Österreichische Schule Prag feiert 10jähriges Bestehen
Der politische und gesellschaftliche Umbruch von 1989 förderte auch die Defizite des tschechoslowakischen Schulwesens deutlich zutage. Als besonders eklatant erwies sich in Hinblick auf das nunmehr angestrebte Zusammenleben in einem neuen Europa - ohne Eisernen Vorhang - die mangelnde fremdsprachliche Ausbildung tschechischer Schüler.
Mit der Zielsetzung, dieses Manko auszugleichen, gründeten sich Anfang der 90er Jahre hierzulande ca. 10 zweisprachige Gymnasien - unter ihnen die Österreichische Schule Prag, die in diesem Jahr ihr 10jähriges Bestehen feiert.
Die Besonderheit der Österreichischen Schule im Vergleich zu anderen ausländischen Schulen besteht vor allem in der Zusammensetzung ihrer Schüler. Während beispielsweise das französische Lyceum oder die Deutsche Schule in Prag bislang zu einem hohen Prozentsatz von französich- bzw. deutschsprachigen Kindern besucht wurden und sich erst langsam für tschechische Schüler öffnen, gilt für die Österreichische Schule laut ihrer Direktorin, Maria Grünes:
Die Österreichische Schule, deren Klientel zu 95% aus Tschechen besteht, ist im Unterschied zu der Mehrzahl der anderen ausländischen Schulen fest in das tschechische Schulnetz eingegliedert. Der Lehrerkörper setzt sich zur einen Hälfte aus Tschechen, zur anderen aus Österreichern zusammen, das Abschlusszeugnis berechtigt die Absolventen zum Hochschulstudium sowohl in Tschechien als auch in Österreich - und damit in ganz Europa. Die Attraktivität ihrer Schule, welche jährlich lediglich 25% ihrer Bewerber aufnehmen kann, führt Maria Grünes in erster Linie auf diese erweiterten Studienmöglichkeiten zurück. Diese europäische Ausrichtung findet auch im Motto der Schule - "Fenster nach Europa" - ihren Niederschlag.
Wie dieses Motto ganz konkret den Schulalltag beeinflusst, erklärte Maria Grünes in einem Gespräch mit Radio Prag:
Als Beispiel für den kritischen Umgang der Schüler mit dem Lehrstoff führt Grünes den Geschichtsunterricht an, in dem neben historischen Themen regelmäßig auch das aktuelle Tagesgeschehen und dessen Bewertung durch die Schüler auf dem Plan steht.
Für die kommenden 10 Jahre plant die Österreichische Schule eine Erweiterung ihrer Räumlichkeiten sowie die Einführung einer dritten Sprache. Dass sie infolge der derzeit in Tschechien geführten Diskussion um die Abschaffung der mehrjährigen Gymnasien ihre Existenzberechtigung verlieren könnte, hält Grünes dabei für relativ unwahrscheinlich.