Haben die neuen EU-Länder in Brüssel noch Platz?

Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, zu einer weiteren Ausgabe von Eurodomino. Fast immer bringen wir in dieser Rubrik Informationen, die im weitesten Sinne mit dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik zusammenhängen, aus tschechischer Sicht betrachtet. Diesmal wollen wir Ihnen genau den umgekehrten Blick bieten, von Brüssel aus auf Tschechien. Nach der Erweiterung werden sich in dieser schon jetzt sehr multikulturelle Stadt Brüssel weitere Nationen ansiedeln. Das Hauptmotto der heutigen Sendung ist, wie die Integration der vielen Länder - denn nach dem gegenwärtigen Stand sollen dies nach dem Big Bang-Plan bis zu zehn neue Staaten sein - in die Brüsseler und EU-Strukturen verlaufen wird. Mehr erfahren Sie in den folgenden Minuten in einem Gespräch, das Dagmar Keberlova mit Eric Mamer, einem der Pressesprecher der Europäischen Kommission in Brüssel geführt hat.

Die Erweiterung, das bedeutet nicht nur aus politischer und wirtschaftlicher Perspektive neue Länder, sondern beispielsweise auch viele neue Sprachen. Wie die EU den Ansturm von neuen, oft kleinen Sprachen verkraften wird, dies fragte ich Eric Mamer, den Pressesprecher der Europäischen Kommission für Verwaltungsfragen:

"Die Situation entwickelt sich ganz normal. Das heißt, dass jeder neue EU-Mitgliedstaat seine eigene Sprache mitbringen wird. Eines der Grundprinzipien der Europäischen Union ist, dass die EU-Bürger die Möglichkeit haben sollen, in ihrer Sprache sprechen und schreiben zu können sowie von den EU-Institutionen eine Antwort in dieser Sprache zu bekommen. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir beispielsweise 11 offizielle EU-Sprachen und wir erwarten, dass jedes Land seine Sprache mitbringen wird. Es wird diesbezüglich keine Schwierigkeiten geben."

Es ist bestimmt nicht einfach, gerade in den kleineren Sprachen wie Tschechisch oder Slowenisch eine ausreichende Anzahl von professionellen Übersetzern sicherzustellen. Wie geht hier die Europäische Kommission vor? Eric Mamer antwortet:

"Ja. Die Suche von Übersetzern und Dolmetschern ist eine ernsthafte Angelegenheit, die eine intensive Vorbereitung erfordert. Die Zusammenarbeit mit den Kandidatenländern begann bereits vor einigen Jahren, besonders mit ihren Universitäten. Die Übersetzer und Dolmetscher werden in ihren Ländern vorbereitet, so dass sie dann nach der Erweiterung auf ihre Arbeit in den EU-Institutionen vorbereitet sind. Da die Zusammenarbeit bereits vor einiger Zeit begonnen hatte, sind wir fest davon überzeugt, dass wenn wir anfangen, die entsprechenden Posten zu besetzen, wir hierzu ausreichend Kandidaten haben werden. Was die Übersetzung des "acquis communautaire", also der EU-Gesetze, betrifft, so ist ihre Übersetzung die Aufgabe der Kandidatenländer. Die Europäische Union und Kommission werden diese Übersetzungen auf ihre rechtliche Korrektheit überprüfen. Damit werden wir in den Kadidatenländern in diesem Jahr beginnen, mit den Texten, die bereits übersetzt wurden. Es tut sich schon sehr viel und wir sind sehr zuversichtlich, dass die Arbeit zum Zeitpunkt des EU-Beitritts der Kandidatenländer beendet sein wird."

Das Faszinierende an Brüssel für mich ist, mit welcher Leichtigkeit die Menschen die verschiedenen Sprachen sprechen und auch bereit sind, ihre Sprache zu wechseln, dies ist ja nicht überall in Europa so selbstverständlich. Gibt es in Brüssel überhaupt noch Platz für die weiteren neuen Sprachen der Kandidatenländer? Wie wird Brüssel dies verkraften?

"Das ist etwas, was Sie die Brüsseler fragen müssen. Ich arbeite für die Kommission und bin nicht in Brüssel geboren, daher ist es für mich schwierig, Ihnen eine Antwort zu geben. Was ich auf jeden Fall sagen kann, ist dass Brüssel sehr an die Anwesenheit von Ausländern, die hier wohnen und arbeiten, gewohnt ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir neben den EU-Institutionen in Brüssel die NATO haben, in der einige der EU-Kandidatenländer bereits Mitgliedsstaaten sind. Also, es wird nicht so aussehen, dass sich plötzlich die Türen öffnen und viele Beamte, weitere Angestellte sowie ihre Familien auf einmal kommen werden. Dies hat bereits begonnen, wir haben in Brüssel die Botschaften aller Kandidatenländer mit ihren Angestellten und Familien, sowie weitere Gesellschaften und Institutionen, die sich in Brüssel niedergelassen haben. Zum Zeitpunkt der Erweiterung wird die Zahl der Beamten teilweise ansteigen, aber wir sprechen hier nicht von Zehntausenden von Menschen. In den EU-Institutionen von 15 EU-Mitgliedsstaaten mit einer insgesamt hohen Bevölkerungszahl arbeiten nur knapp 30 000 Beamte. Also werden ein paar Tausend dazu kommen, aber es wird kein massiver Zuzug sein. Und Brüssel ist auch eine Stadt mit ca. einer Millionen Einwohnern - da machen die Beamten jetzt also ca. 3 oder 4 Prozent der Bevölkerung aus - ja, da gibt es Platz genug."

Genaues über die Zahl der neuen Beamten und Angestellten der neuen Länder, wie viele am Ende wirklich gebraucht werden, könne man heute noch nicht sagen. Die Europäische Kommission beschäftige sich damit allerdings eingehend, so Eric Mamer:

"Wir haben noch keine Schätzungen, wie viele Beamte wir noch zusätzlich brauchen werden, wenn es zu der EU-Erweiterung tatsächlich kommen wird. Das hängt von dem Beitrittstempo ab, mit dem die Kandidatenländer beitreten werden, wie viele es tatsächlich sein werden etc. zweitens, sie dürfen nicht vergessen, dass wir bereits Menschen im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung anstellen. Wenn die Erweiterung stattgefunden hat, werden diese Menschen zurückgehen können und an anderen Angelegenheiten arbeiten. Was wir machen müssen, ist eine eingehende Analyse, wie viel neue Posten dazu kommen, wenn die Erweiterung vor sich gegangen ist. Es werden geographisch bedingt neue dazu kommen und aber es werden Bereiche sein, wo wir dann weniger Leute brauchen werden. Das Ergebnis wird uns zeigen, wie viele neue Menschen wir tatsächlich brauchen werden. Was die Beamten aus den jeweiligen Ländern betrifft, arbeiten wir an einer Beschäftigungsstrategie. Eines der Prinzipien ist, dass die EU keine Richtlinien bezüglich der Anzahl der Beamten pro Land erstellt, wir versuchen allerdings, die bestmögliche geographische und repräsentative Aufteilung zu haben. Die Europäische Kommission sagte dem Europäischen Parlament, dass sie im Frühjahr mit einer Beschäftigungsstrategie kommen wird, die eine Vorstellung darüber verschaffen soll, wie dies gelöst wird und wie viele Menschen wir brauchen werden."





Folgende Hinweise bringen Ihnen noch mehr Informationen über den Integrationsprozess Tschechiens in die Europäische Union:



www.integrace.cz - Integrace - Zeitschrift für europäische Studien und den Osterweiterungsprozess der Europäischen Union

www.euroskop.cz

www.evropska-unie.cz/eng/

www.euractiv.com - EU News, Policy Positions and EU Actors online

www.auswaertiges-amt.de - Auswärtiges Amt