele vielfältige und spannende Projekte gibt. Und wir freuen uns über jede Begegnung, die im Moment stattfinden kann. Anfang Juli habe ich ein Projekt des Familienzentrums Tüpfelhausen in Leipzig besucht, das mich sehr beeindruckt hat. Sie organisieren schon seit einigen Jahren zusammen mit einem tschechischen und einem israelischen Verein ein Fußballturnier. Dabei geht es nicht nur um den Wettkampf auf dem Platz, sondern auch um die Geschichte und die Vergangenheit der Vereine. Nun ist ein Film gegen das Vergessen entstanden, der die Verbindung zwischen Fußball und der historisch-politischen Bildung zeigt.“
Welche Ziele verfolgen Sie für Tandem?
„Die Jugendlichen wünschen sich Projekte zu Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Medienkompetenz.“
„Für mich ist es wichtig, den Auftrag des Deutsch-Tschechischen Jugendrates umzusetzen. Aktuell läuft der Schwerpunkt zu den Themen politischer Bildung unter dem Motto ‚Jugend gestaltet Zukunft‘. Beim Jugendtreffen 2019 in Berlin haben wir junge Menschen aus beiden Ländern gefragt, was sie sich an Themen politischer Bildung vorstellen und welche Bereiche sie im Austausch umsetzen wollen. Genannt wurden unter anderem Kampagnen gegen Rechtsextremismus oder Nationalismus aber auch für Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Medienkompetenz, Migration und Inklusion. Wir greifen diese Themen auf und bieten Veranstaltungen zum Beispiel für Fachkräfte und Lehrer, so dass diese sich vernetzen können und dann Projekte für die Schüler entwickeln. Außerdem ist mir wichtig, das schulische Arbeitsfeld zu stärken und Fördermittel für Austausch-Projekte zwischen deutschen und tschechischen Schulen zur Verfügung zu stellen. Auch der vorschulische Bereich im Grenzgebiet soll weiter ausgebaut werden, weil er für eine gute Nachbarschaft essentiell ist.“
Können Sie zusammenfassen, was das Besondere an Tandem ist?
„Ich glaube, es ist die Struktur. Wir haben ein Büro in Regensburg, zuständig für ganz Deutschland, und ein Partnerbüro in Pilsen. Das macht uns in der Zusammenarbeit sehr stark. Dazu gehört auch das Team, da fast alle Mitarbeiter beide Sprachen sprechen. Wir arbeiten sehr eng zusammen und haben über das ganze Jahr verteilt viele Treffen.“