Treffen Zeman - Schüssel brachte erste Fortschritte im "Fall Temelin"
Am späten Dienstag Abend kam auf Schloss Zidlochovice bei Brünn endlich das erste Treffen des tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman und dem österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zustande. Entgegen oft geäußerter pessimistischer Erwartungen hatten sich beide Regierungschefs doch einiges zu sagen, weshalb die anschließende Pressekonferenz erst kurz nach Mitternacht stattfand.
Knapp 100 Pressevertreter waren nicht nur gespannt, ob sich dass lange Warten gelohnt hatte, sondern auch darüber, ob beide Nachbarstaaten, die wegen des umstrittenen Atomkraftwerks Temelin in jüngster Zeit offene Differenzen haben, wieder aufeinander zugehen werden oder nicht. Dazu sagte Bundeskanzler Schüssel:
Wolfgang Schüssel, der als Erster über die Ergebnisse der Gespräche informierte, verwies des weiteren darauf, dass Prag und Wien in einer erweiterten Union eine Zusammenarbeit anstreben, sowie auf die Tatsache, dass auch heikle Themen angesprochen wurden. Zum Streitfall Temelin sagte er:
Der tschechische Premier Milos Zeman bestätigte zum Thema Temelin zunächst die Aussage des österreichischen Bundeskanzlers, dass beide Seiten hierzu unterschiedliche Meinungen haben. Der Grundunterschied - so Zeman - bestehe jedoch nicht darin, ob eine Denkpause notwendig sei oder nicht, sondern vielmehr darin, welcher Impuls von ihr ausgehe. Milos Zeman erklärte dann vor den anwesenden Journalisten: "Ich möchte eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die tschechische genauso wie die österreichische Regierung daran interessiert ist, dass Temelin absolut sicher ist, und sollte sich zeigen, dass dem nicht so ist, dann werden wir Temelin selbstverständlich nicht in Betrieb lassen."
In der Beurteilung über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit des Atommeilers - so Zeman - haben beide Seiten unterschiedliche Ansichten, da ihnen ihre jeweiligen Experten etwas völlig anderes darüber berichten. Deshalb habe er dem Vorschlag von Bundeskanzler Schüssel zugestimmt, diese Streitfragen von der sogenannten Atomic Question Group, die eine informelle Gruppe der Europäischen Kommission ist, prüfen und bewerten zu lassen.
Beide Seiten betonten, dass die Verhandlungen zwar noch nicht den Durchbruch im "Fall Temelin" gebracht haben, jedoch ein vielversprechender Anfang gewesen seien. Premier Zeman vergaß jedoch nicht, auch auf ein mit Temelin einhergehendes Thema, nämlich die von österreichischer Seite mehrfach durchgeführten Grenzblockaden einzugehen. Dazu sagte er u.a.:
"Ehrlich gesagt, hierbei verlieren eher die Unternehmer und nicht die Politiker, doch das Interesse der Politiker sollte es sein, dass die Unternehmer keine Einbußen hinnehmen müssen."
Zur Frage von Radio Prag, ob beide Seiten bei der angestrebten Transparenz zu Temelin auch angedacht haben, zur Aufklärung und zum Verständnis für ihre jeweilige Position auch die Medien des entsprechenden Nachbarlandes zu nutzen, erwiderte Wolfgang Schüssel:
Und Premier Milos Zeman entgegnete: "Das werde ich selbstverständlich auf das Innigste begrüßen."
Für Ende November haben beide Seiten ein weiteres Treffen bei Wien vereinbart. Man darf also wieder hoffen, dass sich in den bilateralen Beziehungen beider Länder im allgemeinen und im Fall Temelin im besonderen einiges bewegt.