Neuer Parteivorsitzender der tschechischen Sozialdemokraten geht finanzielle Konsolidierung an

Sozialdemokraten

Die Sozialdemokratische Partei Tschechiens, ČSSD, hat einen neuen Vorsitzenden. Auf einem Online-Parteitag am Freitag wurde Michal Šmarda gewählt und mit ihm eine komplett neue Führungsriege. Šmarda übernimmt das Ruder, nachdem die Partei bei den Wahlen im Oktober den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus verpasst hat.

Michal Šmarda | Foto: Jana Přinosilová,  Tschechischer Rundfunk

„Ich danke für diese Gelegenheit. Die Menschen brauchen nun die Unterstützung von einer selbstbewussten, glaubhaften und funktionstüchtigen Sozialdemokratischen Partei.“

So reagierte Michal Šmarda auf seine Wahl zum neuen Vorsitzenden der ČSSD. Der heute 46-Jährige trat schon mit 18 Jahren in die Partei ein und ist seit 2010 Bürgermeister von Nové Město na Moravě / Neustadtl. Šmarda löst Jan Hamáček ab, der mit seinem Rücktritt die Konsequenz aus dem Wahldebakel von Anfang Oktober gezogen hatte. Beim Urnengang fuhr die bisherige Regierungspartei nämlich mit 4,65 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis ein und ist erstmals in der Geschichte der eigenständigen Tschechischen Republik nicht mehr in der unteren Parlamentskammer vertreten.

Entsprechend äußerte Šmarda in seiner Dankesrede, dass die Partei vor allem erst einmal gerettet und der Untergang der Sozialdemokratie verhindert werden müsse. Hauptthema seiner Kandidatur war der drohende Bankrott der ČSSD. Laut Šmarda hat die Organisation 200 Millionen Kronen (7,9 Millionen Euro) Schulden. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks führte er unlängst aus:

Illustrationsfoto: Jan Langer,  ČT24

„Die ČSSD befindet sich am schwächsten Punkt ihrer Geschichte seit November 1989. Die politische Schwäche folgt unter anderem aus ihren schweren finanziellen Problemen. Wir haben den Großteil unserer Einnahmen eingebüßt, und die Parteiführung hat es bisher leider nicht geschafft, die Ausgaben entsprechend anzupassen. Der erste Schritt muss also sein, die Partei finanziell zu retten.“

Šmarda kündigte deswegen ein Krisenmanagement und schmerzhafte Einsparungen an. Ziel sei es, wieder transparent, offen und ausgeglichen wirtschaften zu können.

Jana Maláčová | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

Für den neuen Vorsitzenden stimmten am Freitag 130 der 233 Delegierten. Die eigentlich als aussichtsreich geltende Jana Maláčová bekam nur 62 Stimmen. Die bisherige ČSSD-Vizevorsitzende und Noch-Ministerin für Arbeit und Soziales hatte bereits kurz nach den Parlamentswahlen ihre Kandidatur bekanntgegeben. Wiederholt forderte sie eine Reform der ČSSD, die mit ihrem Gründungsjahr 1878 die älteste bestehende Partei Tschechiens ist. Im Tschechischen Rundfunk mahnte Maláčová:

„Die Sozialdemokratie hat seit langem ein Problem. Meiner Meinung nach darf der Parteitag nicht nur kosmetische Veränderungen bedeuten. Die Partei muss sich vielmehr von Grund auf reformieren und ihre Satzung ändern. Momentan ist es wichtig, dass unsere Stimme weiterhin zu hören ist und wir nicht von der politischen Bildfläche verschwinden.“

Jan Hamáček | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Der Wunsch nach Erneuerung wurde auf dem Parteitag, der pandemiebedingt online durchgeführt wurde, zumindest personell erfüllt. Jan Hamáčeks gesamte Riege der Vizevorsitzenden wurde ausgetauscht. Erster Stellvertreter ist nun Igor Bruzl aus dem ostmährischen Bohumín / Oderberg – so, wie es Michal Šmarda empfohlen hatte. Und auch weitere seiner Wunschkandidaten haben es in die neue Führung geschafft, wie etwa Martin Netolický, Hauptmann des Kreises Pardubice / Pardubitz, oder der Ex-Außenminister Tomáš Petříček. Šmarda kündigte außerdem an, den Gewerkschaftschef Josef Středula zur Kandidatur bei den 2023 anstehenden Präsidentschaftswahlen bewegen zu wollen.

Illustrationsfoto:  Archiv der tschechischen Sozialdemokraten

Nach der Klärung der personellen Fragen solle sich die ČSSD nun wieder den Inhalten widmen, forderte Jana Maláčová:

„Ich hoffe sehr, dass die Sozialdemokraten sich jetzt auf ihr Programm konzentrieren. Dass wir uns nicht streiten, sondern eine Politik für die Menschen betreiben werden“,

so der abschließende Aufruf Maláčovás beim Parteitag am Freitag.