Neuerscheinung: Sudetendeutsches Erinnern und Vergessen
"Sudetendeutsches Erinnern und Vergessen" - so der Titel eines jetzt im Prager Verlag Votobia erschienenen Bandes wissenschaftlicher Essays zur Geschichte und zum eigenen historischen Verständnis der Sudetendeutschen. Autoren des Buches, das sich als Diskussionsbeitrag zur sudetendeutschen Problematik versteht, sind die Historiker Eva und Hans-Henning Hahn. Was sie zum Verfassen des Buches veranlasste, hat Silja Schultheis im Gespräch mit Eva Hahn in Erfahrung gebracht.
"Was wir versucht haben, war, in der tschechischen Öffentlichkeit Verständnis für die sudetendeutschen Erinnerungen zu erwecken, für die sudetendeutschen Geschichtsbilder, für die kulturhistorischen Traditionen. Das ist viel zu wenig bekannt."
Eva Hahn, Autorin zahlreicher Publikationen zur Geschichte der tschechisch-deutschen Beziehungen, hat sich deshalb in den letzten Jahren der Geschichte der Sudetendeutschen gewidmet:
"Da scheint mir ein großer weißer Fleck zu sein. In Deutschland wird allgemein behauptet, die Landsmannschaft sei deshalb nicht wichtig, weil niemand etwas darüber wisse. Das ist natürlich ein falsches Argument. Wie wir sehen, beeinflusst die Sudetendeutsche Landsmannschaft die deutsch-tschechischen Beziehungen nachhaltig. Und es wäre ja mal Zeit, dass viel mehr Informationen über die Geschichte der sudetendeutschen Volksgruppe der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und dass auch darüber mal diskutiert wird."
Inspiration für das Entstehen des Buches war nicht zuletzt die jahrelange persönliche Erfahrung beider Autoren mit dem tschechisch-deutschen bzw. tschechisch-sudetendeutschen Diskurs über die gemeinsame Vergangenheit und Gegenwart. Hans-Henning Hahn beschäftigt sich damit als Professor für osteuropäische Geschichte an der Universität Oldenburg aus vergleichender Sicht. Eva Hahn, gebürtige Pragerin, die seit 1968 in der Bundesrepublik lebt, war viele Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Münchner Collegium Carolinum tätig.
Als das Historikerehepaar das "Sudetendeutsche Erinnern und Vergessen" unlängst in Prag vorstellte, waren beide über die Reaktion überrascht, die sie hier erlebten:
"Wir waren sehr erstaunt, das Interesse war sehr groß. Und es schien mir, dass viele, die inzwischen darüber geschrieben oder gesprochen haben, mit großer Erleichterung die klare Aussage zur Kenntnis genommen haben, dass man nicht die deutsch-tschechischen mit den sudetendeutsch-tschechischen Beziehungen gleichsetzen sollte, dass es also notwendig ist zu differenzieren. Wir haben auch in unserem Buch sehr viel Wert darauf gelegt zu zeigen, dass die Sudetendeutsche Landsmannschaft nur eine ganz kleine Richtung in der deutschen Gesellschaft repräsentiert."