Neue Regierung immer noch in weiter Ferne
Knapp zwei Monate nach der Wahl zum tschechischen Abgeordnetenhaus scheint die Aussicht auf eine handlungsfähige neue Regierung in immer weitere Ferne zu rücken. Keine konstruktiven Vorschläge, dafür umso mehr gegenseitige Vorwürfe - so ließen sich auch die gestrigen "Verhandlungen" zwischen Spitzenpolitikern des rechten und linken Lagers, die im neu gewählten Abgeordnetenhaus über gleich viele Stimmen verfügen, auf den Punkt bringen.
Ähnlich sieht es auch Grünen-Chef Martin Bursik. Er warf den Sozialdemokraten des scheidenden Premierministers Jiri Paroubek vor, sich stur zu stellen und dadurch die stagnierenden Verhandlungen um die Regierungsbildung weiter lahm zu legen:
"Wir haben während der gesamten Verhandlungen von den Sozialdemokraten noch keine einzige konkrete Bedingung gehört, unter der sie bereit wären, eine Regierung aus ODS, Christdemokraten und Grünen zu tolerieren. Wir sind sogar soweit gegangen, den Sozialdemokraten anzubieten, ihre wesentlichen Prioritäten in unsere Regierungserklärung zu übernehmen. Noch nicht einmal darauf sind sie eingegangen."
Die Sozialdemokraten hingegen betonten, sie seien diejenigen gewesen, die bislang Entgegenkommen gezeigt hätten. Vize-Parteichef Bohuslav Sobotka:"Es war, als wenn wir gegen eine Wand reden. Wir haben unsere Vorschläge gemacht und seitens der Dreierkoalition kam keine einzige Reaktion, die die Verhandlungen in irgendeiner Weise weiter gebracht hätte."
Vor diesem Hintergrund scheint es schwer vorstellbar, dass es am Freitag - beim mittlerweile fünften Versuch - gelingt, einen neuen Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses zu wählen. Ohne diesen nämlich kann weder die Regierung Paroubek zurücktreten noch ein neues Kabinett die Geschäfte übernehmen.
Für den Fall, dass ODS-Chef Topolanek in seinem Bemühen um eine Regierungsbildung definitiv scheitert, spiele der tschechische Präsident Vaclav Klaus bereits schon mit dem Gedanken an ein Beamtenkabinett, das bis zu vorzeitigen Neuwahlen regieren würde, informierte die Zeitung Lidove noviny am Donnerstag. Damit jedoch hätte Klaus große Teile der ODS, dessen Ehrenvorsitzender er ist, gegen sich aufgebracht. Denn die ODS lehnt eine Beamtenregierung, wie sie die Sozialdemokraten favorisieren, strikt ab.