Der neue Parteichef Vladimir Spidla will die Sozialdemokraten zum Wahlsieg führen
Zum Anhören des folgenden Beitrags im Format Real Audio klicken Sie bitte hier: Seit Samstag haben die tschechischen Sozialdemokraten einen neuen Parteichef, nach acht Jahren wurde Milos Zeman im Amt des Sozialdemokratenchefs erwartungsgemäß durch den bisherigen Vizevorsitzenden, den Arbeitsminister und Vizepremier Vladimir Spidla abgelöst. Der neue CSSD-Chef wird die Partei mehr als bisher nach links orientieren, und die Sozialdemokraten wollen alles auf den Sieg in den nächsten Parlamentswahlen setzen. Die Resultate des 30. Parteitags der CSSD, der am Wochenende in Prag stattfand, fasst Martina Schneibergova zusammen:
Das überzeugende Abstimmungsergebnis von 87,5%, mit dem der 49-jährige Historiker Spidla zum neuen Chef der tschechischen Sozialdemokraten gewählt wurde, war nicht überraschend. Spidla hatte keinen Gegenkandidaten. Erwartungsgemäß kündigte Spidla in seiner Ansprache die von ihm angestrebte Orientierung der CSSD an. Er ließ u.a. verlauten, der Markt an sich verfüge über keine Zukunftsvision, werde sich nie um die Umwelt oder die soziale Gerechtigkeit kümmern; zu dieser führe kein anderer Weg, als die Macht den Menschen anzuvertrauen, die Demokratie funktionieren zu lassen und die Gewinne umzuverteilen... Als sein Ziel bezeichnete der neue CSSD-Chef einen klaren Wahlsieg der Sozialdemokraten. Denn - wie er betonte - hält er es für unmöglich, den Staat wieder in die Hände einer konservativ-liberalen Koalition zu übergeben. Das von den Delegierten verabschiedete Parteiprogramm hat das Motto: "Menschheit gegen Egoismus". Den neuen politischen Stil der CSSD charakterisierte Spidla als Kollektivismus: "Die sozialdemokratische Partei muss sich mehr als ein Kollektiv verhalten, es muss mehr Teamarbeit geben. Ich hoffe, dass sie damit auch politisch deutlicher definiert sein wird."
Zum ersten Vizevorsitzenden wurde am Samstag Innenminister Stanislav Gross gewählt. Gross, der für den Führer des rebellierenden, gegen Zeman gerichteten Flügels innerhalb der CSSD galt, betonte, dass die Sozialdemokraten künftig auf ihre kleinlichen Streitigkeiten verzichten sollen. Im Kampf um einen der weiteren vier Vizevorsitzendenposten, wurde Außenminister Jan Kavan vom Minister für Regionalentwicklung, Petr Lachnit, besiegt. Lachnit zufolge war die ungeschriebene Vereinbarung ausschlaggebend, dass Mähren zwei Partei-Vizechefs haben müsse: "In den letzten Jahren wird das territoriale Prinzip eingehalten. Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass sich viele Menschen dessen bewusst wurden, dass die Partei einen Befürworter der Kommunal- und Regionalpolitik braucht."
Der Vizevorsitzende der Demokratischen Bürgerpartei, die durch ein Tolerierungsabkommen mit der CSSD verbunden ist, Ivan Langer, bemerkte zu den Resultaten des CSSD-Parteitags: "Ich erwarte, dass die CSSD ein wenig nach links rücken wird, weil sie einen starken Druck von der Seite der Kommunisten fühlt und es beginnt der Kampf um linksorientierte Wähler."
Senatspräsident Petr Pithart, Mitglied der oppositionellen Christdemokraten, meint, dass die Viererkoalition gute Beziehungen mit der neuen CSSD-Führung pflegen könnte: "Ich meine, dass die Tür zur Zusammenarbeit nie geschlossen war und sie ist auch jetzt nach der Entstehung eines Schattenkabinetts der Viererkoalition nicht geschlossen." Der Ex-Parteichef Milos Zeman hat nicht mehr vor, die Wahlstrategie der Sozialdemokraten zu beeinflussen: "Mit vollem Vertrauen überlasse ich die Vorbereitungen der Wahlkampagne der neuen Parteiführung und hoffe, dass sie zumindest genauso erfolgreich sein wird wie wir im Jahre 1998."