Premier Zeman begrüßte das Resultat des EU-Gipfels in Göteborg
Von Martina Schneibergova.
In knapp drei Jahren könnte Tschechien gemeinsam mit den anderen EU-Beitrittskandidaten zum vollberechtigten Mitglied der Europäischen Union aufsteigen. Die EU hat bei ihrem Gipfel in Göteborg den Beitrittskandidaten erstmals einen klaren Zeitrahmen für die Erweiterung der Gemeinschaft vorgegeben. Demzufolge sollen die Verhandlungen mit den am besten auf einen Beitritt vorbereiteten Staaten bis Ende nächsten Jahres abgeschlossen werden.
Dieses für die Beitrittskandidaten durchaus positive Signal aus Göteborg sorgte am Montag auch für Schlagzeilen in der tschechischen Tagespresse. Auf fast allen Titelseiten konnte man sogleich die Reaktion von Premier Milos Zeman entnehmen, der in diesem Zusammenhang verlauten ließ: "Die EU spricht nicht mehr nur über die Hoffnung oder die Vision, sondern über Ziele." Seiner Meinung nach ist Tschechien imstande, die Verhandlungen mit der EU schon Mitte des nächsten Jahres abzuschließen.
Die konservative Tageszeitung Lidove noviny befasst sich in ihrem Leitartikel mit den Konsequenzen der Versprechen von Göteborg. Die politische Spitze der EU hat sich die Rute selbst geflochten. Die Beitrittskandidaten haben jetzt ein klares Ziel vor sich und sie werden selbst das Unmögliche unternehmen, um es zu erreichen, heißt es in dem Leitartikel.
Die auflagenstärkste Tageszeitung Mlada fronta Dnes erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Beitrittskandidaten jetzt viel mehr als bislang überlegen müssen, in welchen Bereichen sie auf ihren Standpunkten und zugleich Interessen bestehen und wo sie im Hinblick ihres baldigen EU-Beitritts Zugeständnisse eingehen sollen. Dabei - so die Zeitung - deuteten inzwischen einige der Länder ihre Bereitschaft an, für einen baldigen EU-Beitritt so manches "Opfer" zu bringen.
Die linksorientierte Pravo meinte in ihrem Kommentar, der EU-Gipfel habe den Eindruck nicht ganz verwischen können, dass die Erweiterung für die EU irgendwie eine beunruhigende Pflicht sei. Die Kandidaten haben einfach das Pech, dass sie der EU in ungünstiger Zeit beitreten wollen. Was nutzen die Worte vom Europa ohne Grenzen, wenn die Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedsländern erst einmal nicht in Deutschland oder Österreich arbeiten dürfen? Trotzdem ist die EU für Tschechien beispielsweise nicht irgendeine, sondern die beste Alternative für die Zukunft des Landes, heißt es im Kommentar der Pravo.
Der in Göteborg angekündigte Zeitrahmen der EU-Erweiterung beherrschte am Montag zwar die Titelseiten der tschechischen Tageszeitungen, in ihrer Berichterstattung kamen sie jedoch alle noch ausführlicher auf die blutigen Krawalle, die den EU-Gipfel begleiteten, zurück. Es wurden Parallelen mit ähnlichen Protestaktionen gezogen, wie zum Beispiel jenen, die im September des vergangenen Jahres während der Jahrestagung des Weltwährungsfonds im Zentrum der tschechischen Hauptstadt ausbrachen. Publizist Jiri Loewy stellte in seinem Kommentar in der Lidove noviny fest, die passive Strategie der schwedischen Polizei habe sich nicht gelohnt. Der Publizist betont abschließend: "Die aktuellen Erfahrungen aus Göteborg werden bestimmt auch in Tschechien sorgfältig analysiert, wo nächstes Jahr der NATO-Gipfel veranstaltet wird."